Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
einiger Zeit hatte er begonnen, dem Jüng e ren Arbeiten aufzutragen, die normale r weise von den Mägden ausgeführt wurden. So musste Agnar den W a gen sauber halten, da ange b lich Dinge gestohlen wo r den waren. Eine Behau p tung, die dazu geführt hatte, dass die verantwortl i che Magd beim letzten Vollmond im nahen Moor versenkt worden war, obwohl es nicht gelungen war, das Diebesgut bei ihr zu finden.
Es war ein kühler Abend an einem verregneten Frü h lingstag. Wid war bei einer Unterredung mit den Für s ten, während Agnar seiner neuen Ve r pflichtung als Putzmagd nachkam. Als er nun ve r suchte, Ordnung in das Durcheinander ihres W a gens zu bringen, fand er in einem Wi n kel einen Beutel, der ihn stutzig machte. Er kannte das Säc k chen, das er hier in der Hand ha t te. Es diente zur Aufbewahrung von Bilsenkraut und hätte eigentlich gut gefüllt sein müssen, doch es waren kaum noch Kräuter in dem Beutel. Ein Absud der Pflanze wurde verwendet, um die zum Tode Verurteilten auf ihrem letzten Gang zu betäuben und zu verhi n dern, dass sie die feierliche Zeremonie durch We i nen oder Betteln störten. Es war wohl auch schon vorgeko m men, dass die Opfer im letzten Moment unangenehme Flüche und Verwünschungen ausg e stoßen hatten, die als ihre letzten Worte eine u n heimliche Macht entfalten konnten. Also war man schon vor langer Zeit dazu übergegangen für Ruhe zu sorgen, indem man die D e linquenten in das Reich unangenehmer Träume schic k te bevor man sie erhängte. Die Magd war zwar betäubt worden, doch bei der Menge, die in dem Säckchen feh l te, hätte man sich den Strick sparen können. Agnar nahm sich vor, so schnell wie möglich für Nac h schub zu sorgen, um Wid nicht wieder einen Anlass für pei n liche Untersuchungen zu liefern. Bei seinem nächsten Ausflug in die Wälder sammelte Agnar eine größere Menge des Krautes, trocknete es und stopfte den Be u tel damit wieder voll. Er wollte die Sache im Auge b e halten, doch in den näch s ten W o chen blieb der Beutel unberührt.
Erst als wegen einer Auseinandersetzung mit einem einheimischen Stamm von einigen kämpferischen F ä higkeiten das Orakel befragt werden musste, kam ihm ein Verdacht. Wid hatte ihn wie üblich fortgeschickt um sich in Ruhe auf seine Aufgabe vorbereiten zu kö n nen. Als Agnar am anderen Morgen zurückkam, lag Wid wie immer fest schl a fend auf seinem Lager. Inzw i schen war es Agnar schon zur Gewohnheit geworden, den Beutel mit einem raschen Griff zu kontrollieren, und gerade diesmal erschien es ihm, als ob der Sack sich etwas weniger prall anfühlte. Agnar schüttelte nachden k lich den Kopf. Die Folgerung, die sich ihm au f drängte, war einfach zu absurd. Andererseits, wenn er den Gedanken weiter ausspann, so ergaben viele Ungereimtheiten in Wids Verhalten plötzlich ein g e schlossenes Bild. Sein Alleinsein, um keinen B e obac h ter bei seiner Vorbereitung zu haben, der starre Blick beim Opfer und die Erschöpfung noch lange Zeit d a nach, alles das konnten natürlich auch Auswirkungen seiner seherischen Anstrengung sein, aber Agnar, der selbst die Nachwirkungen des Orakels kannte, fühlte den Unterschied. Auch Wids zunehmender Jähzorn und seine Freude an Bosha f tigkeiten und Qu ä lereien, die über die Jahre immer stärker geworden war, fänden mit dieser Überl e gung eine schlüssige Erklärung. Agnar wusste, dass er sich Gewissheit verschaffen musste. Wenig sp ä ter fand er die Gelegenheit dazu.
Wieder einmal wurde er aus dem Wagen verbannt, d a mit Wid Ruhe für seine Vorbereitungen hatte. Agnar war fest entschlossen, diesmal hinter Wids Geheimnis zu kommen. Er ritt ein Stück weit in den Wald und fand eine geschützte Senke, die von reichlich Gestrüpp überw u chert war. Das Pferd band er in der Nähe an einen Ast und kroch unter das Gebüsch. Was er vo r hatte, war ausgesprochen riskant, er hatte diese Technik früher einige Male mit Fjörm geübt, der ihn eindrin g lich davor g e warnt hatte, es ohne Begleitung zu vers u chen. Bi s her hatte er sich dieser Warnung gefügt, doch nun musste er es allein wagen. Das Risiko bestand zum einen darin, dass sein Körper während des ganzen Vo r gangs völlig hilflos und unbeweglich war. Zum anderen konnte es geschehen, dass sein vagabu n dierender Geist den leblosen Körper nicht wiede r finden könnte. Ein Begleiter konnte eingreifen, wenn die Abwesenheit zu lange dauerte. Schlagen und Schütteln des Versunkenen würden das freig e setzte
Weitere Kostenlose Bücher