Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
ihnen schlief, betete jede von ihnen zu Freyr, die G öttin m ö ge sie zur Mutter seines Sohnes machen.
Wenn Agnar durch das Lager ritt, sah er die Mä n ner, die durch die Narben der Schlachten b e hindert waren. Er sah die verhärmten Gesichter der Frauen mit den fest zusammengekniffenen Lippen und die vor Schmutz starrenden, nackten Kinder mit den Hunge r bäuchen. Und deutlicher als in jedem Or a kel sah er die Zeichen ihres Untergangs.
9. Kapitel
Der Feind vor den Toren
Rom war wie von einer wohligen Erschlaffung b e fallen. Mehrere Tage hatten die Festlichkeiten im Anschluss an den Triumphzug gedauert. Nach den schrecklichen Ereignissen der verga n genen Jahre fühlten sich endlich alle Bürger wieder beschützt und sicher. Sie hatten die He l den gesehen, die Rom aus der Krise führen würden. Diese Männer hatten es geschafft, die Plage in Num i dien zu beenden, sie würden auch die Bedrohung an der Nordgrenze des Re i ches abwenden.
Die Geschichten von den hünenhaften Barbaren, von ihrer Grausamkeit und ihrer Todesve r achtung waren durch die Überlebenden der gescheiterten Feldzüge nach Rom getragen und im Laufe der Zeit reichlich ausgeschmückt worden. Schon einmal, vor etwa zwe i hundertfünfzig Jahren, war es keltischen Stämmen g e lungen bis nach Rom vorzudringen. Das Entsetzen da r über war noch immer nicht ve r gessen. Nie wieder sollten Eindringlinge die Ewige Stadt erre i chen. Besser, man ließ sie gar nicht erst in die Nähe kommen und bannte die Gefahr noch je n seits der Alpen, weit weg von zuhause.
Doch was sollten die einfachen Bürger sich den Kopf zerbrechen, Marius, der große Feldherr, wü r de eine Lösung für diese Probleme finden. Und deshalb wäh l ten sie ihn auch in den kurz danach anstehenden Wa h len mit überwältigender Mehrheit erneut zum Konsul. Das Vertrauen Roms in die jugendlich unverbrauchten Kräfte der Ritterschaft war so groß, dass Marius’ Amt s kollege ebenfalls unter die Popularen gewählt wurde. Gaius Flavius Fimbria war der Mann, der zwe i ter Konsul wurde.
Der Triumph über die alten Eliten war überwält i gend, aber die Sieger wussten sehr gut, dass die Stimmung im Volke auch wi eder wechseln konnte. Dies bedeu tete für die nächsten Wochen und M o nate viele Anstrengu n gen, um den Sieg zu festigen und die neuen Positionen vor Angriffen zu bewa h ren.
Erst einmal musste man einen Plan entwickeln, wie man mit den leidigen Barbaren im Norden umgehen sollte. Zu diesem Zweck hatte sich eine kleine, aber ausgewählte Gesellschaft in der Villa des Gaius M a rius zu einer Besprechung zusammen gefunden. Die beiden frisch gewäh l ten Konsuln wollten einen i n teressanten Überläufer aus dem optimatischen L a ger einem grün d lichen Verhör unterziehen. Imme r hin hatte dieser i h nen nichts weniger als Inform a tionen über die Pläne der Aristokraten in der Frage der Nordbarbaren ve r sprochen.
Lucius Apuleius Saturninus, so hieß der Überlä u fer, war ein junger Aristokrat vom reinsten Wasser. Von Kindheit an war er von seinen Eltern gefördert und sein Ehrgeiz mit allen Mitteln geschürt wo r den. Er hatte es im vorigen Jahr geschafft, das Amt des Quästors zu erreichen, des niedrigsten Amtes im cursus honorum, und war beauftragt worden, im Hafen Ostia die G e treideversorgung Roms zu s i chern. Hierbei war es leider zu unerklärlichen U n regelmäßigkeiten g e kommen. Ganze Wagenladu n gen Getreide waren ve r schwunden und später auf Märkten in der Umgebung aufgetaucht. Daraufhin hatte der Senat Saturninus en t lassen. Saturninus em p fand dies als Beleidigung und Ungerechtigkeit. Empört hatte er sein Amt niederg e legt. Ihm war klar, dass er bei den Optimaten auf lange Zeit hi n aus keine verantwortungsvolle Position mehr b e kleiden würde. Als persona non grata im eigenen Lager hatte er den einzigen Ausweg g e wählt, der ihm erlaubte, seine ehrgeizigen Pläne weiterzuve r folgen: er würde zu den Gegnern wechseln.
Durch seine Verbindungen zu den ersten Familien Roms hatte er mehr von den optimatischen Absic h ten und Plänen mitbekommen als sein niedriger administr a tiver Rang hätte erwarten lassen. Dieses Wissen würde er den Popularen teuer verkaufen. Die Informationen sollten d a für sorgen, dass er auf einer gehobenen Stufe der Rangordnung würde einsteigen können. Es kam nicht allzu häufig vor, dass jemand von den Aristokr a ten zu den Rittern wechselte, und deshalb waren sich die beiden Ko n suln auch nicht zu
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