Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
verhinderte Thronfolger. Er hasste dich und konnte doch nur mich treffen. Aber er wusste g e nau, was er tat und jetzt geht sein Plan auf.“
Agnar wollte nicht mehr weiterreden, wandte sich um und ging die paar Schritte zum Zeltei n gang, wobei er stolz war, nicht zu straucheln. Kurz bevor er das Zelt verlassen konnte, hatte sich sein Vater von seiner Ve r blüffung erholt und herrschte ihn an: „Rede! Wovon sprichst du?“
Langsam drehte Agnar sich wieder um und trat dicht an seinen Vater heran.
„Glaube mir, es ist besser wenn du nichts weiter e r fährst. Tu, was ich dir sage. Ruf die Priest e ri n nen.“
Bojord zuckte unter den scharfen Worten zusa m men. Noch war er der König der Kimbern. Noch erteilte er die Befehle. Halblaut, doch in einem Ton, der keinen Widerspruch und kein Aufbegehren zuließ, sagte er langsam und überdeutlich:
„Du wirst auf der Stelle reden. Ich befehle es als dein König.“
Agnar fühlte sich wie unter einem Bann. Ihm wurde schwarz vor Augen, das Blut hämmerte in seinen O h ren, und durch das Rauschen hörte er seine e i gene Stimme, die von weit her zu kommen schien: „Er hat meine Ehre geraubt. Er hat mein Heil ze r stört. Er hat mich geschä n det.“
Agnars Mund war trocken wie nach einem mehrt ä gigen Ritt, das Bewusstsein kehrte zurück, und er wunderte sich, dass er noch aufrecht stand. Als er wieder sehen konnte, blickte er in das fassungslose Gesicht seines Vaters. Bojord stand wie erstarrt, der Kelch war aus seiner Hand gefallen, und eine Lache breitet sich auf dem Boden aus.
Agnar verachtete ihn in diesem Moment und genoss es jetzt weiterzusprechen:
„Doch sei versichert, ich binn noch Mann genug, mir Genugtuung zu verschaffen. Nicht die Hand des Fei n des tötete Wid. Ich war es. Ich habe ihn abg e stochen wie ein Schwein. Wie das Schwein, das er war. Ich habe deinen Bruder mit seinem e i genen Schwert getötet. Ich habe den Kimbern die Augen darüber geöffnet, was Wid Zeit seines L e bens war, ein erbärmlicher Versager und Feigling. Wenn in manchen Nächten die Erinn e rungen mich erdrü c ken, denke ich an diesen Moment und ich genieße ihn.“
Während dieser Worte war Bojord bleich gewo r den. Er kämpfte um Fassung, bis ihm schließlich die Zornesr ö te ins Gesicht schoss.
„Halt den Mund, halt auf der Stelle den Mund und mach ihn nie wieder auf, um davon zu spr e chen. Was hier geredet wurde, soll nie wieder zur Spr a che ko m men. Wer weiß noch von di e sen Vorfä l len?“
Jetzt war es an Agnar, schallend zu lachen.
„Vater, das sind keine Themen, die man beim Bier erörtert. Nicht einmal Gunthro ahnte auch nur e t was.“
Bojord hatte Mühe sich zu beruhigen. Sein ganzer Plan war gefährdet. Das Ende seiner Her r schaft schien nun wirklich gekommen zu sein.
Sein nunmehr einziger Sohn war ein Geschändeter und Verwandtenmörder. Auch Bojord wusste s o fort, dass die einzige Möglichkeit, das Unheil zu beenden, darin bestand Agnar Odin zu opfern, doch die Familie wäre damit ausgelöscht. Die glanzvolle jahrhundertealte D y nastie würde in i r gendeinem Moor ihr Ende finden. Alles in Bojord wehrte sich gegen diese Vorste l lung. Er warf sich auf seinen Sessel und vergrub das Gesicht in den Händen. Agnar stand in der Mitte des Zeltes und sah vor sich hin, als ob ihn das alles schon lange nichts mehr angi n ge.
Bojord suchte nach einem Ausweg. Er sprang wi e der auf, wanderte im Zelt auf und ab. Er würde das Schic k sal überlisten und die Familie retten. Sein Verstand arbeitete fieberhaft, um eine Lösung zu finden.
„Du hast Recht, wir müssen dich Odin opfern, um das Unheil zu bannen. Doch noch nicht jetzt. S o lange du am Leben bist, sind wir in Gefahr. Wir müssen jeder kriegerischen Auseina n dersetzung aus dem Weg gehen. Wir müssen versuchen, doch noch mit den Römern zu verhandeln, um Land für ein friedliches Leben zu erha l ten. Wir werden uns von den anderen Stämmen tre n nen. Es erhöht unsere Chance auf ein geeignetes Sie d lungsgebiet, wenn wir weniger Menschen mit uns he r umschleppen. Das Volk der Kimbern wird nie die Wahrheit e r fahren. Du wirst für sie der zukünftige Priester und der nächste König in einer Person sein. Wenn deine Söhne alt genug sind, gehst du ins Moor. Und dann kann die Familie in Ruhe we i terleben.“
Nur langsam drang die Bedeutung von Bojords Worten in Agnars Bewusstsein. Als ihm klar wurde, wie weit sein Vater ging, um seine Macht zu erha l ten, schnürte es Agnar die Kehle zu. Sein
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