Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
leuchtend rote Blut im sonnendurchfluteten Forum, die Schreie der Käm p fenden und die Rufe der Zuschauer hatten allem ein so festliches, so l e bendiges Gepränge gegeben. Und a u ßerdem, spät e stens bei der nächsten Veranstaltung tr a ten ja wi e der Gladiatoren, Tiere und neue Verurteilte auf, wen interessierte es da, ob das dieselben Menschen waren oder andere. Irgendwie wirkten alle gleich und wie in alter Frische wieder zurückgekehrt. Doch hier in diesem kalten, dichten Dunst, in dieser undurchdringl i chen Stille war der Tod von graue n erregender Endgü l tigkeit. Auch ohne die Hinric h tung war hier alles schon so leblos, so niederschme t ternd, so hoffnungslos. Ma r cus fühlte sich, als wäre er mindestens hundert Jahre alt. Als er seinen le e ren Blick wieder auf den Toten richtete, sah er, dass dieser ein Stück tiefer im Morast versunken war. Nur noch ein Teil des Oberkö r pers und das blau verfärbte Gesicht waren unter dem Schilfg e flecht zu sehen, während er z u sehen konnte, wie der Kö r per nun schneller ins Moor einsank. Das Gesicht des Gehenkten verschwand zuletzt und Marcus sah voll Grauen, dass es mit einem Ruck, so als wäre in der Tiefe an der Leiche gezogen worden, in den Schlamm eintauchte. Schaudernd drehte er sich zur Seite.
Am Ufer stand Hirst, dessen Augen in der farblosen Umgebung unnatürlich blau leuchteten. Marcus war sich sicher, dass Hirst ihn die ganze Zeit be o bachtet hatte. Er fühlte sich ertappt, als hätte der andere seine Gedanken lesen können. Schnell wandte er sich ab und lief hinter der Kolonne her, die schon fast im Nebel verschwunden war. Hirst folgte ihm.
Der Rückweg war noch anstrengender als der Hinweg. Es war inzwischen weit nach Mittag, der Hunger mac h te Marcus zu schaffen, und zu allem Überfluss hatte noch ein kalter Nieselregen eing e setzt. Mehrmals stra u chelte er, so dass er fast g e stürzt wäre, doch der G e danke an das Kriechen im kalten Schlick hielt ihn in der letzten Sekunde au f recht. Als sie die Pferde e r reicht hatten, waren sie alle völlig durchnässt und über und über mit Schlamm bespritzt. Fjörm und Wid befreiten den Männern von den Armfesseln. Wid durchschnitt Marcus’ Fesseln mit unachtsamer Grobheit, die Marcus beinahe ein Stück Haut gekostet hätte. Das gestaute Blut schoss mit einem schmerzhaften Schlag in die erstarrten Hände, so dass Marcus nur mit Mühe einen derben Fluch unterdrücken kon n te.
Der Ritt nach Hause erschien ihm endlos. Als sie en d lich ankamen, war die Dämmerung bereits a n gebr o chen. Die besorgten Mägde halfen den e r starrten Mä n nern von den Pferden. Die Krieger taumelten in die Halle, wo mehrere Feuer brannten. Mühsam schälten sie sich aus den durchnässten Kleidern. Stattdessen hüllten sie sich dankbar in die bereitgelegten Decken und Felle. Mehrere Kannen mit angewärmtem Ger s tensaft machten die Runde, einige Männer zogen Mä g de zu sich, schäkernd und offensichtlich nicht gewillt, sie so bald wieder freizulassen. Die Mädchen kicherten.
Marcus fror jämmerlich. Eigentlich hätten das Fe u er, die Decke und das Getränk ihn schon lange aufwärmen müssen, aber noch immer zitterte und schlotterte er. Er nahm sich noch ein Schaffell und legte es sich um die Schultern, aber die Kälte wurde immer schlimmer. In der Nähe eines Kohlebeckens rollte er sich zusammen und versuchte zu schlafen. Der Frost ließ langsam nach, doch statt des Schlummers befiel ihn ein Zustand der Lähmung und Erschla f fung, sein Geist bewegte sich zwischen Wachen und Träumen. Die grauen Bilder des ve r ga n genen Tages mischten sich unter die warmen Farben, die das Feuer in der Halle hervorza u berte. Die Schmerzen in den Armen waren zu einem dumpfen, nicht unangenehmen Pochen geworden. Seltsamerwe i se hatte sich der Boden der Halle in einen weichen, schwankenden Teppich verwandelt. Ihm schien, als wäre in der Nähe einer der Krieger mit einer Magd auf ganz eindeutige Art beschäftigt, träge wunderte er sich, warum ihm derartiges heute zum er s ten Mal auffiel. Sein Gehirn war zu benommen um weiter einen G e danken darauf zu ve r schwenden, stattdessen zog er es vor seine Hand unter die Decke wandern zu lassen.
Ein anhaltender quälender Husten weckte ihn. Die Brust schmerzte, überhaupt fühlte er sich außero r den t lich schwach. Eine Frau kam an sein Lager und drückte ihm einen Becher in die Hand. Er trank gierig von dem muffigen Wasser, dessen G e schmack langsam seine Erinnerung
Weitere Kostenlose Bücher