Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
fürchtete, er würde lachen, doch Metrobius begnügte sich mit einem Lächeln und schien sich den Rest zu verkneifen. Lucius war ihm unendlich dankbar dafür.
„Für unser erstes Stelldichein ist das hier ein wenig einladender Fleck. Noch weniger ist er g e eignet um den guten alten Homer zu bemühen. Lass uns lieber ein paar Straßen weiter gehen, dort gibt es eine ganz nette Taverne.“
Sie fanden eine freie Liege im hinteren Teil des Ga r tens, wo sie sich eine Karaffe Wein bringen li e ßen. Dann lagen sie im Schein der Fackeln, redeten den Rest der Nacht, und zum ersten Mal in seinem Leben war Lucius wirklich glücklich. Der Wein ging zur Neige und die Lippen, die sich auf Lucius Mund pressten, waren nicht weich und sanft, so n dern fest und forschend und frisch wie die salzige Brise des Meeres. Lucius wusste, er würde sich nie wieder von ihnen lösen können, denn er war en d lich zu Hause angekommen.
4. Kapitel
Der Taugenichts
Mehrere Monate lebte Lucius nur in dem Geda n ken an Metrobius. Die Unterrichtsstunden und das Zusa m mensein mit seinem Vater waren nur Hi n dernisse, die er bis zum Einbruch der Dunkelheit hinter sich bringen musste, bis er den Geliebten endlich in die Arme schließen konnte. Entsetzlich leer und einsam erschi e nen ihm die Abende, an d e nen ein Auftritt der Scha u spieler ihnen die Zeit raubte, doch schon in der näch s ten Nacht wurde das Versäumte nachgeholt. Erst nach und nach suchten die Verliebten wieder die Gesel l schaft a n derer Menschen, das hieß, vor allem Metrob i us drängte darauf, Lucius hätte gut und gerne die nächsten hundert Jahre darauf verzichten können. Ke i ner der Schulkameraden von Lucius hätte sich mit e i nem Schauspieler an einen Tisch gelegt, so dass ihr Freundeskreis ausschließlich aus den B e kannten von Metrobius bestand. Es war ein bunter Haufen aus Schauspielern, Komödie n dichtern, M a lern, Musikern, Hetären und Nichtstuern, die ihren Lebensunterhalt als Spaßmacher und Unterhalter an den Tafeln der Re i chen verdienten. Dem ganzen Völkchen war ein b e sonderer Umgangston zu E i gen, wobei versucht wurde, jedem Vorkommnis, jeder nebensächlichen Begebe n heit einen Anstrich von Witz und Leichtigkeit zu g e ben. Lucius fühlte sich anfangs sehr schwerfällig und wagte nicht in den Ton der Gesellschaft einzufallen, doch mit der Zeit hatte er sich eingefühlt, und seine Beiträge wurden fröhlich aufgenommen. Der wic h tigste Treffpunkt war die Taverne, in der er mit Metrob i us den ersten Abend verbracht hatte, und er hatte sich bald angewöhnt, dort auch allein zu erscheinen wenn sein Geliebter arbeiten musste.
Gelegentlich kam es aber auch vor, dass einer der W e nigen, die es geschafft hatten, sich durch ihre Künste wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erwe r ben, die eh e maligen Kollegen zu sich einlud, teils um sich im Gla n ze eines teuren Ambientes bewu n dern zu lassen, teils um in Erinnerungen an alte Zeiten zu schwelgen. Die Gäste waren entspr e chend ihrem Naturell en t weder furchtbar neidisch oder nahmen den Erfolg als A n sporn für ihre eig e nen Bemühungen.
Eine von denen, die es ganz weit nach oben g e schafft hatten, war die Kurtisane Nikopolis. Ü ber die Blüte ihrer Jahre schon deutlich hinaus, war sie immer noch von schlankem, fast mag e rem Wuchs und von einer Lebhaftigkeit, die wesentlich Jüng e re in den Schatten stellte. Sie war gebildet, sicher in allen relevanten klass i schen Erzählungen und spie l te mehrere Instrumente mit großem Können. Sie hatte keine Probleme, die langweiligsten Verehrer schrankenlos a n zuhimmeln, sofern es dem Geschäft dienlich war, und ihre Fähi g keit im Würfelspiel zu verlieren ohne mit der Wimper zu zucken wurde allgemein bewundert und gene i det. Sämtliche b e deutenden Generäle und Politiker hatten nach ra u schenden Festen ihren Alkoven besucht und sich dafür mit reichen Geschenken bedankt. Ke i ner der Herren hätte es gewagt, seinen Ruf durch eine kle i ne oder unansehnliche Gabe aufs Spiel zu se t zen, so dass Nikopolis zu einer außerordentlich woh l h a benden Frau geworden war, die nur sehr spor a disch eine Gelege n heit fand, eine private Einladu n gen ausz u sprechen.
An einem Abend, als eine jener seltenen und g e suchten Einladungen der Nikopolis erging, war Metrobius durch ein Engagement verhindert. Luc i us wollte schon absagen, doch Nikopolis ließ ihn wissen, dass sie sehr auf sein Erscheinen hoffte. Sie hätte bereits soviel von dem
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