Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
gab. Eine tiefe Ruhe breitete sich in ihm aus. Er spürte, wie sein Atem langsam und gleichmäßig seinen Brus t korb hob und senkte. Er verlor das Gefühl für Zeit und für Entfernung, und es erschien ihm, als sei eine Ewi g keit verga n gen, als schließlich der Morgen dämmerte.
Ein roter Streifen zeigte sich am östlichen Horizont, breitete sich schnell aus und veränderte seine Fa r ben zu Gold und Rosa. Bald tauchte auch die So n nenscheibe groß und flimmernd über den Rand der Welt. Jede B o denwelle, jeder Stein warf lange Schatten, die sich schnell verkürzten und im z u nehmenden Licht der Sonne verschwanden. Gleichzeitig stieg die Temper a tur, und die eisige Kälte der Nacht verschwand in kü r zester Zeit in der flirrenden Hitze des neuen Wüstent a ges. Lucius beeilte sich noch eine Strecke Weges hinter sich zu bringen, b e vor die Temperaturen unerträglich wu r den und erreichte bald den Schutz eines kleinen Do r nengestrüpps. Er breitete den Mantel über e i nen Busch und streckte sich zu einem kurzen Schlummer aus. Ein richtiger Schlaf wollte sich jedoch nicht ei n stellen, denn die Angst vor En t de c kung saß ihm im Nacken. Unruhig und angespannt brachte er die Stu n den des Tages hinter sich, um mit Einbruch der Du n kelheit seine Reise wieder aufzunehmen.
Gegen Mitternacht erreichte er eine große Düne. Er stieg von seinem Kamel und ging zu Fuß zum Kamm der Erhebung. Kaum hatte er einen Blick in die dahi n ter liegende Senke geworfen, schreckte er zurück: Vor ihm lagerte ein Teil des numidischen Heeres, mehrere hundert Kri e ger nach einer ersten kurzen Schätzung. Ein glücklicher Zufall hatte es wohl gefügt, dass an der Stelle, an der er über den Rand der Düne getreten war, keine Wachen p o stiert waren, so dass er sich unb e merkt zurückzi e hen konnte. Es blieb ihm nichts and e res übrig, als dieses Stück des Weges durch einen we i ten Umweg nach Norden zu umgehen. Um seine Ve r zög e rung wieder aufzuholen, ritt er noch weit bis in die Mo r genstunden des nächsten Tages und brach schlie ß lich völlig erschöpft zusammen. Nachdem er einige Schlucke von seinem Wa s servorrat getrunken ha t te, band er mit letzter Kraft seine Kamelstute an einem dürren Strauch fest und fiel dann in einen erschöpften Schlaf.
Als Lucius nach einigen Stunden erwachte, hatte er Mühe sich zurechtzufinden. Die Sonne stand schon tief am Horizont. Seine Kehle war vollkommen ausgedörrt. Er griff nach seiner Wasserflasche und ließ sich die letzten Tropfen der warmen Flüssigkeit in den Mund rinnen. Zwei Flaschen hatte er noch am Sattel befestigt, die für einen Tag ausreichen würden, doch dann mus s te er an neues Wasser kommen, sonst war er verloren.
Die nächste Etappe in der darauffolgenden Nacht ü berstand er zum Glück ohne eine weitere unang e nehme Überraschung. Gegen Morgen meinte er, dass er nun auf mauretanischem G e biet sein müsste. Damit war er zwar nicht in Sicherheit, aber die Wahrscheinlichkeit hier auf Krieger des jugurthin i schen Heeres zu stoßen, erschien ihm gering. Sein Glücksstern war wohl wieder bei ihm, denn er fand eine Oase, in der er seine Wa s servorräte auffüllen und das K a mel tränken konnte.
Das Wasser der Quelle war trübe und hatte einen w i derwärtigen Beigeschmack, der allerdings kein Hinweis auf eine Unbekömmlichkeit zu sein schien, denn ein Stamm von Beduinen, die ebenfalls in der Oase lage r ten, trank ohne Bedenken davon. Lucius erfand eine Geschichte von einem Sandsturm und davon, dass er den Anschluss an seine Karawane verloren hätte. Die Beduinen waren voll des Mitg e fühls und sofort bereit, ihn bis zur Stadt zu begle i ten, um weiteres Unheil von ihm fernzuhalten. L u cius nahm das Angebot nur zu gerne an, reiste die letzten zwei Tage mit der Karawane und war damit völlig unauffällig. Wieder nutzten sie die Stunden der Nacht zur Reise, um der Hitze des Tages zu entgehen. So gelangten sie in den frühen Morge n stunden des fünften Tages in die Stadt am Fuße der Festung.
Es war noch zu früh um in der Burg vorzuspr e chen, daher wanderte Lucius, der nicht die Ruhe hatte, sich noch etwas hinzulegen, durch die engen Gassen. Die Wege zwischen den uralten Häusern waren so schmal, dass er mit den Händen die Ma u ern streifte, wenn er seine Arme ausbreitete. Die Dächer der fensterlosen Häuser waren nach vorne verlängert und stießen in der Mitte der Gasse fast zusammen, so dass dämmriges Zwielicht herrschte. Erst auf Höhe
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