Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
ich auf dein Kommen.“
Auch diesmal erschien Lucius die Stimme seltsam kö r perlos und leicht.
„Woher wusstest du, dass ich heute hier sein würde?“
„Jeder weiß, dass der edle Sulla Venus als seine besond e re Schutzgöttin verehrt, und als du zwanzig Opfe r tauben bestellt hattest, war es nicht schwer zu erraten, dass du bald hier auftauchen würdest.“
Lucius schwieg verärgert und blickte auf den Käfig, in dem die Vögel zusammengedrängt saßen. Er fühlte sich ertappt, wie ein kleiner Junge, der heulend zu seiner Mu t ter rennt. Der leicht spö t tische Unterton, den er zu hören geglaubt hatte, hatte ihn auch diesmal verunsichert. Ein Gefühl, das ihn extrem schnell wütend machen konnte, aber als der Barbar fortfuhr, war dessen Tonfall vol l kommen sachlich und nüchtern.
„Erlaube deinem Diener eine Bemerkung: der Te r min vor dem Senat wird auch ohne göttlichen Bei s tand zu bewältigen sein. Die Sen a toren werden sich hüten, zum jetzigen Zeitpunkt einen Feldherrn zu kritisieren. Sie werden ein wenig bellen, um ihre Wichtigkeit zu bewe i sen und ansonsten froh sein, dass sie Männer wie dich haben, die die Arbeit für sie erledigen.“
Das entsprach auch ganz Lucius Ei n schätzung, doch erstaunte es ihn, dasselbe von dem Fremden zu hören.
„Diese Versammlung kann dir erst gefährlich we r den, wenn der Krieg beendet ist, also sol l test du jetzt keinen Gedanken an den Senat verschwenden. Es gibt im M o ment dringl i chere Fragen.“
Lucius war von dem selbstbewussten Ton wider Willen beeindruckt, und um Zeit zu g e winnen, fragte er:
„Und welche Fragen sollen das deiner Ei n schätzung nach sein?“
Bevor der Barbar antworten konnte, ließ eine Windböe den Regen in den Säulenumgang schlagen, so dass die beiden erneut zurüc k weichen mussten. Lucius bemerkte, dass am Ende des Säulengangs zwei große Raben unter das Dach geflattert waren.
„Die Frage lautet, ob deine Schutzgöttin...“, die weiße Hand des Fremden machte eine beiläufige, fast abwe r tende Geste in Richtung auf das Heiligtum, „... dir in den kommenden Gefahren ein ausreichender Beistand sein kann.“
Lucius grinste, der Fremde hatte ein Thema angeschni t ten, das Lucius an seiner Stelle vermieden hätte.
„Gerade du und dein Volk sollten die Macht der röm i schen Götter kennen gelernt haben.“
Entsprechend kurz und kühl fiel die Antwort aus.
„Unser Scheitern hatte andere Gründe. Odin zürnte uns. Doch nun hat er verziehen und ist bereit, denen zu he l fen, die ihn anerkennen.“
Lucius wollte nicht weiter bohren, also folgte er der Wendung, die der Fremde dem Gespräch gegeben hatte.
„Wer ist Odin, und wieso weißt du, was er wünscht und was er vorhat?“
„Odin ist der Gott, mit dessen Hilfe wir euch Römern das Fürchten gelehrt haben, und ich bin sein letzter und oberster Priester.“
Lucius fühlte sich ein wenig unbehaglich. Einer der R a ben war näher gehüpft und ve r suchte seinen Schnabel zwischen die Stäbe des Vogelbauers zu zwängen. Die Tauben flatterten ängstlich und drängten sich in der a n deren Ecke des Käfigs zusammen. Lucius trat mit dem Fuß nach dem Raben, der au f flatterte und sich auf der Schulter des Ba r baren niederließ. Haltsuchend schlug der Vogel mit den Flügeln, deren schwarze Schwungfedern die helle Haut des Mannes noch weißer und marmorbla s ser erscheinen ließen. Lucius lachte kühl.
„Ein Barbarengott und ein Barbarenpriester! Du kannst froh sein, dass ich schon immer einen Sinn für Skurriles hatte, denn sonst würde ich dir keine Sekunde länger zuhören. Aber ich bin immer neugierig und bereit zu lernen. Was verlangt denn dein Gott als Gegenleistung für seine Hilfe?“
„Odin liebt den Klang der Schwerter und den Staub des Schlachtfeldes mehr als alles andere. Er will keine and e ren Opfer, als das Blut der Unte r legenen.“
„Und woher weiß er dann, wen er verschonen soll und wer ihm als Opfer zusteht.“
„Er wird dem helfen, der zu Beginn der Schlacht den Speer über das gegnerische Heer schleudert und dabei seinen Namen ausspricht.“
„Odin! Odin? Odin...“, amüsiert versuchte sich L u cius in verschiedenen Betonungen.
„Das scheint ja nicht allzu schwer zu sein“, sagte er schließlich und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Ihre Blicke trafen sich und er sah, dass auch der Barbar lächelte.
„Odin hat viele Namen, wenn er sich unter die Sterbl i chen mischt. Du musst den richt i gen Namen kennen.“
Der
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