Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
als besonders abhärtend und fö r derlich. Tag für Tag wurden dieselben Bewegungen au s geführt, dieselben Angriffe geübt und so in die Kö r per eingeschliffen. Die Trainer und W a chen beobachteten die Gefangenen genau und hatten schnell heraus, wer erfolgversprechend war oder wer wohl nur einen einz i gen Kampf zu bestehen hätte. Sie konzentrie r ten sich dann bald nur noch auf die aussichtsreichen Kandidaten, die potentie l len Versager mussten selbst sehen, wie und wo sie sich etwas abschauen konnten, das die Aussichten auf ihr Überleben verbessern konnte. Die Trainer im großen Hof trafen ihre Wahl ohne jede Rüc k sicht. Sie schielten nach den anderen beiden Höfen, in denen die erfahrenen Kämpfer trainiert wurden. Deshalb versuc h ten sie, sich durch eine möglichst hohe E r folgsquote einen Namen als Ausbilder zu machen, um aus dem le i digen Anfängergeschäft in die wirklich inte r essante Liga der erfahrenen Kämpfer überzuwechseln. Bei den A n fängern mussten sich auf eine Handvoll wir k lich guter Männer konze n trieren, um ihnen in möglichst kurzer Zeit einige Kniffe beizubringen, die ihre Au s sichten auf einen Sieg erhöhen konnten. Waren die Au s bilder selbst erst einmal in die anderen Höfe aufge s tiegen, winkte ihnen bessere Bezahlung, Ansehen und nicht zu letzt die Möglichkeit zu lukrativen Nebenei n nahmen.
Die Gefangenen, die ihre ersten Kämpfe überlebt hatten, stiegen in eine höhere Kat e gorie auf und konnten damit dem gefürchteten großen Hof entkommen. Die Kateg o rien wurden nach dem Übungspfahl der Ausbildung als „Palum“ bezeichnet und so hau s ten in dem mittleren Hof die Kämpfer des quartum und tertium Palum und im ersten Hof die des secundum und primum Palum. In den kleineren beiden Höfen stand nicht nur mehr Platz zur Verfügung, der Druck, den die Menge zusammeng e pferchter Menschen aufeinander ausübte, war hier auch weniger stark und Streitigkeiten kamen etwas se l tener vor. Die Hoffnung, sich irgendwann freikämpfen zu können oder vielleicht auch nur Gewöhnung und Resi g nation machten die Männer in den beiden kleineren H ö fen ruhiger und lenkbarer. Das Training war gründl i cher und weniger standardisiert, es zielte mehr darauf ab, die wirklichen Stärken eines Kämpfers herauszuarbeiten um ihm zu einen persönlichen Stil zu verhelfen, der den Be i fall der kennerhaften Zuschauer finden konnte.
Aus der Sicht der Römer handelte es sich um ein perfe k tes System, das das Unterhaltsame mit dem Nützlichen verband, da die Männer ja ohnehin zum Tode verurteilt waren. Ja, es war sogar gnädig, barg es doch für den Ei n zelnen die Möglichkeit gegen das Todesurteil anzukäm p fen und irgendwann den Weg zurück in die Fre i heit zu erobern. Umso ra t loser war man, wenn es doch immer wieder einmal geschah, dass Einzelne diese Chance ei n fach verschenkten und sich selbst umbrac h ten. Das kam glücklicherweise eher se l ten vor, denn der Mensch ist nun einmal so gebaut, dass er kämpft, solange noch Hoffnung besteht, und so war kein Mangel an motivie r ten und aktiven Gladiatoren zu b e fürchten.
Audatus hatte seinen Neuzugang stolz den Au s bildern der Schule vorgestellt, doch die Reaktionen waren verha l ten. So sehr die Männer ihrem Vorg e setzten nach dem Mund reden wollten, so wenig Anlass fanden sie hier. Unter vielen Seufzern und Achselzucken wandte der erste ein: „Wenn man noch ein bisschen wartet... Vie l leicht bis er au f steht...“
Ein zweiter sprang ihm bei: „Solange er nur in der Ecke liegt ist es doch eher schwierig, ihn zu trai n ieren...“
Das Gesicht ihres Vorgesetzten verdüsterte sich. Schnell räumte ein dritter ein: „Er ist groß, ja... und das Haar ist auch interessant, ja...“
„Auffallend!“ meldete sich ein vierter zu Wort „Eine auffallende Erscheinung...“
Ein kleiner Trainer, der weit nach hinten a b gedrängt war wollte auch noch etwas gesagt haben: „Mit welchen Wa f fen haben diese Barbaren denn gekämpft? Weiß da j e mand Bescheid? Langschwert? Kurzschwert? Run d schild?“
Niemand antwortete.
Es war schon schwierig genug, dem Mann au s reichend Nahrung einzuflößen, da er bei jeder Berührung knu r rend auswich und offe n sichtlich lieber in seinem Winkel verhungern wollte, als sich in seinen Träumen stören zu lassen. Als Bolanus schließlich vorschlug, ihn in die K ü che neben den Herd zu legen, wurde es etwas ei n facher, denn es ist schwer, wie der Arzt richtig bemerkte, neben einem
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