Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
dass er es vorzog, soviel Zeit wie möglich mit geschlossenen Augen zu ve r bringen.
Eines Tages führte man ihn woanders hin. Dass er nicht mehr in seiner alten Umgebung war, erkannte er daran, dass der Geruch seiner Umgebung sich veränderte. Ein Mann redete lange und eindringlich auf ihn ein. Er verstand die Worte, aber den Sinn zusa m menzufügen war mühsam und ermüdend. Der Mann drückte ihm Gege n stände in die Hände. Um zu erkennen was es war, bewegte er die rechte Hand mit dem länglichen Gegen s tand vor seinen Augen auf und ab. Nach einigen Malen erkannte er, dass man ihm ein Kinderspielzeug gegeben hatte. Das hatte er nun am wenigsten erwartet, und er musste herzlich lachen. Das Beste an dem Zwischenfall war, dass sie ihn danach längere Zeit endlich in Ruhe ließen. Der Mann sprach noch öfter mit ihm, er hatte sich seine Stimme gemerkt. Ab und zu wurde die Stimme zornig; ab und zu befahl sie, ihm den Rücken zu verpr ü geln. Doch er wusste, dass man ihn irgendwann ganz in Ruhe la s sen würde.
Einige Zeit später, als er an einem Abend auf seinem Strohhaufen neben dem erloschenen Herd lag, näherte sich ihm jemand, der einen Geruch nach Bratfett und Sperma wie eine Wolke um sich trug. Die Person machte sich an seiner Kleidung zu schaffen und rasch umfing ihn ein geübter Griff. Die Hand hatte wenig Mühe mit ihm. Kurz darauf verzog sich die Dunstglocke zusammen mit ihrer Trägerin. Er war recht dankbar über das was vorg e fallen war, brachte es ihm doch ein Vergnügen in Erinn e rung, das er beinahe vergessen hätte und das auf so ei n fache Weise die Annehmlichkeiten seines windgeschüt z ten Plätzchens steigern konnte. Er beschloss, sich in Z u kunft öfter diese En t spannung zu gönnen und schlief ein.
Volupta, eine verbrauchte Kneipenhure, brachte Audatus die Nachricht, dass mit dem Gefangenen in der Küche alles in Ordnung wäre. Sie berechnete ihm den vollen Preis von drei Assen, den Audatus ohne Murren bezah l te, und freute sich über das schnell verdiente Geld.
Urbicus versuchte es noch einige Male mit dem Training. Anscheinend war ja alles in Ordnung, körperlich war der Mann inzwischen in jeder Hinsicht in guter Verfa s sung, doch trotzdem gelang es nicht, ihn zum Kämpfen zu bewegen. Der Au s bilder hatte die Sache inzwischen gründlich satt, so dass er, anstatt das Thema nochmals mit dem Audatus zu erörtern, beschloss, das Ganze ei n fach im Sande verlaufen und den Gefa n genen in seiner Küche verschimmeln zu la s sen.
Als sich mehrere Wochen niemand mehr um den Barb a ren gekümmert hatte, begannen die Küchensklaven ihn für ihre Arbeit ei n zuspannen. Man drückte ihm ein Scheit in die Hand mit dem er stundenlang geistesabw e send den Gerstenbrei rührte oder ließ ihn die Holzschü s seln mit Sand ausreiben. Je eintöniger eine Arbeit war, umso ausdauernder wurde sie von dem Mann ausg e führt, und seine unbewegliche Miene und sein starrer Blick brachten ihm bald den Spitznamen „der I d iot“ ein. Die übrigen Gefangenen übernahmen den Namen mit G e nuss, denn man hatte ihm den kurzen Ausflug in den ersten Hof nicht verziehen und betrachtete seine jetzige Stellung als gerechte Strafe.
Es war an einem glühenden Tag im späten Sommer, in zwei Wochen sollten Spiele zu Ehren eines verstorbenen Senators stattfi n den. Die Stimmung in den Höfen war seit Tagen von höchster Anspannung überschattet. Tä g lich fanden Probekämpfe statt, während Audatus ve r suchte, die optimalen Paarungen für das Spektakel z u samme n zustellen. Dabei ging es ihm nicht nur darum, Kämpfer ungefähr gleicher Stärke und Ausdauer zusa m menzufi n den, sondern es war genauso wichtig, dass die Männer intere s sant aussehende Gruppen bildeten. Die Gefangenen in allen drei Höfen waren wie von Si n nen, denn nun war die Zeit gekommen, in der das Todesurteil einigen von ihnen vol l streckt werden würde, während die übrigen zu Henkern ihrer Mithäftlinge werden sollten. Nur mit größter Härte gelang es den Wächtern, die Mä n ner im Zaum zu halten, kein Tag verging, an dem nicht an irgendeiner Stelle Streit aufflammte. Zu allem Übe r fluss litt die Stadt seit Tagen unter einer verhee r enden Hitzewelle, die schon den normalen Bürgern auf Gemüt und Gesun d heit schlug. In der Kaserne achtete man auf größtmöglich Regelmäßigkeit im Tagesablauf, um d a durch wenigstens einen Rest von Normalität zu waren. Die Übungszeiten wurden pünktlichst eingehalten und ebenso regelmäßig
Weitere Kostenlose Bücher