Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
folgte. Angesichts der jugendlichen Schönheit der Männer in ihren aufwendig gearbeiteten Rüstungen, die scharf glä n zenden Waffen in den Händen, e r fasste die Menge eine Art Fieber, das sich ohne Ansehen des Sta n des in allen Reihen ausbreitete. Nachdem die Gladi a toren eine Runde durch die Arena geschritten waren, würde der Schied s richter das Zeichen zum Beginn der ersten Zweikämpfe geben.
Die Menschen im Publikum sahen, was sie zu sehen g e wohnt waren, ihre Herkunft und Erziehung gab dem Bild die Deutung, die seit Jahrhunderten üblich war. Sie sahen nicht die versteinerten Gesichter der erfahrenen Käm p fer, die abgestumpft waren durch die Jahre ei n tönigen Trainings und harter Bestrafungen bei den ge r ingsten Anlässen. Ein L e ben in einem Umfeld, das nur aus der Kaserne und den Männern darin bestand und in dem es keine andere Anregung, keinen anderen Sinn gab als den näc h sten Kampf. Ihre Körper waren fleischig, durch die einseitige Kost und die gleichförmigen Übungen aufg e schwemmt, ihr Geist auf dem Niveau von Tieren. D a zwischen fanden sich immer wieder G e sichter, in denen man lesen konnte, dass sie G e fallen gefunden hatten an dem blutigen Handwerk, zu dem man sie anfangs g e zwungen und das sie nach all den Jahren zu ihrem L e bensinhalt gemacht ha t ten. Blutgierig und mordlüstern hatten sie wenig Skrupel, unterlegene Anfänger abz u schlachten oder mit großen Gesten die pöbelhaftesten Zuschauer zu hofieren.
Wäre in dem allgemeinen Geschrei und Gelärm ein Laut aus den Reihen der Neu l inge zu vernehmen gewesen, so hätte man Gebete in allen Sprachen der damaligen Welt zu fremden Göttern hören können, um die sich hier in Rom niemand scherte. Einige, noch Jünglinge, riefen halblaut nach Müttern, die schon längst von römischen Legionären niederg e macht waren, andere versuchten, sich mit dem Gedanken an ein Leben in einer besseren Welt zu trösten. Mit weichen Knien stolperten sie durch den Sand, und je schwächer ein Neuling sich beim Tra i ning gezeigt hatte, umso weniger Acht war auf ihn und seine Ausrüstung gegeben worden. Bei n schienen, die zu lang oder zu kurz waren, rieben ihnen schon beim Ei n marsch die Knöchel blutig. Die schweren Helme mit den schmalen Sehschlitzen schränkten die Sicht ein, so dass viele mehr erahnten als sie wir k lich sahen, wie groß die Masse der Zuschauer war, die darauf wartete, sie ste r ben zu sehen. Wegen der Helme konnten sie sich nicht den Rotz abwischen, der ihnen aus der Nase lief, und nicht wenigen rann Urin an den Schenkeln entlang. Es war auch kein Geheimnis, dass der weiße Hüne im vorderen Drittel der A n fängerschar nicht ganz richtig im Kopf war, und doch sahen die Zuschauer in ihm die Verkörp e rung des Barbarenschreckens, der Rom jahrelang in A tem gehalten hatte. Buhrufe und wütende Beschimpfu n gen galten ihm, man war entzückt, dass Audatus es nach so langer Zeit geschafft hatte, Rom noch einmal mit e i nem dieser Wilden zu übe r raschen. Dass er außerdem der erste Retarius dieser traditionsbewussten Schule war, gab Anlass zu aufgeregten Diskussionen. Selbst die Puri s ten mussten aber zugeben, dass es die exotische Ersche i nung des Barbaren hervo r hob, wenn er ohne Helm kämpfen musste.
Als sie ihn mit einem ganzen Pulk anderer Männer auf Karren verluden, um ihnen irgendwo außerhalb in einem Schuppen die Ausrüstung anzulegen, konnte er die A n spannung um sich herum förmlich spüren. Die Männer hatten aufgehört miteinander zu reden sondern murme l ten nur noch leise vor sich hin. Eine unbestimmte Dr o hung lag in der A t mosphäre und veranlasste ihn, sich in seiner Sandkuhle zusammenzukauern. Durch tiefes, gleichmäßiges Atmen versuchte er die Schleier vor se i nem Blick dicht und undurchdringlich zusammenzuzi e hen. Er bedauerte, dass es ihm nicht gelang, sein G e hör ebenfalls abzuschirmen, denn die Mischung aus stoßwe i sem Atmen der Angst in seiner nahen Umgebung und dem Geschrei aus der Ferne verstörte ihn. Irgen d wann setzte sich die Gruppe in Bewegung, das Geschrei kam näher. Je lauter das Grölen wurde, umso gehetzter kla n gen die Geräusche seiner Mitgefangenen. Lange stand er einfach nur herum, krampfhaft bemüht, nicht auf den an- und abschwellenden Geräuschpegel zu ac h ten. Er krallte sich in der Senke in der Mitte seiner Insel fest, um dem aufkommenden Sturm keine Fläche zu bieten, hoffte darauf, dass irgendwann wieder alles no r mal werden würde. Mit einem Stoss
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