Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
fühlte Erleicht e rung und Glück, denn es war zu Ende. Er war sich nun ganz sicher, dass er keinen Tag länger in der Kaserne ausgehalten hätte. Die beiden R a ben gaukelten gegen die untergehende Sonne. Er hing mit seinen Blicken an i h nen, um sogleich fo l gen zu können, wenn seine Seele bereit war, sich ihnen anzusc h ließen.
Statt des Knienden erhob nun einer der Schiedsrichter quasi stellvertretend die Linke, um das Publikum zur Abstimmung über das Schicksal des Verlierers zu bew e gen. Der Murmillo hatte sich soweit erholt, dass er seinen Dolch ziehen und ihn dem Barbaren in den Nacken pressen konnte, nachdem er ihm das Haar zur Seite g e strichen hatte. Seine Blicke und die der Schiedsrichter schweiften erwartungsvoll durch die Re i hen, um die Stimmung des Publikums ablesen zu kö n nen. Nur der Besiegte hielt seinen Blick unve r wandt auf einen Punkt oberhalb der Ehrentribüne gerichtet. Mi n utenlang tobte die Menge in zwei Lager gespalten. Ni e mand hätte aus dem Wald erhobener Fäuste ablesen kö n nen, ob mehr Zuschauer auf Tod oder mehr auf Gnade plädierten. Lucius hatte bereits die Hand au s gestreckt um sein Urteil abzugeben, doch hatten ihn zwei besonders aufgeregte Gäste an der Schulter gepackt und redeten unentwegt auf ihn ein. Hinter der Gruppe aus den beiden Kämpfern und den Schiedsrichtern hatten sich zwei Sklaven mit einer Trage postiert, um die Leiche des Besiegten abz u transportieren oder, falls er be g nadigt würde, ihm zu helfen, auf eigenen Füßen die Arena zu verlassen.
Man konnte von einem Mann, der gerade minute n lang auf die Entscheidung über sein Leben gewa r tete hatte, nicht erwarten, dass er sich noch aus e i gener Kraft auf den Beinen halten konnte, und doch liebten es die Z u schauer, den Helden ihrer Gnade aufrecht davong e hen zu sehen. Ihr Ve r ständnis von Mannesmut verlangte einfach danach. Also war es üblich, dass zwei Gehilfen den Begnadigten unter den Achseln fassten und a u frecht aus der Arena schleiften. So blieb die Form gewahrt und dem Publikum blieb die Illusion des Helden.
Die Sklaven warteten, die Schiedsrichter blickten in die Menge und suchten in dem Gewühl und auch auf der Tribüne nach einer nach einer Entscheidung. Doch auch vom Gastgeber kam keine eindeutige Reaktion, der war immer noch in eine heftige Disku s sion verwickelt. Schließlich gaben die Schiedsrichter den Sklaven einen Wink. Die beiden Gehilfen stellten die Bahre beiseite, traten zu dem Besiegten und zerrten ihn hoch. Der Murmillo steckte den Dolch in seinen Gürtel. Er hob die Hände und stolzierte am Rand der Arena entlang, um sich von seinen Anhängern feiern zu lassen.
Er wartete auf das Ende, doch es kam nicht. Seine Blicke hingen an den beiden Raben, die er immer noch gegen die tiefe Sonne er k ennen konnte, die sich aber zu seiner wachsenden Unruhe langsam weiter von der Arena weg nach Westen bewegten. Er hatte Angst, sie aus den A u gen zu verlieren, wenn seine Seele ihnen nicht bald fo l gen könnte. Die Wogen des Geschreis auf den Tribünen mischten sich mit dem Rauschen der Bran d ung an den Ufern seiner Insel und dem Dröhnen des Blutes in se i nen Ohren. Den Schmerz, den ihm der Dolch in seinem Nacken bereitet, nahm er nur wie durch einen Filter wahr, und nur verzögert spürte er schließlich, dass der Druck der Klinge nachgelassen hatte. Als sie ihn u n ter den Achseln fassten und ihn aufrichteten, wusste er, dass er wieder einmal zurückgeworfen worden war. Seine En t täuschung war so übermächtig wie der Hass auf di e ses Dasein. In seiner Wut stieß er die beiden Sklaven beise i te, ohne den Blick von den Raben am Himmel zu we n den. Es war nun eindeutig, dass sie sich entfer n ten, so dass er die beiden nur noch als kleine Si l houetten gegen die Sonne erkennen konnte. So, als ob er damit irgen d etwas gewinnen und die Tiere auf sich aufmerksam m a chen könnte, versuchte er sie mit einer Geste des ausg e streckten rechten Armes zurückzuholen. Die Linke hatte er fest auf die Wunde an der Flanke gepresst und so schaffte er es, einige Schritte nach Westen zu machen, um den davon flatternden Vögeln zu folgen. Doch er kam nicht weit, sein Weg endete an der Absperrung am Fuße der Tribünen. Urplötzlich wurde er von einer schweren Übelkeit befallen. Die Verletzung, die Enttä u schung und die Hoffnungslosigkeit seiner Lage dr e hten ihm den Magen um. Gleichzeitig übermannte ihn nun die Schwäche, die er noch zurückgedrängt hatte, und er brach
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