Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
der Glanz, der auf der Haut gelegen hatte, waren verschwu n den. So genau Agnar sie auch ansah, er konnte j e doch keine Stelle entdecken, an der der Eiter sich einen Weg nach draußen gebahnt h a ben könnte. Stunden später erwachte sie noch ei n mal, und als sie ihn an ihrem Lager sitzen sah, lächelte sie dankbar und ergriff seine Hand. Er streichelte ein wenig ihren Arm und wollte sich dann zurückziehen, doch sie hielt ihn fest. Kurz darauf fing sie an zu phantasieren. Sie glaubte, ber e its auf dem Gutshof zu sein und das Meer zu sehen. Das war das letzte Z u sammenhängende, was von ihr zu hören war. Von da an kamen nur noch Bruchstücke aus ihrer Erinnerung, die sie j e doch schrecklich zu quälen schienen. Sie krallte sich an Agnars Arm fest, als ob sie nur hier Hoffnung und Rettung finden könnte. Das Fieber stieg unaufhal t sam. Als man ein zweites Mal nach dem Arzt geschickt und dieser die Kranke untersucht hatte, schüttelte er beda u ernd den Kopf.
„Du musst jetzt stark sein. Es gibt noch eine dritte Mö g lichkeit, wie die üblen Säfte sich entleeren kö n nen. Sie haben sich ins Innere des Körpers entleert und ve r giften das Blut. Einige sollen das schon überlebt haben, doch ich kenne keinen.“ Seine Voraussage b e wahrheitete sich noch in derselben Nacht. Ganz kurz erlangte Cynara noch einmal ein klares Bewusstsein, und ihr Blick suchte nach ihrem Ehemann, der fünf Tage nach der Trauung Witwer werden sollte. Als er ihr über das Haar streiche l te, lächelte sie mit der gesunden Seite ihres Ges i chtes und wurde wieder ohnmächtig. Kurz darauf starb sie.
18. Kapitel
Die Begegnung
Es war nun bereits vier Wochen her, dass er ihre Leiche hatte verbrennen lassen, und noch immer fühlte er den Schmerz wie am ersten Tag. Immer wieder sagte er sich, dass es notwendig gewesen war, dass es Odins Wille g e wesen war.
Unmittelbar nach der Verbrennung waren Hugin und Munin wieder aufgetaucht. In den ersten Tagen sah er sie nur kurz, ganz weit entfernt saßen sie auf den Dächern und verschwanden, sobald er sie en t deckt hatte. Nur zögerlich kamen sie wieder näher, als könnten sie ihm seinen Verrat schwer verzeihen. Ihre Anwesenheit tröst e te ihn ein Wenig, gab ihm das Gefühl, richtig g e handelt zu h a ben. Er hatte ihr das Unheil einflößen müssen, da sie eine Gefahr für ihn gewesen war. Beinahe hätte er seinen Auftrag verge s sen und wäre feige davon gelaufen. Ihre Pläne und Vorstellungen hatten ihn eingesponnen wie das Locken einer Sirene, der übersüße Gedanke an eine Existenz in Frieden und Abgeschiede n heit. Noch immer übte das Bild ländlichen Glücks seinen Zauber auf ihn aus, doch er wusste, dass er zu A n derem bestimmt war. Trotzdem war er durch ihren Tod wie gelähmt. Stundenlang saß er unbeweglich auf einer Liege im Tri c linium und starrte vor sich hin. Die Sklaven machten einen Bogen um ihn und vermieden es, ihn anzuspr e chen. Das Leben in der Villa lief ganz leise weiter. Er gab den Bediensteten Geld, damit sie sich zu essen besorgen konnten und ihn möglichst wenig b e helligten. Geld hatte er genug. Die Anzahlung für das Gut war nicht mehr geleistet worden, so dass ihm die ganze Summe zur Ve r fügung stand, immerhin fast zehntausend Sesterzen. Damit würde er sich eine ganze Weile in Rom halten können, ohne wieder eine Arbeit a n nehmen zu müssen. Seinen Posten bei Trebatius hatte er einige Tage vor se i ner Hochzeit aufgegeben. Sein Brotherr war höchst en t täuscht gewesen, seinen Vorzeigeleibwächter zu verli e ren. Agnar hatte seinen restlichen Lohn ausbezahlt b e kommen. Dann hatte er seine wenigen Ha b seligkeiten zusammengepackt, die blaue Toga, einige Kleidungsst ü cke und den Beutel, den er von Crispinus bekommen hatte. Den hatte er gleich in der nächsten Nacht im Ga r ten hinter der Villa vergraben, um den Vorwurf zu ve r gessen, der in der Existenz der Schmuc k stücke lag. Erst jetzt, nach Cynaras Tod, hatte er das Päckchen wieder ausgegraben und in einer Eichentruhe versteckt. Er spü r te die Anwesenheit der Ringe durch die dicken Bretter der Truhe. So hatte er sie in einen Nebe n raum geschafft und fortan den Raum gemieden. Obwohl er wusste, dass er richtig gehandelt hatte, zog die Nie d ergeschlagenheit jedes Leben aus den Fasern seines Kö r pers. Er machte sich Vorwürfe, dass er sich so gehen ließ, er sagte sich, dass er bald keine Kraft mehr haben würde, seine Aufg a be zu erfüllen. Doch nichts konnte ihn aus seiner langen
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