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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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vielleicht direkt ins Fegefeuer gesegelt waren. Dann setzte das Trommeln ein, Tag und Nacht, ohne Unterbrechung. Ich sah, wie mutige Männer, die Auge in Auge Piraten gegenübergestanden hatten, ohne mit der Wimper zu zucken, auf die Knie fielen und den Herrn anflehten, uns einen Ausweg aufzuzeigen. Aber es
gab
keinen Ausweg. Nicht durch diesen Nebel. Also versteckten wir die Frauen und Kinder auf den Schiffen, hoben Gräben aus, errichteten Verteidigungsanlagen und versuchten unseren Seelenfrieden mit uns zu machen. Sie kamen in den frühen Morgenstunden, eine Horde Dämonen. Ich rang darum, standhaft zu bleiben, als sie zwischen den Bäumen hervorbrachen, dabei wäre ich am liebsten ins Meer gerannt. Fast hätte ich es vorgezogen, zu ertrinken, anstatt den Kampf mit diesen Ungeheuern aufzunehmen. Der Boden erzitterte, als sie heranstürmten und die Luft mit ihrem grausigen Geschrei und Geheul erfüllten. Ich nehme es bereitwillig mit jedem Mann auf, doch diese Geschöpfe waren keine Menschen. Es waren die Kinder Satans. Meine Knie zitterten so sehr, dass ich kaum mit der Muskete zielen konnte. Da bemerkte ich einen Mann, der unverhohlen weinte. Doch Gott verschonte uns an jenem Tag. Warum? Ich weiß es nicht. Ich kann nicht mal behaupten, dass es gnädig von ihm war. Ich weiß nur, dass wir die Dämonenhorde zurückschlugen. Der Rest spielt keine Rolle.«
    Der Kapitän räusperte sich und nahm einen Schluck aus seinem Becher.
    »Manche würden sagen, dass es besser gewesen wäre, an jenem Tag zu sterben. Ich glaube, nicht wenige meiner Männer hätten ihre Musketen niedergelegt und sich ergeben, wenn sie gewusst hätten, welche Schrecken sie erwarteten.«
    Der Kapitän hielt inne und dachte daran, wie oft er in jenen frühen Tagen mit dem Gedanken gespielt hatte, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Nur die Angst um seine unsterblicheSeele und die Hoffnung, vor seinem Tod noch ein einziges Mal seine Söhne sehen zu dürfen, hatten ihn davon abgehalten.
    »Tag für Tag warteten wir darauf, dass der Nebel sich lichtete. Frauen, Kinder und sogar ausgewachsene Männer fürchteten sich davor, die Schiffe zu verlassen. Das Leben an Bord wurde unerträglich, und als der Nebel sich nicht verzog, waren wir schließlich gezwungen dazu, auf der Insel zu leben. Kapitän Williams von der
Weitblick
und der Großteil seiner Mannschaft beschlossen, ihr Glück lieber im Nebel zu versuchen, als noch einmal einen Fuß an diese Küste zu setzen. Sie gingen von Bord und verschwanden im wogenden Grau. Wir haben nie mit Sicherheit erfahren, was aus ihnen geworden ist, doch kurz darauf hörten wir ihre Schreie, grausige Schreie, wie von Menschen, die bei lebendigem Leibe verschlungen wurden. Schließlich wurden die Schreie zu Klagelauten, die ihrerseits zu einem erbarmungswürdigen Flehen abklangen und irgendwann, nach vielen endlos langen Stunden, ganz verstummten. Doch manchmal, des Nachts, wenn der Nebel von der See heraufzieht und unter unseren Türritzen durchkriecht, hören wir sie noch heute, und mit ihnen all die Gefallenen, die jammern und uns anflehen, durch den unheimlichen Nebel zu waten und sie zu retten.«
    Er hielt inne und wirkte auf einmal erschöpft.
    »Bald begannen wir das Land urbar zu machen und die Feste zu bauen. Wir pflanzten Getreide an und züchteten Vieh. Wir gaben unser Bestes, um zu überleben, und hofften jeden Tag aufs Neue, endlich von hier fort zu können. Doch die Insel machte all unsere Bemühungen zunichte. Sie ließ unser Getreide faulen, suchte unser Vieh mit Seuchen heim und belegte uns mit Zaubern, die unsere Haut mit schuppigen Pocken übersäten, unsere Leiber verformten und uns in Monster verwandelten. Die Verwandlung trieb viele in den Wahnsinn und machte sie zu mörderischen Schurken, sodass wir sie töten mussten.Damals wusste ich noch nichts von der Dame und ihren schwarzen Magie, doch allen war klar, dass es dort draußen eine Quelle des Bösen geben musste, die uns mit ihrer Kraft heimsuchte. Die Wälder waren voll bösartiger Geschöpfe, und die Bäume waren von Dämonen besessen. Wir fingen an, sie niederzubrennen, um das Böse zurückzudrängen. Wir waren fest entschlossen, die ganze Insel zu schleifen, wenn es das war, was wir tun mussten, um uns von dieser Teufelsbrut zu befreien. Es funktionierte. Der Wald begann zu sterben, und das böse Volk verschwand langsam. Bald sahen wir immer weniger von den finsteren Geschöpfen, und langsam schöpfte ich sogar wieder Hoffnung. Später, sobald

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