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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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eine andere Möglichkeit«, fügte der Kapitän hinzu, »all diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Ihr müsst durch eine einfache, kleine Tat beweisen, dass ihr keine Handlanger Satans seid. Vielleicht kann uns einer von euch sagen, wo sich die Dame aufhält? Oder wo sich ihr magischer Baum befindet? Mit dieser einfachen Auskunft könnt ihr beweisen, dass ihr selber Herren eurer Seele seid, und es wäre nicht vonnöten, die schmerzhaften Unbillen eines Exorzismus zu durchlaufen.«
    Der Kapitän wartete, und als keiner der Jungen etwas sagte, fügte er hinzu: »Ach, ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass dieser Exorzismus, wenn er erst einmal begonnen hat, nicht so schnell wieder aufhören wird. Die Prediger wissen sehr wohl, dass Dämonen trickreich und gerissen sind. Ein schlauer Dämon wird stets vorgeben, das Kind zu sein, und alles sagen, um der Folter ein Ende zu bereiten. Also denkt genau nach, meine Lieben, denn wenn ihr meine Hütte verlasst, seid ihr in Gottes Hand. Nehmt euch einen Moment Zeit, zu überlegen. Das ist eure letzte Chance.«
    Der Kapitän trat ans Fenster und zog den Vorhang beiseite. Lautes Hämmern drang in den Raum. »Bereiten sie schon den Tauchkäfig vor?«, fragte der Kapitän an die Prediger gewandt.
    Der Älteste nickte. »Das Werk des Herrn sollte niemals warten müssen.«
    Der Kapitän seufzte. »Nein, in der Tat.«
    Er musterte die Jungen. Der mit dem zerzausten Haar und der Narbe im Gesicht würde von Glück sagen können, wenn er den Tag überlebte, für ihn gab es wohl ohnehin keine Hoffnung. Die beiden in der Mitte wirkten verängstigt, aber stur. Wenn sie nur wirklich begriffen hätten, was auf dem Spiel stand. Der Junge mit dem runden Gesicht dagegen sah nicht besonders stur aus. Sein Blick zuckte zwischen dem Prediger, dem Becher und den anderen Jungen hin und her. Dieser Junge schien den Ernst der Lage zu begreifen.
    Der Kapitän trat an den Tisch, nahm einen der Becher und stellte sich vor die Jungen. »Also, wer trinkt mit mir?« Er sprach zu allen, richtete den Blick jedoch nur auf den Jungen mit dem runden Gesicht.
    Die Lippen des Jungen zitterten, als versuchte er, sich zum Sprechen durchzuringen. Der Kapitän stellte den Becher vor ihn hin und löste die Fesseln von seinen Händen. Der rundgesichtige Junge drückte die Handgelenke gegen die Brust undrieb sich die wundgescheuerten Stellen, während er auf den Becher starrte.
    »Nur zu«, sagte der Kapitän. »Es ist nichts Schlimmes dabei.«
    Der Junge biss sich auf die Lippe, und seine Miene wirkte angespannt, als litte er Schmerzen. Dann streckte er langsam eine schmutzige, zitternde Hand aus.
    »Danny,
nein!
«, zischte der Junge neben ihm.
    Danny riss die Hand zurück, als hätte ihn etwas gestochen.
    Doch der Kapitän lächelte. Er hatte seinen Helfer gefunden, und er wusste es. Der Mann nahm den Becher in die Hand, zog Danny auf die Beine, führte ihn an den Tisch, holte einen Stuhl vor und ließ ihn sich setzen. Dann legte er dem Jungen eine Hand auf die Schulter und reichte ihm den Becher.
    »Ist schon gut«, sagte er in dem sanften, tröstenden Tonfall, den er auch seinen eigenen Kindern gegenüber immer angeschlagen hatte. »Jetzt ist es vorbei. Dieser ganze Albtraum. All die schrecklichen Dinge, zu denen sie dich gezwungen haben. Es ist alles vorbei.«
    Danny legte beide Hände um den Becher und führte ihn an die Lippen. Er nahm einen tiefen Schluck, und dann noch einen und noch einen, bis er keuchte und würgte und schließlich schluchzend zusammenbrach. Der Kapitän füllte den Becher erneut.
    »DU KLEINER SCHEISSKERL!«,
schrie der Junge mit dem roten Knochen im Haar.
    Der Kapitän nickte, woraufhin eine der Wachen herbeikam und dem Jungen mit den zerzausten Haaren mit voller Wucht in den Magen trat. Der Junge klappte zusammen, trotzdem gelang es ihm noch, Danny finster anzustarren.
    Die anderen beiden Jungen verfolgten mit einer Mischung aus Verwirrung und Verzweiflung das Geschehen.
    Es ist vorbei
, dachte der Kapitän und seufzte. »Ich habe meinenSoldaten.« Er verneigte sich vor dem Ältesten. »Ich danke Euch, Euer Gnaden. Die Übrigen gebe ich in Eure gerechten und mitfühlenden Hände.«
    Als die beiden Prediger die anderen Jungen aus dem Raum führten, dachte der Kapitän:
Möge Gott ihnen gnädig sein, denn diese kranken Männer sind es nicht
.

 

     
KAPITEL 21
Der Tauchkäfig
     
    »Weitergehen«, sagte der Älteste mit kalter, teilnahmsloser Stimme, als die Wachen die Jungen zurück

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