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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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sie erwartet. Vielleicht fliehen sie dann, und eure Seelen sind gerettet.«
    Der schmerzhafte Knoten in Nicks Magen warnte ihn vor dem, was gleich geschehen würde, und flehte ihn an, sich abzuwenden. Doch er konnte nicht wegsehen, und als der Hüne Peter das Brandeisen auf die Brust drückte, verfolgte Nick, wie Peter die Augen aufriss, die Zähne zusammenbiss und verzweifelt versuchte, nicht zu schreien, als das glühende Eisen zischend sein Fleisch berührte.
    Der maulwurfgesichtige Prediger grinste, und was Nick inseinem Gesicht entdeckte, war nicht gläubige Ergebenheit, sondern sadistische Geilheit.
    Peter wand sich in seinen Fesseln, und seine Brust hob und senkte sich so schnell wie die flatternden Schwingen eines Vogels. Irgendwie schrie Peter trotz allem nicht. Als Ochs schließlich das Brandeisen fortnahm, verdrehte er die Augen, sodass nur noch das Weiße zu sehen war.
    In diesem Moment, als der Geruch verbrannten Fleisches Nick in die Küche zurückversetzte, zu Marko, wurde ihm klar, dass all das wirklich geschah. Er wusste, dass er sich noch vor dem Ende dieses Tages wünschen würde, bei Marko zu sein, irgendwo anders als inmitten dieses Albtraums.
    »Nein«, stöhnte Nick und begann am ganzen Leib zu zittern. »Nein.« Seine zarte Stimme verlor sich im Jubel und Gespött der Menge.
     
    Der Kapitän sah zu, aber er sah nicht wirklich hin. Er war nur deshalb zur Brandmarkung gekommen, weil man es von ihm erwartete. Diese ganze Scharade machte ihn krank. Er war es leid, zu beobachten, wie die Leute täglich mehr von ihrer Menschlichkeit verloren, und er war es entsetzlich leid, mit anzusehen, wie Menschen im Namen des Herrn gefoltert wurden. Was war nur aus diesen Leuten geworden? Der Älteste war einmal ein mitreißender Anführer gewesen und ein moralischer Leitstern für seine Schutzbefohlenen. Selten zuvor hatte der Kapitän einen so aufrechten Mann getroffen.
Diese Insel hat uns so viel genommen
, dachte er.
Sie hat uns die Seelen gestohlen
.
    Als erneuter Jubel ertönte, ertrug der Kapitän es nicht mehr. Ganz egal, ob der Junge nun ein Dämon war oder nicht, überall bemerkte er Leid. Er hatte keine Lust, sich das noch länger anzutun. Er hatte sich den Leuten gezeigt, das musste genügen. Der Kapitän wandte sich ab und machte Anstalten, zu gehen.
    »Kapitän«, erklang eine dünne, angespannte Stimme.
    Der Mann wusste genau, wer der Sprecher war, noch bevor er sich umgedreht hatte. Der Älteste stand mit verschränkten Armen da und musterte ihn kritisch.
    Die drei Jungen warteten gut bewacht hinter dem Prediger. Der Anblick der Brandmarkung des Kinderdämons hatte sie all ihrer Wildheit beraubt. Übrig waren nur noch die weit aufgerissenen Augen verwirrter und zu Tode verängstigter Kinder. Trotz all seiner gegenteiligen Bemühungen musste der Kapitän in solchen Situationen immer wieder an seine eigenen Söhne denken. Beinahe wären ihm die Tränen in die Augen getreten.
Mit etwas Zeit könnte ich sicher einige von ihnen überzeugen
, dachte er.
Es gibt keinen Grund, sie zu foltern
.
    »Ist dir dieser Vorgang zuwider?«, fragte der Prediger.
    Dem Kapitän war der Unterton, mit dem sein Gegenüber die Frage gestellt hatte, nicht entgangen.
Immer wachsam
, dachte er,
immer auf der Suche nach verlorenen Schafen
. Er hatte seinen Überlebensinstinkt nicht nur im Wald geschärft, sondern vor allem hier im Dorf, wo diese Gottesmänner inzwischen mehr darauf aus waren, Dämonen aufzuspüren, als darauf, einen Weg von dieser Insel zu finden.
Männer, die sich vor Dämonen fürchten, sehen überall welche
, dachte der Kapitän.
    »Nein, Euer Gnaden«, sagte der Kapitän und zwang sich, den Blick wieder auf Peter zu richten. »Wenn Ihr die Brandmarkung dieses Dämons am Kreuz meint, so lautet die Antwort nein, sie stört mich nicht.«
    Mit seinem gesunden Auge starrte der Prediger den Kapitän eindringlich an, bis dieser fürchtete, dass der Älteste seine Gedanken las. »Aber, Euer Gnaden …«
    Der Kapitän zögerte. Ein Fehltritt, und er würde vielleicht selbst als Ketzer gebrandmarkt. »Ich frage mich, ob es nicht einen besseren Weg für die Kinder gibt?«
    Der Prediger kniff die Augen zusammen und legte den Kopf schief. »Einen besseren Weg?«
    Der Kapitän begriff, dass er seine Worte schlecht gewählt hatte.
    Der Älteste trat einen Schritt auf sein Gegenüber zu. »Du glaubst, du weißt einen
besseren Weg
als der Rat?«
    Einen besseren Weg als eine Gruppe von Selbstgeißlern, die in Windeseile

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