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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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er, dass wir das Zeug gestohlen haben.«
    Mal wieder das Gleiche
, dachte Peter.
Drogen
. Heutzutage waren es immer Drogen. Doch Peter hatte zu viel gesehen, und er wusste nur zu gut, dass die Menschlinge keinen besonderen Vorwand brauchten, um grausam zu sein und einander umzubringen. Wenn es nicht um Drogen ging, dann eben um etwas anderes.
    »Psst«, machte der Ältere und warf einen gehetzten Blick nach oben. Er legte einen Arm um Nathan. »Beruhig dich. Dein großer Bruder kümmert sich um alles. Henry und ich sind gute Freunde. Er wird mit uns zusammenarbeiten. Mann, wenn er sein Geld will, muss er das. Nicht wahr?«
    Der Ältere wollte verwegen klingen, cool, als hätte er alles im Griff, aber Peter wusste, dass er genauso viel Angst hatte wie sein kleiner Bruder, wenn nicht mehr.
    »Wir könnten einfach abhauen«, sagte Nathan. »Weg von hier. Vielleicht in eine andere Stadt.«
    »Verstehst du denn nicht? Wir haben nichts, Mann. Nicht einen verdammten Dollar.« Ein Zittern stahl sich in die Stimme des älteren Bruders. »Meinst du, hier nimmt uns jemand auf? Besonders, wenn Henry hinter uns her ist? Oder willst du wieder bei unserm alten Herrn wohnen?«
    Der Jüngere schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Dahin gehe ich nie zurück.
Nie

    »Hör mal, ich hab uns da reingeritten. Ich hol uns auch wieder raus. Du wartest hier einfach …«
    Nathan packte seinen großen Bruder am Arm. »Nein, Tony. Lass mich nicht allein.« Seine Stimme brach, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Bitte geh nicht dort rauf. Bitte, Mann! Bitte geh nicht dort rauf.«
    »Hör auf zu quengeln«, sagte Tony streng. »Wenn du mit dieser Babykacke anfängst, siehst du mich nie wieder. Willst du das?«
    Der Jüngere machte ein entsetztes Gesicht. »Nein!« Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Tut mir leid. Ich komm klar. Versprochen.«
    »Ich weiß doch, dass du klarkommst, du bist nämlich der
Coolio
.« Er rubbelte seinem kleineren Bruder den Kopf, und ein breites Lächeln trat auf Nathans Gesicht.
    »Warte einfach hier«, sagte der ältere Junge. »Er wird mich nicht umbringen, nur weil ich einmal Mist gebaut habe. In einer Minute bin ich zurück, und dann ist alles in Ordnung.« Er hob die Faust. »Schlag ein.«
    Nathan berührte die Faust seines Bruders mit den Fingerknöcheln.
    »Bleib, wo du bist, Coolio.« Der ältere Junge ging die Treppe hoch.
     
    Peter lauschte dem Plätschern des Regens in der Gosse, während Nathan immer wieder durch die Tür zum Treppenhaus und zurück ging.
    Es kam ihm sehr lange vor, bis sie schließlich etwas hörten. Dann hallte ein lautes Brüllen durchs Treppenhaus.
    Nathan ging Richtung Treppe.
    »Das solltest du lieber nicht tun«, sagte Peter und trat aus den Schatten.
    Der Junge machte einen Satz zurück. »Wer bist du?«
    »Ein Freund.«
    Nathan musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. Dannertönte ein weiteres Brüllen von oben, gefolgt vom Klang mehrerer wütender Stimmen.
    Der Junge vergaß Peter und rannte die Treppe hoch. Er schaffte es gerade mal einen Absatz weit, bevor ein Schrei von draußen auf dem Hof erklang, ein langgezogener, entsetzter Schrei, der in einem übelkeiterregenden Klatschen endete. Nathan erstarrte.
    Peter verzog das Gesicht. Er wusste, was das Klatschen bedeutete, und am Gesicht des Jungen erkannte er, dass auch dieser es begriff.
    »Tony?«
    Der Junge sprang die untere Treppenflucht in einem einzigen Satz herunter und schoss zur Tür hinaus. Peter folgte ihm langsam.
     
    Tony lag auf dem Bürgersteig. Ein Bein klemmte in einem seltsamen Winkel unter seinem Körper, und er hatte die Augen weit aufgerissen. Er blinzelte und bewegte die Lippen, doch aus seinem Mund kam kein Wort. Sein Kopf sackte zur Seite, und Peter sah, dass sein Hinterkopf eingedrückt war und sein Haar nass von Blut.
    »TONY!«
, schrie Nathan und rannte zu seinem Bruder.
    Peter schaute an der Fassade empor. Dort, auf einem Balkon im sechsten Stock, standen ein Mann und vier ältere Teenager und schauten herab. Der Mann zeigte auf Nathan und sagte etwas, und die vier Teenager rannten Richtung Treppenhaus.
    »Wir müssen verschwinden«, sagte Peter.
    Der Junge beachtete ihn nicht. »Tony. Mann, Tony. Nein, Tony.«
    Mehrere Leute steckten die Köpfe aus ihren Türen, spähten über die Balkonbrüstungen und gingen dann schnell wieder hin ein.
    Peter hörte, wie die Teenager durchs Treppenhaus polterten.Gleich würden sie unten sein. Er legte dem Jungen eine Hand auf die

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