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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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nicht unterkriegen lassen und gab sich ganz seiner Ausbildung hin. Die immer wiederkehrenden Übungen und die langen Trainingsstunden waren für ihn die einzige Zuflucht vor seinen Sorgen.
    Außerdem stellte er fest, dass er ziemlich gut mit Stab und Speer umgehen konnte – schon bald übertrafen seine Fähigkeiten die von Grille und Danny. Er machte wirklich vielversprechende Fortschritte. Vor allem aber wollte er Leroy besiegen, deshalb bemühte er sich unter Sekeus Anleitung auch un ermüdlich darum, all die Techniken und Kniffe zu meistern. Nach zwei Tagen bedrängte er sie, ihm die schwierigeren Manöver zu zeigen, die er bei den Teufeln sah. Er war sich nicht sicher, ob es an der steten Übung lag oder an dem seltsamen Essen, jedenfalls fühlte er sich immer stärker, und sein Timing und seine Geschwindigkeit verbesserten sich täglich.
    Am schlimmsten waren die Nächte und die finsteren Träume, die ihn im Schlaf heimsuchten. Jede Nacht hatte er Albträume davon, wie seine Haut sich schwarz verfärbte und schrecklicher Zorn in ihm aufstieg. Wenn er dann schwer atmend erwachte, brannte sein Bauch wie Feuer, und er hegte Mordgedanken im Herzen.
    An Nicks viertem Tag brachte Sekeu ihn nach dem Frühstück zusammen mit Grille, Danny und Leroy zu der großen, runden Tür am andern Ende der Halle.
    Kurz darauf gesellten Blutrippe und Abraham, der einhändige Junge, sich zu ihnen. Sie hatten Eimer und Kartoffelsäcke in den Händen und waren in Leder gekleidet – enganliegende, handgefertigte einteilige Kleidungsstücke, die mit spitzen Stiefeln vernäht und mit einem Brustgurt befestigt waren.
    Blutrippe hatte eine ziemlich mitgenommene schwarze Lederjacke dabei, die nicht handgefertigt war. Vielmehr handelte es sich um eine original amerikanische Motorradjacke mit Nieten und Flicken, auf deren Rücken in abblätternden rotenLettern die Worte SYMPATHY FOR THE DEVIL geschrieben waren.
    Blutrippe trug ein verschlagenes Grinsen zur Schau. »Seid ihr bereit für eine kleine Unterbrechung, Leute?«
    Danny wurde sofort aufmerksam. »Klar, das wäre toll!«
    »Gut«, sagte Blutrippe. »Wir gehen jetzt ein kleines
Abenteuer
erleben.«
    Die Art, wie er das Wort
Abenteuer
betonte, gefiel Nick ganz und gar nicht.
    »Wir gehen Vorräte sammeln«, erklärte Sekeu.
    »So kriegt ihr Gelegenheit, mal ein paar der Sehenswürdigkeiten hier in Augenschein zu nehmen«, fügte Abraham hinzu und zwinkerte Blutrippe zu.
    »Dirk und Flitz kommen auch mit«, sagte Blutrippe zu Sekeu. »Sind in einer Sekunde hier. Sobald Dirk sein Schwert gefunden hat.«
    »Was, schon wieder?«, fragte Abraham. »Wie kann man denn bloß ein Schwert verlieren? Der Junge würde sein Arschloch verlieren, wenn es ihm nicht am Hintern angewachsen wäre.«
    Blutrippe lachte laut heraus und zeigte dabei seine Zähne. Er schien immer dieses breite, wilde Grinsen im Gesicht zu haben. Nick fand, dass dieses Grinsen ihn in Verbindung mit der roten Farbe – oder was immer das Zeug war, mit dem er sich Haut und Haare einrieb – wirklich wie einen Teufel aussehen ließ. Und dann war da noch dieser alberne rote Knochen, den er sich oben ins zerzauste Haar geknotet hatte, als gehörte er zur Familie Feuerstein. Nick nahm an, dass dieser lächerliche Knochen etwas mit Blutrippes Spitznamen zu tun hatte. Nicht, dass er vorhatte, ihn danach zu fragen. Aus der Nähe fielen Nick unwillkürlich all die Narben des Jungen auf, und er fragte sich, bei wie vielen Raufereien und Herausforderungen dieser durchgeknallte Kerl schon dabei gewesen war. Eine ganz besondershässliche Narbe schlängelte sich längs zwischen seinen zusammengekniffenen, diabolischen Augen hindurch.
    Abraham hatte abgesehen von seiner fehlenden Hand kaum Narben. Das Auffälligste an ihm waren seine goldenen Augen, die in scharfem Kontrast zu seiner dunklen Haut standen. Nick war sich sicher, dass er noch nie zuvor eine so dunkelhäutige Person wie Abraham gesehen hatte. Die Haut des Jungen war beinahe rabenschwarz. Er trug eine abgewetzte, mit schwarzen Federn und Perlen verzierte Melone und ein enganliegendes Abendjackett mit Nadelstreifen und abgeschnittenen Ärmeln.
    Zwei weitere Jungen gesellten sich zu ihnen. Der eine hüpfte auf einem Bein, während er sich den Stiefel zuband.
    »Nick«, sagte Sekeu. »Das sind Dirk und Flitz.«
    Dirk hatte sich den Schädel rasiert, und gezackte Ritualnarben zogen sich von seinen Brauen über die Schläfen. Er war ein wenig kleiner als Nick und hatte ein markantes

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