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Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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schwerer, und Tränen lösten sich aus seinen Augen. Keine Armlänge entfernt von ihm versteinerten Joan Shepperds Gesichtszüge zu einer Maske der Verachtung.

45
    »Ich dachte, du würdest mir wenigstens heute einmal helfen, Jack«, sagte Skeltons Frau. »An diesem wichtigen Tag.«
    Skelton nickte verdrossen. Der wichtige Tag war eigentlich morgen, der Geburtstag seines Schwiegervaters, der einundachtzigste, der heutige war nur der Tag, an dem man herumrannte wie von der Tarantel gestochen, um mit denVorbereitungen rechtzeitig fertig zu werden. Der alte Herr wurde am Nachmittag um siebzehn Uhr siebenundzwanzig aus Coventry erwartet; im letzten Jahr, zu seinem Achtzigsten, war ausgerechnet am Samstagnachmittag Leeds zu Gast gewesen, Skeltons Frau und sein Schwiegervater hatten sich in die Damentoilette retten müssen, während sich auf dem Bahnsteig die Fußballfans prügelten.
    Von Sonntagmorgen an würde nach und nach der Rest der Familie eintreffen: Vettern und Cousinen, Onkel und Tanten aus Uttoxeter und Rhyll, die unverheirateten Drillinge aus Windmerpool, ein methodistischer Geistlicher aus Goole.
    »Ich dachte, du würdest wenigstens den Wein holen, den wir bei Thresher bestellt haben. Ich habe versprochen, dass wir die Torte vor Mittag bei Birds abholen.«
    Skelton gab ihr einen tröstenden Kuss auf die Stirn. Es würde hektisch werden, aber sie würde es schon schaffen; umso besser wahrscheinlich, wenn er nicht dabei war.
    »Es tut mir wirklich leid, Schatz«, sagte er. »Ich habe das auch nicht so geplant, glaub mir.«
    Der Blick, den sie ihm zuwarf, sagte, dass es ihr schwerfiel, ihm das abzunehmen. Auf halbem Weg zur Garage blieb Skelton stehen und drehte sich um, weil er glaubte, seine Frau stünde noch da. Aber es war Kate, die ihm von der Haustür aus mit diesem für sie typischen halb spöttischen, halb abschätzigen Blick nachsah. Ihre schwarze Jeans hatte Risse über den Knien, über ihrer Schulter hing eine große Sporttasche. Skelton wurde sich plötzlich bewusst, dass er keine Ahnung hatte, ob sie gerade nach Hause kam oder wegwollte.
    »Dann also vierundzwanzig Stunden, Charlie.«
    »Dreiundzwanzig«, sagte Resnick mit einem kurzen Blick auf seine Uhr, »plus/minus zehn Minuten.«
    »Sechsunddreißig, fünfunddreißig, wenn wir sie brauchen.«
    »Bis dahin steht die Anklage gegen ihn, Sir.«
    »Echte Hoffnung oder nur Zweckoptimismus?«
    »Wenn wir ihm die Fotos vorlegen, fängt er an zu reden, da bin ich sicher.«
    »Und wenn nicht?«
    »Haben wir immer noch die Fasern, die Hansen unten beim Ersatzreifen im Kofferraum gefunden hat. Die Spezialisten arbeiten schon an einem Vergleich mit denen, die wir an Glorias Leiche gefunden haben. Außerdem analysieren sie die Flecken vom Boden im Wohnzimmer und untersuchen die Werkzeuge aus dem Keller. Da muss etwas dabei sein.«
    »Die Müllkippe ist wahrscheinlich reine Zeitverschwendung. Dieser Läufer ist bestimmt längst in der Verbrennungsanlage gelandet.«
    »Wahrscheinlich, ja. Aber ich habe trotzdem Mark Divine mal hingeschickt.«
    Skelton spielte mit dem Verschluss seines Füllers. »Hat er einen Anwalt?«
    »Der ist gerade auf der Rückfahrt von Stoke, wie ich höre. Da war ein Arnold-Bennett-Festival.«
    »Wer ist denn das?«
    Resnick war nicht sicher; er wusste von Arnold Bennett nur, dass ein äußerst wohlschmeckendes Omelette nach ihm benannt war.
    »Aber drehen Sie dieses Mal bitte vorsichtig an der Schraube, Charlie. Denken Sie daran, was gestern passiert ist.«
    »Natürlich, Sir.« Nein, dachte Resnick, er hatte Shepperd einmal falsch eingeschätzt; ein zweites Mal würde ihm das nicht passieren.
    Der Samstagmorgen sah bei Joan Shepperd immer so aus: Sie sammelte die Handtücher und Geschirrtücher ein und prüfte, welche in Bleiche eingeweicht werden mussten und welche direkt in die Waschmaschine wandern konnten; sie staubsaugte das Haus von oben bis unten und wischte Staub in umgekehrter Richtung; dann zog sie sich an und ging den Boulevard hinunter, am Jachthafen vorbei, über die Brücke zu Sainsbury; auf dem Heimweg mit ihren Einkäufen setzte sie sich auf eine Kanne Tee und ein Plundergebäck in die Homebase-Cafeteria.
    An diesem Samstagmorgen hatte sie bis um Viertel nach zehn nichts von alledem getan. Sie hatte zwar Gelegenheit gehabt, eine Tasse Tee zu trinken, Lynn Kellogg hatte gefragt, ob sie welchen machen dürfe, aber Joan hatte an ihrem nur genippt.
    »Sie müssen etwas zu sich nehmen«, sagte Lynn.
    Joan hob langsam den

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