Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
Vom Netzwerk:
steckte im Kies des Fußwegs fest, der zwischen ihrem Haus und dem hohen, mit Teeröl imprägnierten Holzzaun ihrer Nachbarn entlangführte. Den Puppenwagen sah Michael zuerst nicht, aber dann entdeckte er ihn umgekippt neben dem Garagentor.
    »Emily!«
    Er rannte fünfzig Meter in eine Richtung, fünfzig Meter in die andere, dann zurück zum Haus, suchte im Vorgarten und hinten, während er die ganze Zeit ihren Namen rief. »Emily!«
    »Michael, was ist denn los?« Lorraine stand in Pulli und Jeans an der Haustür, in der Hand das pinkfarbene Badetuch, mit dem sie sich das feuchte Haar frottierte.
    »Emily ist weg.«
    »Was?«
    »Sie ist weg, verdammt noch mal.«
    Lorraine kam heraus. »Das kann nicht sein.«
    »Ach nein? Dann sag mir doch, wo sie ist.«
    Sie durchsuchten das ganze Haus von oben bis unten, jedeseinzelne Zimmer, kamen sich gegenseitig in die Quere, während sie türein, türaus, treppauf und treppab liefen und ihre Gesichter immer blasser und angespannter wurden.
    »Schau mal.«
    »Wo?« Michael fuhr erregt herum.
    »Nein, ich meine …«
    »Ich dachte, du hättest was gesehen.«
    Lorraine schüttelte den Kopf. Sie kam zu ihm und ergriff seine Hand, doch er schüttelte sie ab. »Ich finde«, sagte sie, »wir sollten uns mal einen Moment setzen.«
    »Ich kann mich jetzt nicht setzen, verdammt noch mal!«
    »Wir müssen nachdenken.«
    »Quatsch, nachdenken. Suchen müssen wir sie da draußen.«
    »Du hast doch gesagt, das hättest du schon getan.«
    »Ja, und gefunden hab ich sie nicht, verdammt noch mal.«
    Sein Blick war gehetzt und seine Hände zitterten. Zu Lorraines Überraschung ließ er sich von ihr in die Küche ziehen, aber als sie sich einen Hocker holte und sich setzte, blieb er rastlos stehen.
    »Wir sollten eine Liste von allen Orten machen«, meinte Lorraine, »wo sie sein kann.«
    »Was für Orte?«
    »Bei Freunden. Bei Megan Patterson zum Beispiel.«
    »Das ist fast einen Kilometer entfernt.«
    »Wenn man den Schleichweg am Ende der Straße nimmt, nicht. Sie kann das leicht gelaufen sein in der Zeit, während wir oben waren.«
    »Und gevögelt haben«, sagte Michael.
    »Das hat nichts damit zu tun.«
    »Natürlich hat es etwas damit zu tun. Wenn wir nicht nach oben gegangen wären und Emily allein gelassen hätten, wäre das nicht passiert.« Er beugte sich mit wütendem Blick zu ihr hinunter. »Oder?«
    Lorraine stand auf.
    »Und wo willst du jetzt hin?«
    »Megans Mutter anrufen.«
    Val Patterson hatte Emily nicht gesehen, seit ein paar Tagen schon nicht, außerdem war Megan bei ihrer Reitstunde, ihr Vater hatte sie vor einer Stunde hingebracht. Lorraine solle es doch einmal bei Julie Neason versuchen, Emily und Kim gingen doch manchmal morgens zusammen zur Schule. Lorraine rief bei den Neasons an, aber da meldete sich niemand. Die Haustür flog krachend zu, Michael zog noch einmal los, um Emily zu suchen. Während Lorraine im Telefonbuch nachsah, hörte sie, wie der Wagen aus der Garage gefahren wurde und davonbrauste.
    In den folgenden zehn Minuten sprach Lorraine mit allen Eltern in der Gegend, die sie kannte und mit denen Emily in irgendeiner Weise Kontakt hatte. Clara Fishers Vater war vor einer halben Stunde am Haus vorbeigefahren und hatte gesehen, wie Emily ihren Puppenwagen im Vorgarten über den Rasen geschoben hatte. Nein, die genaue Zeit könne er nicht sagen, aber es sei auf jeden Fall Emily gewesen.
    »Ist Ihnen sonst jemand aufgefallen?«, fragte Lorraine. »In der Nähe vielleicht? Ein Auto?«
    »Tut mir leid«, sagte Ben Fisher. »Mir ist gar nichts aufgefallen. Aber ist ja auch kein Wunder, Sie wissen doch selbst, wie es hier sonntagnachmittags ist, so tot wie auf dem Friedhof.«
    Draußen fuhr ein Wagen vor und eine Tür knallte, dann kam Michael herein, ratlos, mit hängenden Schultern. »Und?«
    Lorraine sah weg.
    »Ich bin vier Mal die Straße rauf- und runtergefahren«, sagte Michael. »Ich habe überall zwischen der Derby Road und dem Krankenhaus geschaut und jeden gefragt, der auf der Straße war.«
    »Wir sollten noch einmal suchen«, meinte Lorraine. »Im Haus, meine ich. Richtig gründlich. In den Schränken, überall. Sie hat sich vielleicht versteckt, nur zum Spaß, und traut sich jetzt nicht mehr heraus.«
    Michael schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie einfach losmarschiert ist.«
    »Sag ich doch. Sie ist irgendwo im Haus …«
    »Sie ist mit jemandem mitgegangen«, sagte Michael.
    Obwohl er jetzt dicht neben ihr in dem mit Teppich

Weitere Kostenlose Bücher