Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)
Balance.«
»Wann wollten Sie schließen?«, fragte Millington.
Kilpatrick sah ihn erstaunt an. »So gegen halb sechs, sechs. Warum?«
»Ich denke, Sie machen heute mal eine Ausnahme.«
Kilpatrick hatte Divine den Schläger abgenommen und klopfte mit ihm jetzt leicht an sein Bein. »Es wäre nett, wenn Sie mir sagen würden, worum es geht«, sagte er.
»Wir möchten nicht, dass jemand reinplatzt und stört.«
»Wobei?«
»Oh, es geht nur um ein paar Fragen.«
»Zum Beispiel?«
»Wissen Sie was«, sagte Millington und ging zur Tür, »wir drehen das einfach um.«
»He, Moment mal, Sie können doch nicht …«
Aber der Sergeant hatte das Schild mit der Aufschrift »Geöffnet« schon auf »Geschlossen« gedreht. Divine war blitzschnell neben Kilpatrick und nahm ihm den Schläger aus der Hand.
»Hören Sie mal …« Kilpatrick drehte sich zum Verkaufstisch, sein Blick wanderte zum Telefon.
Divine bückte sich und zog den Telefonstecker aus der Wand.
»Prima«, sagte Millington. »Jetzt kann uns keiner stören.«
»Genau.« Divine lächelte. »Die Pfadfinder müssen ihre Tischtennisbälle ein andermal bestellen.«
»Das ist Schikane«, sagte Kilpatrick.
»Ach was?«, entgegnete Millington.
»Ganz gleich, was das hier soll, ich möchte meinen Anwalt anrufen.«
»Nein.« Divine stellte sich dicht vor ihn. »Das möchten Sie nicht. Nein, ganz sicher nicht.«
»Noch nicht«, fügte Millington hinzu.
»Wollen Sie sich setzen?«, fragte Divine.
»Oder stehen Sie lieber?«
»Ich sag Ihnen, was ich will, ich will endlich wissen, was diese Scheiße hier zu bedeuten hat.«
»Klar.« Millington nickte.
»Klar.« Divine nickte ebenfalls.
»Dreiundzwanzigster Februar«, sagte Millington. »Das müsste für den Anfang reichen.«
Kilpatrick wich zum Verkaufstisch zurück. Schweiß begann sich unter dem Jogginganzug zu sammeln, den er im Laden immer trug, als Reklame, weite Hose mit Zugband und eine Jacke mit Reißverschluss, silber-blau.
»Erinnern Sie sich an den Dreiundzwanzigsten?«
»Februar?«
»Der Dreiundzwanzigste.«
»In diesem Jahr?«
»Hören Sie auf, uns zu verscheißern«, riet Millington.
»Tu ich gar nicht. Ich …«
Zwei junge Asiaten rüttelten an der Tür, und Divine gab ihnen ein Zeichen, dass sie verschwinden sollten.
»Wie steht’s mit dem Dreizehnten?«
»Februar?«
»Juni.«
»Woher soll ich das wissen? Was soll die Scheiße …«
»Ruhig Blut«, warnte Millington.
»Ja, ja, der Jähzorn.« Divine feixte.
»Kommen Sie, geben Sie sich ein bisschen mehr Mühe.«
»Der dreizehnte Juni.«
»Bringt Unglück, die Dreizehn.«
»Für manche, ja.«
»Kann einem mit der Neun auch passieren.«
»Der neunte September war’s, wenn ich mich richtig erinnere.«
»Genau. September.«
»Der erste volle Monat in der neuen Spielzeit.«
»Im selben Monat ist Gloria Summers verschwunden.«
»Wer?«, fragte Kilpatrick.
»Gloria Summers.«
»Sechs Jahre alt.«
»Eben noch beim Spielen, im nächsten Moment spurlos verschwunden.«
»Sie wurde erst zwei Monate später gefunden.«
»Sie haben’s wahrscheinlich gelesen.«
»Drüben in Sneinton.«
»Auf dem alten Bahngelände.«
»Tot.«
»Es reicht.« Kilpatrick breitete die Hände aus und drängte sich zwischen ihnen hindurch, beinahe bis zur Ladentür, bevor er sich herumdrehte. »Ich weiß nicht, was hier eigentlich läuft. Sie platzen hier rein und ziehen diese Dick-und-Doof-Nummer ab. Hauen mir einen Haufen Daten hin, die mir rein gar nichts sagen, und kommen mir dann mit irgendeiner Göre, die abgemurkst worden ist. Ich möchte endlich wissen, worum es geht, und ich möchte auf der Stelle meinen Anwalt sprechen. Vorher sage ich gar nichts mehr.«
Divine warf Millington einen Blick zu. Der nickte kaum merklich, worauf Divine das Telefonkabel nahm und die Verbindung wiederherstellte. Er hob den Hörer ab und hielt ihn Kilpatrick hin.
Kilpatrick rührte sich nicht.
»Am neunten September«, sagte Millington, »wurden Sie mit Ihrem Wagen in der Gegend der Radford Road angehalten. Zwei Beamte der Sittenpolizei teilten Ihnen mit, dass sie Sie fast eine Stunde beobachtet hatten. Sie hatten in dieser Zeit mehrmals angehalten und Frauen angesprochen, die offensichtlich der Prostitution nachgingen. Sie fuhren außerdem vor einem Haus auf und ab, von dem die Beamten vermuteten, dass es als Bordell genutzt wurde. Sie wurden informiert, dass Ihre persönlichen Daten, Name, Adresse, Fahrzeugkennzeichen, gespeichert würden, und Sie
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