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Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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und er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal eine Nacht ungestört durchgeschlafen hatte. »Also lassen wir ihn laufen?«
    »Lassen Sie Millington seine Vernehmung zu Ende bringen. Vielleicht fördert er doch noch etwas zutage. Wenn ja,nehme ich gern alles zurück, was ich eben gesagt habe. Danach setzen wir ihn so schnell und so höflich wie möglich an die Luft. Hoffen wir, dass er sich nach achtundvierzig Stunden so weit beruhigt hat, dass er alle eventuellen Pläne, uns wegen Nötigung oder unberechtigter Festnahme zu verklagen, fallen lässt.«
    »Und was ist mit Millington und Divine?«
    Skelton lächelte fein. »Das überlasse ich Ihnen, Charlie. Dafür haben wir die Weisungskette. Sie wissen doch, wie das läuft.«
    Genau, dachte Resnick. Ich weiß, wie es läuft. Du schiebst Panik und machst mir die Hölle heiß, weil sich nichts tut, ich wiederum nehme mir meine Leute vor, und die rennen rum wie kopflose Hühner, weil sie ein Ergebnis erzwingen wollen. Das ist alles, was dabei herauskommt. Wenigstens würden sie jetzt, da die Befragungen aufgezeichnet wurden, nicht mehr versuchen, in Reaktion auf den Druck von oben Beweise zu manipulieren und Antworten zu fälschen.
    Er stand auf und wandte sich zur Tür.
    »Pech, dass es mit der Gegenüberstellung nicht geklappt hat«, sagte Skelton.
    »Ich bin immer noch überzeugt, dass er dort war, Sir. An dem fraglichen Nachmittag.«
    »Und wenn, Charlie? Was hat er getan? Die Kleine unter den Arm geklemmt und Fersengeld gegeben?«
    »Vielleicht.«
    »Charlie.«
    »Aber jemand hat’s getan. Es ist vielleicht nicht genau so abgelaufen, aber ähnlich. Und vergessen Sie nicht, er hatte den Wagen. Er wollte eigentlich ins Schwimmbad fahren. Hat sich’s anders überlegt und ist lieber joggen gegangen. Er muss irgendwo geparkt haben. Wenn er sie mitgenommen hat, musste er sie vielleicht gar nicht weit tragen.«
    »An einem Sonntagnachmittag, Charlie. Da sind dieLeute alle zu Hause. Sie hätte geschrien, sich gewehrt. Irgendjemand hätte sie gehört.«
    »Nicht zwangsläufig. Nicht, wenn sie ihn gekannt hat. Was beinahe mit Sicherheit der Fall war. Shepperd hat unzählige Gelegenheiten gehabt, mit ihr zu sprechen, in oder vor der Schule, im Klassenzimmer, wenn er seiner Frau geholfen hat. Was soll ihn an dem Sonntag daran gehindert haben, mit ihr zu sprechen? Beide Eltern waren im Haus, die Schlafzimmertür war geschlossen, die Vorhänge waren zugezogen. Sie hatte genug vom Alleinsein im Garten, sie langweilte sich, wie leicht hätte sie da jemand, der sie kannte, weglocken können, komm, ich zeig dir was, und sich dann Hand in Hand mit Emily Morrison davonmachen können.«
    Skelton hatte während Resnicks Ausführungen mehrmals genickt, jetzt schob er die Hände in die Hosentaschen, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schüttelte den Kopf. »Die einzige Zeugin, die wir gefunden haben, die einzige, die ihn annähernd mit dem Tatort hätte in Verbindung bringen können, hat ihn nicht identifiziert. Das heißt, wir wissen noch nicht einmal, ob er dort war.«
    »Wieso hat er gelogen und behauptet, er wäre beim Schwimmen gewesen?«
    »Wenn er gelogen hat.«
    »Da bin ich sicher.«
    »Selbst wenn wir zweifelsfrei wüssten, dass er gelogen hat und nicht im Schwimmbad war, wissen wir nicht mit Sicherheit, was er sonst getan hat. Es ist nur eine Vermutung, Ihr persönliches Bauchgefühl.«
    »Ist das nicht oft so?«
    Skelton nickte. »Stimmt. Aber ehe wir etwas unternehmen können, brauchen wir handfeste Beweise. Denn wenn Sie recht haben sollten, wollen wir ihm doch keinesfalls durch voreilige Anschuldigungen ein ähnliches Schlupfloch bieten wie Kilpatrick.«
    Resnick nickte und stand auf. »Wir ziehen die Samthandschuhe an, Sir.«
    »Das will ich hoffen.«
    Draußen im Korridor stand Suzanne Olds, die sich offenbar eine Auszeit von der Vernehmung genommen hatte, und rauchte eine Zigarette. Hellgraues Schneiderkostüm, teure Ledertasche über der Schulter, eine hochgewachsene Frau, die mit leicht spöttischem Interesse den näher kommenden Resnick beobachtete. Als Resnick mit gesenktem Kopf an ihr vorüberging, hörte er gerade noch ihre leise Bemerkung: »Wie ich höre, sind Schnellkurse zur Terrorisierung von Unschuldigen bei der Polizei wieder in.« Er drehte sich nicht um, zögerte keinen Schritt. Im Dienstraum hinterließ er Anweisung, dass Graham Millington unter keinen Umständen gehen solle, ohne vorher bei ihm vorbeizukommen. Das Wasser im Kessel war

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