Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)
wurden verwarnt. Klingelt’s jetzt?«
»Ja.«
»Und erinnern Sie sich, dass Sie am dreizehnten Juni und am dreiundzwanzigsten Februar erneut verwarnt wurden?«
»Ja.«
»Einigen Ihrer Nachbarn zufolge bekommen Sie regelmäßig Besuch von verschiedenen jungen Frauen, von denen vermutet wird, dass sie Massagen anbieten.«
»Die sollten sich lieber um ihren eigenen Mist kümmern«, knurrte Kilpatrick.
»Und Sie sollten lieber die Finger von Frauen lassen, die auf den Strich gehen.«
»Ich hab eine schlimme Zeit hinter mir. Ein ganz schlimmes Jahr. Meine Frau und ich haben uns getrennt …«
»Worauf Sie sich ein siebzehnjähriges Häschen genommen haben, das Sie nach einem Monat abserviert hat.« Divine bekam allmählich Spaß an der Sache.
»Achtzehn. Sie war achtzehn.«
Divine lachte ihm ins Gesicht. »Siebzehn Jahre, sieben Monate – und mit einem Talent dafür, jünger auszusehen. Viel jünger. Bei Bedarf.«
Kilpatrick drehte ruckartig den Kopf, aber nichts konnteDivine jetzt mehr aufhalten. Tom Haddon hatte ihn mit der Frau zusammengebracht; er hatte sie in dem Salon in der Nähe der Carlton Road befragt, wo sie in der Mittagszeit und an jedem zweiten Wochentag Wohlfühlmassagen gab.
»Als Sie sie kennengelernt haben, hat sie sich ihre Kunden in den Hotels gesucht. Eine schnelle Nummer oder einen Zehner für den Mann vom Sicherheitsdienst, und schon war sie drin und ging mit Unschuldslächeln und einer Flasche Massageöl in der Tasche in den Korridoren auf Kundenfang. Würde mich interessieren, was Sie beim ersten Mal angemacht hat, war es das Schulmädchenlächeln?«
Blitzschnell holte Kilpatrick aus, und einen Moment lang sah es so aus, als würde er Divine niederschlagen, ihm mitten in das hämisch grinsende Gesicht dreschen.
»Wollen wir Schule spielen, Kilpatrick?«, höhnte Divine.
»Hören Sie auf!«, schrie Kilpatrick. »Hören Sie sofort auf, verdammt noch mal.«
»Dunkelblaues Faltenröckchen«, stichelte Divine, »Affenschaukeln, weiße Söckchen.«
»Schwein!«
»Du bist das ungezogene kleine Schulmädchen, ich bin der Lehrer.«
Kilpatrick packte das Telefon und hielt es an seine Brust gedrückt, während er in dem Adressbuch blätterte, das aufgeschlagen auf dem Verkaufstisch lag.
Divine zwinkerte Millington zu.
»Suzanne Olds«, sprach Kilpatrick ins Telefon.
»Am neunten September«, sagte Millington, »wurden Sie auf der Suche nach käuflichem Sex von der Polizei angehalten. In der zweiten Septemberwoche. In derselben Woche wurde Gloria Summers entführt, vergewaltigt und ermordet.«
»Nein, ich will nicht ihre Sekretärin sprechen«, brüllte Kilpatrick, »ich will sie persönlich sprechen, und wenn Siesie dafür aus dem Gericht holen müssen, dann tun Sie das, und zwar schleunigst.«
Vivien Nathanson blieb ein zweites Mal vor Stephen Shepperd stehen. Der Mann, der vor beinahe einer Woche mit ihr zusammengestoßen war, hatte über die Schulter zurückgeblickt, sie hatte sein Gesicht nur – hm, wie lange? – vielleicht eine Minute gesehen. Nicht einmal. Wenn auch lange genug, um dem Polizeizeichner die Anhaltspunkte zu geben, die ihm erlaubten, die Grundzüge herauszuarbeiten. Ja, als sie die Zeichnung gesehen hatte, war sie sicher gewesen, ja, so hatte er ausgesehen, ja. Aber jetzt, in der drückenden Hitze dieses geschlossenen Raums, vor diesen acht Männern auf und ab zu gehen und sie anzuschauen, einen nach dem anderen, während die sie anschauten, einer nach dem anderen …
Sie dachte an das verschwundene Kind.
Die Fotografien, die sie gesehen hatte.
Die Ungeheuerlichkeit dessen, was da geschehen war.
Sie ging weiter bis zum Ende der Reihe, ehe sie sich abwandte; langsam ging sie auf Resnick zu und schüttelte dabei den Kopf.
»Sehen Sie den Mann, den Sie am letzten Sonntag gesehen haben, jetzt hier?«
Ein kaum wahrnehmbares Zögern, dann sagte sie: »Ich bin mir nicht sicher.«
Resnick starrte sie an, als wollte er sie beschwören, etwas anderes zu sagen.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte sie noch einmal.
Er nickte ernst. »Gut. Danke, dass Sie hergekommen sind. Constable Patel bringt Sie zurück.«
Sie zögerte, forschte in seinem Blick nach etwas anderem als Zorn und Enttäuschung.
Patel wies zur Tür.
Als diese sich hinter ihnen geschlossen hatte, trat Resnick zu Shepperd, der jetzt die Arme vor der Brust verschränkt hatte, damit sein Zittern aufhörte. »Wenn Sie über die Art und Weise, wie diese Gegenüberstellung durchgeführt wurde, etwas zu
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