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Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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Heiligenfesten.«
    Millington schüttelte bekümmert den Kopf. So lange konnte es doch noch nicht her sein, dass alle Geistlichen schwarze Anzüge und Beffchen trugen und dass man schneeweiße Turnschuhe bei Woolworth kaufte, auf die man noch etwas herausbekam, wenn man eine Pfundnote gab.
    »Nur eins ist uns nicht so ganz klar«, bemerkte Millington wie nebenbei. »Wann Sie den Wagen geholt haben.«
    Kilpatrick zuckte mit den Schultern. »Mir genauso wenig.«
    »Aber grob geschätzt?«
    »Kommt darauf an, wie lange ich geschlafen habe. Eine Stunde, vielleicht auch länger.«
    »Und wann sind Sie nach Hause gekommen? Um drei?«
    »Ungefähr, ja.«
    »Sie könnten den Wagen also schon um vier geholt haben?«
    Wieder ein Schulterzucken, Kilpatrick war jetzt abgelenkt, weil er die beiden Jungs hinten im Laden beobachtete. »Schon möglich. Ist das wichtig?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Millington. »Sie hören von uns.«
    Lynn Kellogg blieb abwartend stehen. Sie beobachtete, wie Joan Shepperd aus dem Auto stieg und es ablehnte, sich von ihrem Mann beim Tragen der Taschen und Bücher helfen zu lassen, und dass Stephen seiner Frau nachblickte, als diese zwischen Horden kreischender Kinder hindurch ins Gebäude ging. Erst nachdem er abgefahren war, trat auch Lynn ins Schulhaus.
    Joan Shepperd nahm gerade etwas aus einem Schrank, als Lynn mit dem Dienstausweis in der Hand ins Klassenzimmer kam.
    Filzstifte fielen ihr aus der Hand, als sie sich umdrehte. »Mein Mann muss heute Nachmittag doch sowieso zur Polizei.«
    »Ich weiß, Mrs Shepperd, es geht nur …«
    »Jetzt kommen gleich die Kinder.«
    »Es geht darum, dass Ihr Mann sagte, er sei am Sonntagnachmittag beim Schwimmen gewesen …«
    »Das ist wirklich nicht fair.«
    »Wir würden gern wissen, ob Sie glauben, dass er das falsch in Erinnerung hat? Vielleicht hatte er einen Grund, verwirrt zu sein?«
    Sie bückte sich, um die Stifte aufzuheben. Vor der Tür waren Stimmen zu hören und ungeduldiges Füßescharren.
    »Wenn Stephen sagt, dass er beim Schwimmen war, dann war er auch beim Schwimmen.«
    Lynn beugte sich zu ihr hinunter und drückte ihr eine Karte in die Hand. »Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, wenn Sie über irgendetwas sprechen wollen, vielleicht lieber mit mir als mit jemand anderem, erreichen Sie mich unter dieser Nummer.« Lynn richtete sich auf. »Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe, Mrs Shepperd«, sagte sie, fast an der Tür. »Vielleicht sprechen wir uns ja noch einmal.«
    Kinder drängten sich um Lynn, als sie hinausging.

36
    Das Fakultätsbüro war in einem langen niedrigen Gebäude mit schmutzigen, abgeschabten Wänden und einem schrägen Wellblechdach untergebracht; es wirkte etwa so repräsentativ wie ein umfunktionierter Kuhstall. Aber vielleicht gefiel einem das, wenn man Amerikanistik und Kanadistik unterrichtete. Ein Hauch von Gottes freier Natur und echtem Pioniergeist. Die Sekretärin schenkte Resnick ein Lächeln, das in die Weiten Saskatchewans oder Manitobas gepasst hätte, und schickte ihn wieder hinaus, durch den Flur zu einem Seminarraum am Ende des Baus. Vivien Nathanson hielt kein Seminar, jedenfalls nicht, soweit Resnick erkennen konnte. Sie saß mit ungefähr sieben Studenten, die ihre Stühle im Kreis zusammengestellt hatten, in einer Ecke. In Erwartung der Indianer. Resnick setzte sich lächelnd auf einen Stuhl in der Nähe der Tür.
    »Wenn Sie einen zentralen Text brauchen«, sagte Vivien gerade, »sind Sie mit dem McAdam, den wir uns vorhin angesehen haben, gut bedient.«
    When we met, I thought knowledge had limits, that in love We were finite beasts who shared known boundaries But watching you touch objects for which I have no desire I see a measure of longing in your eyes That forces me to say, I don’t know you yet. That forces me To say, there are places in you I may not wish to know
    »Weiß jemand, wie das weitergeht?«
    Nach allgemeinem Herumblättern und einem jähen Interesse für den Fußboden und das Schuhwerk fasste sich eine junge Frau mit weizenblondem Haar schließlich ein Herz. »Ist es die Passage über die Unendlichkeit?«
    Vivien lächelte aufmunternd.
    »Geschöpfe der Unendlichkeit?«
    »Genau.«
    In love we are beasts of infinity, crude in our longing For things that may carry us apart.
    »Das Interessante daran, oder ein interessanter Aspekt daran, ist, wie hier Verlangen und Sexualität in Relation zu Entfernung, Raum und Grenzen gesetzt werden. Darauf sollten Sie, glaube ich, bei

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