Der Kinderpapst
seinem Gegner
weichen, bis er plötzlich mit dem Rücken an einer Hauswand stand.
»Warte! Ich komme!«
Mit einem Dolch in der Hand stürzte Gregorio herbei. Doch bevor er
die Kämpfenden erreichte, hob Domenico beidhändig sein Schwert über den Kopf
und holte zu einem fürchterlichen Hieb aus.
Plötzlich sah Teofilo nur noch das gleiÃende Licht der Sonne, die
sich groà und überhell am Himmel erhob.
Mit gellendem Schrei entwich die Angst seiner Brust.
6
DrauÃen dämmerte bereits der Abend. Die Sonne war über den
Dächern Roms untergegangen und tauchte die Gassen und Plätze in tiefe Schatten.
Während aus der Ferne noch immer der Schlachtenlärm zu hören war, trat Chiara
an den Herd und zündete mit einem Holzspan ein Licht an.
»Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft«, flüsterte sie die
ersten Worte des Angelus.
Für mehr war keine Zeit. In der Werkstatt sah es aus wie in einem
Feldlager. Ãberall auf dem Boden lagen blutüberströmte Männer in zerfetzten
Kleidern. Die meisten von ihnen waren vor Schmerz und Erschöpfung in Schlaf
gesunken, andere stöhnten leise vor sich hin.
Chiara probierte einen Löffel von dem Brei, den sie für die
Nachtspeisung aufgesetzt hatte, da klopfte es an der Tür.
»Lieber Gott, bitte mach, dass sie nicht Antonio bringen!«, sagte
Anna, die gerade einem halbwüchsigen Jungen, der im Fieber jammernd nach seiner
Mutter rief, kalte Wickel machte.
»Warte! Ich schaue nach!« Chiara legte den Löffel beiseite, wischte
sich die Hände an der Schürze ab und öffnete die Tür.
»Und?«, fragte Anna und hielt den Atem an.
Chiara schüttelte den Kopf. Auf der Gasse standen zwei Soldaten, die
auf einer Bahre einen ohnmächtigen Kameraden zwischen sich trugen. Der rechte
Arm des Mannes war nur noch ein Stumpf, der bis zum Ellbogen reichte, und der
Verband war dunkelrot von Blut.
»War mal ein guter Bogenschütze«, sagte einer der beiden Soldaten.
»Können wir ihn hierlassen?«
»Natürlich! Bringt ihn rein!«
»Und wohin?«
»Da hinten ist noch ein Lager frei.«
Chiara trat beiseite und führte die Männer zu einer Nische. Seit dem
frühen Morgen klopfte es immer wieder an ihrer Tür, und immer wieder wurden
neue Verwundete gebracht. Zusammen mit Anna hatte sie so viele Strohsäcke
gefüllt, wie sie hatte auftreiben können, und diese in allen Räumen verteilt,
in der Werkstatt genauso wie im oberen Stockwerk, um eine Unterkunft für die
zahllosen Verwundeten zu schaffen. Offenbar hatte es sich herumgesprochen, dass
in dem Armenhaus jeder Mann, der in der Schlacht verletzt worden war, versorgt
wurde, gleichgültig, ob er zu den Sabinern oder zu den Tuskulanern gehörte.
»Ich hab so furchtbare Angst«, sagte Anna und wischte ihrem
Schützling den Schweià von der Stirn. »Jedes Mal, wenn es klopft und sie
jemanden bringen, denke ich, es könnte Antonio sein.«
»Mach dir keine Sorgen«, erwiderte Chiara. »Die Sabiner sind in der
Ãberzahl, deinem Mann kann gar nichts passieren.«
»Glaubst du wirklich?«
»Sonst würde ich es doch nicht sagen. â Aber schau nur! Ich glaube,
er ist eingeschlafen.«
Tatsächlich, der Junge in Annas Schoà hatte die Augen geschlossen
und atmete ganz ruhig und friedlich.
Anna strich ihm noch einmal über die Wange und verlieà sein Lager.
»Ich habe Antonio angefleht, bei mir zu bleiben. Aber er hat nicht auf mich
gehört. Er hat nur gesagt, er müsste gegen die Tuskulaner
kämpfen, wie jeder anständige Römer. Sonst würde er sich selber verachten.«
»Sei froh, dass du so einen Mann hast«, sagte Chiara. »Oder hättest
du lieber einen Feigling?«
»Wenn ich ehrlich bin â lieber einen lebendigen Feigling als einen
toten Helden.«
»Das sagst du ja nur, weil du Angst hast.«
»Meine kleine Chiara â woher nimmst du nur die Kraft? Mir rast das
Herz schon, wenn ich mir vorstelle, dass Antonio vielleicht jetzt gerade â¦Â« Sie
sprach den Satz nicht zu Ende. Durch das offene Fenster drang aus der Richtung
der Engelsburg noch immer Schlachtgeschrei. »Hast du denn überhaupt keine
Angst?«
»Nein« sagte Chiara. »Ich bin ganz sicher, dass Gott unsere Männer
beschützt.«
»Aber woher willst du das wissen?«
Chiara zuckte mit den Schultern und rückte
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