Der Kinderpapst
neunhundert
Sack Pfeffer.«
»Und was passiert, wenn Eure Karawane überfallen wird? Oder Euer
Schiff untergeht? Oder Ihr Piraten in die Hände fallt?«
»Wenn Ihr zu ängstlich für ein solches Geschäft seid â¦Â«
»Wollt Ihr mich beleidigen?«, fiel Gregorio dem Mann ins Wort. »Ich
will nur einen gerechten Anteil. SchlieÃlich würde ich mit meinem Geld das
Risiko tragen.«
»Was schlagt Ihr vor?«
»Ich gebe Euch fünfhundert Pfund Silber, und Ihr liefert tausend
Sack Pfeffer.«
Mit heimlichem Wohlgefallen betrachtete Gregorio seine Hände. Sie
waren kaum noch wiederzuerkennen. Seit es ihm gelungen war, seinen Bruder als
einen Papst vorzuführen, der Falschmünzern schonungslos das Handwerk legt,
hatte er nicht mehr an den Nägeln gekaut. So viele Jahre hatte man ihn
unterschätzt, doch jetzt hatte er allen gezeigt, wozu er fähig war. Die
öffentliche Bestrafung des Münzarbeiters hatte ihre Wirkung nicht verfehlt, die
Bauern waren wieder brav wie Lämmer und zahlten pünktlich ihre Abgaben. Doch
damit würde er sich nicht begnügen. Er wollte die Vorherrschaft der Tuskulaner
nicht nur in der Grafschaft wiederherstellen, sondern auch in Rom. Als er in
der Laterna Rossa von der Möglichkeit gehört hatte, mit Pfeffer ein Vermögen zu
verdienen, hatte er darum beschlossen, das eingenommene Geld in ein solches
Geschäft zu investieren.
»Ich mache Euch einen Gegenvorschlag«, erwiderte der Kapitän.
»Sechshundert Pfund Silber und neunhundert Sack Pfeffer, oder
neunhundertfünfzig Sack Pfeffer zu sechshundertfünfzig Pfund Silber. Sucht es
Euch aus. Ihr habt die Wahl.«
Gregorio biss sich auf die Lippen. Verflucht, welche Möglichkeit war
vorteilhafter?
»Was für eine Frage?«, sagte er, schneller als er denken konnte.
»Ich nehme natürlich neunhundert Sack Pfeffer zu sechshundert Pfund Silber. Oder
haltet Ihr mich für blöd?«
»Wie komme ich dazu?« Der Kapitän streckte ihm die Hand entgegen.
»Euer letztes Wort?«
»Mein letztes Wort!«
»Dann schlagt ein!«
Um den Abschluss des Handels zu feiern, wollten die beiden Männer
der Laterna Rossa einen Besuch abstatten. Doch sie waren gerade zur Tür hinaus,
da kam Pietro in den Hof galoppiert.
»Gute Nachricht aus Sutri!«, rief er und sprang aus dem Sattel.
»Heinrich hat Silvester ins Kloster geschickt!«
»Das heiÃt â er hat den Sabiner abgesetzt?«
»Ja! Mit einem Tritt in den Arsch!«
Gregorio konnte es kaum fassen. Was für ein Glück, dass Teofilo
nicht nach Sutri gereist war. Sonst wäre er jetzt auch seines Amtes enthoben.
»Ihr müsst ohne mich feiern«, sagte er zu dem Kapitän. »Und du«,
fügte er an seinen Bruder gewandt hinzu, »brauchst dein Pferd gar nicht erst
absatteln. Wir reiten zur Burg!«
»Bist du verrückt?«, erwiderte Pietro. »Ich hab jetzt schon einen
wunden Hintern.«
»Und wenn dein Steià blutet«, sagte Gregorio. »Wir müssen zu
Teofilo. Damit er uns keinen Strich durch die Rechnung macht.«
13
Die ganze Nacht hatte Petrus da Silva kein Auge zugetan. Kaum
hatte die Synode sich vertagt, hatte sein eiternder Zahn mit solcher Heftigkeit
zu schmerzen begonnen, dass er fast Heinrichs Barbier aus dem Schlaf geholt
hätte, um sich von den Höllenqualen befreien zu lassen. Doch was bedeutete ein
eiternder Zahn gegen das Leiden des Herrn am Kreuz? Statt für Linderung seiner
Schmerzen zu sorgen, hatte Petrus ein Pergament aufgesetzt, um die Gebetsbrüderschaft,
die der Kaiser und der Papst eingegangen waren, schriftlich zu dokumentieren.
Der Herr hatte seinen Eifer belohnt: Zur Eröffnung des zweiten Sitzungstags
unterzeichneten Heinrich und Giovanni Graziano nun den Pakt im Beisein der versammelten
Bischöfe.
Konnte es einen deutlicheren Beweis geben, dass der König in Gregor
den einzig legitimen Papst erkannte?
In einen einfachen Wollmantel gekleidet, nahm Heinrich auf dem Thron
Platz. Nachdem er festgestellt hatte, dass Benedikt immer noch nicht erschienen
war, kündigte er an, zunächst Giovanni Grazianos Fall zu prüfen. Petrus da
Silva kühlte seine Wange mit einem Zinnlöffel. Hoffentlich würde die
Verhandlung so rasch und zügig vonstatten gehen wie die Verhandlung gegen den
Sabinerbischof â nur mit umgekehrtem Ausgang.
»Heiliger Vater«, richtete der König das
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