Der Kinderpapst
Graziano. »Ich hätte
härtere Strafe verdient.«
Während er sich zum Gehen wandte, meldete sich ein Bischof zu Wort.
»Und wer ist jetzt unser Papst?«, wollte er wissen.
Heinrich zögerte nur einen Augenblick. »Teofilo di Tusculo«,
erklärte er. »Benedikt IX .«
»Das ist nicht wahr!«, rief Petrus da Silva. »Benedikt war es, der das
ganze Unheil angerichtet hat. AuÃerdem hat er sich Eurem Schiedsspruch
entzogen.«
»Ich habe die Kirchenväter studiert«, erwiderte der König. »Mir
bleibt keine andere Wahl. Durch Gregors Rücktritt von seinem Amt ist Benedikt
wieder der rechtmäÃige Papst.«
Noch während er sprach, breitete sich Unruhe in der Kathedrale aus.
Alle Würdenträger redeten durcheinander, einige protestierten sogar lauthals
gegen das Urteil.
»Soll das heiÃen«, fragte Petrus, »Ihr wollt Benedikt ungeschoren
davonkommen lassen?«
Heinrich schüttelte den Kopf. »Keineswegs, Eminenz. Wir werden alles
tun, um seiner habhaft zu werden.«
»Wie wollt Ihr das anstellen? Teofilo di Tusculo hat sich in seiner
Burg verschanzt.«
Der König hob nur eine Braue. »Wenn der Prophet nicht zum Berge kommt,
kommt der Berg zum Propheten.«
14
Wie aus Kübeln schüttete der Regen vom nächtlichen Himmel
herab, in immer neuen Böen klatschten die Tropfen Teofilo ins Gesicht, während
er in der Finsternis auf ein kleines Licht zugaloppierte, das wie ein Glühwürmchen
irgendwo in der Ferne tanzte. War das die Herberge, die der Schmied ihm beim
letzten Pferdewechsel genannt hatte? Die Nacht war so schwarz, dass er kaum die
Hand vor Augen sah und die StraÃe nur erkennen konnte, wenn ein Blitz die
Landschaft für einen Wimpernschlag aus der Dunkelheit riss.
»Brrrrr.«
Teofilo parierte sein Pferd. Offenbar hatte das Tier sich vertreten,
nur noch stolpernd kam es voran. Fluchend sprang er aus dem Sattel. Die Stute
hatte vor Schmerz ihr rechtes Vorderbein angehoben. Er brauchte ein frisches
Pferd, mit diesem Gaul kam er nicht mal mehr ins nächste Dorf! Wieder erhellte
ein Blitz die Nacht. Gott sei Dank, nur eine halbe Meile entfernt sah er die
Umrisse eines kleinen, windschiefen Hauses, das sich wie verängstigt unter dem
schweren, schwarzen Wolkengebirge am Himmel wegzuducken schien.
Teofilo schlug die Zügel über den Kopf der Stute, um das Tier den
restlichen Weg zu führen. Durchnässt bis auf die Haut erreichte er die
Herberge.
»Soll ich Euch Wein bringen, Herr?«, fragte der Wirt, als er den
Schankraum betrat. »Ich habe ein Fässchen aus Montepulciano, einen solchen Wein
habt Ihr Euer Lebtag nicht getrunken.«
»Danke«, erwiderte Teofilo. »Aber ich brauche keinen Wein, ich
brauche ein Pferd.«
»Wollt Ihr bei dem Wetter etwa weiterreiten?« Der Wirt schüttelte
den Kopf. »Wartet lieber bis morgen. Ich habe eine Kammer mit einem Daunenbett.
Für Euch ganz allein. Oder, wenn Ihr nicht alleine schlafen möchtet â¦Â« Statt
den Satz zu Ende zu sprechen, kniff er ein Auge zu. »Ganz wie es Euch beliebt.«
»Mach dir keine Mühe. Ich will nur was zu essen. Und dann sattle mir
ein Pferd, ich gebe dir meine Stute in Zahlung. Auf den Preis kommt es nicht
an.«
»Zu Diensten, Herr, zu Diensten. Allerdings, was das Pferd angeht â¦Â«
»Willst du etwa sagen, du hast keins?«
»Wie kommt Ihr darauf, Herr? Natürlich habe ich ein Reittier für
Euch, ein ganz vorzügliches sogar. Habt nur ein bisschen Geduld. Ich werde mich
kümmern.«
Der Wirt flüsterte mit dem Hausknecht und verschwand dann in die
Küche. Teofilo rieb sich die Augen. Er war müde und erschöpft, den ganzen Tag
hatte er im Sattel gesessen. Trotzdem blieb ihm keine Zeit für eine Pause. Er
musste nach Sutri, so schnell wie möglich. Das fürchterliche Schauspiel, das er
in Albano erlebt hatte, hatte ihm die Augen geöffnet. Wenn Chiara den
Peterspfennig bekommen sollte, musste er um sein Amt kämpfen.
»Na, mein SüÃer?«
Eine Hure machte sich an Teofilo heran, ein braun gelocktes Mädchen
von vielleicht fünfzehn Jahren, mit schwarz geschminkten Augen und künstlich
roten Wangen. Wieder zuckte drauÃen ein Blitz, und mit lautem Knall explodierte
der Donner.
»Bei so einem Wetter jagt man doch keinen Hund vor die Tür«,
schnurrte das Mädchen und streichelte Teofilos Wange. »Willst du
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