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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Wort an Giovanni Graziano,
»bitte schildert uns die Umstände Eurer Ernennung.«
    Gregor erhob sich von seinem Thron, und wie ein einfacher Sünder
wandte er sich zum Altar, kniete nieder und schlug das Kreuzzeichen. Dann trat
er vor den König und berichtete, die blinden Augen gen Himmel gerichtet, von
seiner Kindheit und Jugend im Schoß einer reichen Handelsfamilie, von seiner
Berufung zum Priesteramt, von seiner Gottesgefolgschaft in der Weltabgeschiedenheit
der Berge, von seinem Verzicht auf alle Nahrung außer den Gaben, die der Himmel
ihm schickte, von seinen Bädern in eisig kalten Gewässern, um sein Fleisch
gegen jedwede Versuchung abzutöten, von seinem Vorsatz, nie wieder in die Welt zurückzukehren,
bis er schließlich auf die schrecklichen Missstände zu sprechen kam, die sich
unter der Herrschaft seines Zöglings Benedikt in der Kirche und Rom
ausgebreitet hatten.
    Â»Ich habe Teofilo di Tusculo auf den Stuhl Petri erhoben. Das
Unglück, das damit begann, konnte ich nur wiedergutmachen, indem ich es auch
beendete.«
    Â»Ist das der Grund, weshalb Ihr Euch zum Papst habt wählen lassen?«,
fragte der König.
    Giovanni Graziano nickte. »Obwohl ich nie dieses Amt anstrebte,
erkannte ich darin das Kreuz, das Gott mir auferlegte, und nahm es an.«
    Â»Ein gutes und löbliches Werk, das Euch zum Heil gereichen möge.«
    Erleichtert beobachtete Petrus da Silva, mit welchem Wohlwollen
Heinrich die Aussagen Giovanni Grazianos zur Kenntnis nahm. Nein, er brauchte
sich keine Sorgen zu machen. Auch Heinrich wollte diesen Papst auf der
Cathedra, einen Papst, der lieber betete statt sich mit irdischen Dingen zu
befassen, der weder imstande war, selber Politik zu machen, noch eine Familie
im Schlepptau hatte, die das eigene Wohl über das der Kirche stellte. Außerdem
war Heinrich die zügige Krönung zum Kaiser durch einen dazu legitimierten Papst
ein ebenso dringliches Bedürfnis wie sein nächster Gang auf den Abort.
    Â»Und darum«, fuhr Giovanni Graziano fort, »war mir kein Preis zu
hoch, dieses Amt zu erwerben. Und wenn es mein Seelenheil gekostet hätte, ich
wäre bereit gewesen, es zu opfern, um das Elend, das Teofilos Pontifikat
gebracht hatte, von den Menschen abzuwenden. Was zählte im Vergleich dazu das
Geld, das mir abgefordert wurde, das Erbe meiner Familie, das Vermögen meiner
Angehörigen, die ich um Unterstützung bat …«
    Je ausführlicher er berichtete, umso mehr verdüsterte sich die Miene
des Königs. Petrus da Silva sah es mit Schrecken.
    Â»Ich denke, Seine Majestät hat Eure Beweggründe hinreichend
verstanden, Heiliger Vater«, unterbrach er die Anhörung, bevor Giovanni
Graziano sich um Kopf und Kragen redete.
    Â»Was erlaubt Ihr Euch?«, fuhr Heinrich ihn an. » Ich führe die Verhandlung! – Redet weiter«, befahl er dem Angeklagten.
    Â»Aber, wenn Majestät erlauben …«, wandte Petrus ein.
    Â»Nein!«
    Giovanni Graziano warf erst dem Kanzler, dann dem König einen
verwirrten Blick zu. Nervös kaute Petrus auf seiner Minze. War dem heiligen
Einfaltspinsel wirklich nicht bewusst, in welcher Gefahr er schwebte? Noch ein
falsches Wort, und er musste die Tiara abgeben.
    Â»Mein Erbe schien Teofilo zu gering, um mir sein Amt abzutreten«,
fuhr Givoanni Graziano fort, »er verlangte bleibende Einkünfte, eine Rente oder
Apanage, und erst, als der Kanzler ihm den englischen Peterspfennig anbot, war
er bereit, das Geschäft abzuschließen.«
    Â»Habe ich richtig gehört?«, fragte der König und hielt sich die Hand
ans Ohr. »Geschäft? Wollt Ihr damit sagen, Ihr seid auf die Cathedra gelangt,
indem Ihr das heiligste Amt der Kirche Eurem Vorgänger abgekauft habt?«
    Giovanni Graziano hob ohnmächtig die Arme. »Es war die einzige
Möglichkeit, der Herrschaft der Tuskulaner ein Ende zu setzen, und angesichts
des Elends und der Not …«
    Â»Und deshalb habt Ihr um den Heiligen Stuhl geschachert?«
    Â»Aber was sollte ich denn tun?« Endlich schien Giovanni Graziano zu
begreifen, was er angerichtet hatte, und er geriet ins Stottern. »Ich … ich
hatte keine Wahl … Ich konnte nur noch versuchen, den Teufel mit dem Beelzebub … Um wieder zur Reinheit der Kirche … zur Reinheit und Einheit zu gelangen …
zur Unschuld des Glaubens … Wenn Ihr versteht, was ich meine …« Er

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