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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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getauft und von jedem Makel gewaschen, aus Wasser und Geist wiedergeboren
und durch denselben, deinen Heiligen Geist, geheiligt, in die Arche der Kirche
Christi aufgenommen werde, damit es endlich fest sei im Glauben, freudig in
Hoffnung, fest gegründet in Liebe, um aus den Fluten dieser Welt in das Land
des ewigen Lebens zu gelangen, um dort mit dir zu sein in Ewigkeit, durch Jesum
Christum, unseren Herrn.«
    Â»Amen.«
    Als Don Abbondio an das Taufbecken trat, öffnete der Kleine blinzelnd
die Augen, zwei kugelrunde Knopfaugen, die er von seinem Vater geerbt hatte,
und begann mit dem Mündchen zu saugen. Gleich würde er anfangen zu schreien.
Chiara gab ihm ihren kleinen Finger zum Nuckeln, und im nächsten Moment war er
schon wieder eingeschlafen. Don Abbondio hielt seine braun gefleckte Hand über
das schlummernde Köpfchen.
    Â»Verleihe, oh barmherziger Vater, dass der alte Adam in ihm begraben
werde und der neue Mensch in ihm auferstehe.«
    Â»Amen.«
    Â»Verleihe, dass alles Fleischliche in ihm für immer sterbe, alles
aber, was vom Geist ist, lebe und gedeihe.«
    Â»Amen.«
    Â»Verleihe ihm Kraft und Stärke wider den Teufel, die Welt und die
Sünde zu streiten und den Sieg zu behalten.«
    Â»Amen.«
    Ein Messdiener zündete die Kerze an, die Antonio mit seiner Linken
hielt. Beim Anblick seines rechten Armstumpfs packte Chiara die Wut. Sie hatte
geahnt, dass die Messe, die Benedikt in Albano gefeiert hatte, ein Schauspiel
war, mit dem die Tuskulaner versuchten, das Volk in die Irre zu führen. Doch
sie hätte nie gedacht, dass Teofilo und seine Brüder einem Mann, der keinem
Menschen je etwas zuleide getan hatte, den Arm abhacken würden, um sich selber
in den Augen der Leute rein zu waschen. Diese Enttäuschung, dieses Verbrechen,
diesen Verrat würde sie Teofilo nie verzeihen – niemals!
    Anna schlug das Kissen, in dem ihr Kind gebettet lag, zurück und
breitete über den kleinen, nackten Leib das weiße Taufkleid aus.
    Â»Herr und Gott«, sprach Don Abbondio, »wir bitten dich, decke jetzt
und immerfort durch deine mächtige Kraft alle Gewalt und List Satans auf und
treibe sie aus vom Leib dieses Kindes, von seiner Seele und seinem Geist.
Befreie es von dem argen Feind und bewahre es vor dessen Anläufen für immer.
Reinige und heilige du jetzt das Inwendige, bekleide den Leib jetzt mit dem
glänzenden Gewand des Heils, dem Kleid der Unschuld und Gerechtigkeit, bereite
es für deine heilige Gegenwart vor und mache es zu deiner Wohnstätte auf ewig.«
    Als der Priester die Arme hob, um das Taufwasser zu segnen, öffnete
der Kleine auf dem Arm seines Großvaters erneut die Augen. Dabei schaute er so
voller Vertrauen und Zuversicht in Gott und die Welt zu ihr auf, dass Chiara
schlucken musste. Sie faltete die Hände und schickte ein stummes Gebet zum Himmel.
Wollte Gott geben, dass diese Augen nie so getäuscht würden, wie ihre Augen
getäuscht worden waren.
    Â»Gebt diesem Kind einen Namen!«, wandte Don Abbondio sich an den
ersten Paten.
    Â»Der Knabe soll Domenico heißen«, erwiderte Girardo.
    Der Priester runzelte verwundert die Stirn. »Nur diesen einen Namen?
Oder will die Mutter einen zweiten hinzufügen?«
    Chiara zögerte. Ein zweiter Name lag ihr auf der Zunge – der Name
eines Mannes, den sie noch mehr geliebt hatte als den Vater ihres Kindes, doch
dessen Liebe das Verhängnis ihres Lebens war.
    Wortlos schüttelte sie den Kopf.
    Don Abbondio breitete die Arme aus. »Ich taufe dich, Domenico, im
Namen des Vaters, und des Sohnes, und des Heiligen Geistes.«
    Während der Priester sprach, schaute Chiara in das Gesicht ihres
Sohnes. Ein warmes, inniges Gefühl durchflutete sie. Ja, der Himmel hatte ihr
dieses Kind geschenkt, und was immer noch an Liebe in ihrem Herzen war, sollte
von nun an ihm allein gehören.
    Â»Amen!«
    11
    Der 20. Dezember war ein klarer, kalter Wintertag, doch in der
Kathedrale von Sutri brannten genügend Feuer, sodass niemand zu frieren
brauchte, als unter Heinrichs Vorsitz der Prozess gegen Papst Gregor VI . sowie Silvester, den Bischof der Sabina, eröffnet
wurde. Das alte Gotteshaus, das auf den Überresten einer heidnischen
Weihestätte errichtet worden war, reichte kaum aus, um die zahlreichen
Kirchenfürsten zu fassen, die sich in seinem Innern versammelt hatten und gegen
den Rauch anhusteten. Nicht nur aus sämtlichen

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