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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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oder …«
    Â»Woher soll ich das wissen?«, fiel Chiara ihr gereizt ins Wort.
    Â»Ich meine ja nur«, sagte Anna. »Wirst du deinen Vater zur Feier
begleiten?«
    Â»Ehrlich gesagt, würde ich lieber hierbleiben und dir bei der Arbeit
helfen. Aber mein Vater will unbedingt, dass ich mitkomme. Sonst hätte er mir
nicht das Geld geliehen.«
    Sie nahm ein Tuch und trocknete ihren Sohn ab. Doch als sie die
Windel um seine Beine schlug, fing er an zu husten. Hatte er sich erkältet?
Annas seltsame Erklärungen, weshalb manche Kinder kränklich zur Welt kamen,
fielen ihr wieder ein, und obwohl sie nicht wusste, ob sie daran glauben
sollte, wurde ihr ganz mulmig zumute.
    Â»Keine Angst«, sagte Anna. »Der Husten gibt sich schon wieder.
Wahrscheinlich hat Nicchino sich nur ein bisschen beim Trinken verschluckt.«
    17
    Nur wer Herr über sich selbst ist, so hatte das Leben Petrus da
Silvas gelehrt, kann Herr über andere sein. Doch an diesem Morgen, da er vom
Lateran nach St. Peter eilte, musste er seine ganze Selbstbeherrschung
aufbieten, um nicht Opfer einer Anspannung zu werden, die stärker war als das
Verlangen nach einer Frau.
    Welches Urteil würde die Synode heute über Benedikt fällen?
    Seit der Ankunft in Rom hatte Petrus da Silva nichts anderes getan,
als die Schriften der Kirchenväter zu studieren. Der Prozess gegen einen Papst,
der trotz aller Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, immer noch als Gottes
Stellvertreter galt, warf Fragen auf, die der Menschenverstand allein nicht
beantworten konnte. Heinrich hatte sich geweigert, ein Verfahren ohne den
Angeklagten zu eröffnen, und ein Regiment Soldaten zur Tuskulanerburg geschickt,
um Benedikt aufgreifen zu lassen. Doch die Männer waren unverrichteter Dinge
zurückgekehrt, und erst, als der Kanzler in einem Gutachten dargelegt hatte,
dass über einen Angeklagten in absentia Recht
gesprochen werden dürfe, wenn dadurch nicht wieder gut zu machender Schaden von
der Kirche abgewendet werden konnte, hatte der König sich dazu bewegen lassen,
das Verfahren ohne Benedikt zu eröffnen.
    Doch die höchste Hürde, die dem Prozess gegen den Tuskulanerpapst im
Wege stand, hatte Petrus da Silva selber errichtet, indem er auf der Synode von
Sutri daran erinnert hatte, dass nur der Papst selbst über den Papst richten
durfte. Wie konnte er aus dieser Zwickmühle entkommen? Nach nächtelangem
Studium glaubte er, einen Ausweg gefunden zu haben. Doch würde der König bereit
sein, diesen Ausweg zu nutzen?
    Vor der Kapelle, in der Heinrich sich im Gebet auf die Synode
vorbereitete, hielt Petrus da Silva für einen Moment inne, bevor er den kleinen
Raum betrat, in dem der König mit gefalteten Händen vor einem Altar kniete.
    Â»Herr, gib mir die Kraft, die Wahrheit von der Lüge zu scheiden …«
    Petrus da Silva räusperte sich.
    Heinrich schaute von seiner Betbank auf. »Ist es so weit?«
    Â»Ja, Majestät. Die Bischöfe müssten inzwischen versammelt sein.«
    Â»Das meine ich nicht. Ich meine, ob Ihr eine Lösung gefunden habt.«
    Petrus nickte. »Ja. Mit der Hilfe des Heiligen Geistes.«
    Â»Das heißt – wir haben uns geirrt, und Benedikt ist gar nicht mehr
der Papst?«
    Â»Einerseits ja – andererseits nein«, erwiderte Petrus da Silva.
    Â»â€ºEure Rede sei ja ja, nein nein!‹« Heinrich schlug das Kreuzzeichen
und erhob sich. »Sprecht nicht in Rätseln, Eminenz, sondern sagt, was Ihr zu
sagen habt!«
    Â»Wie Majestät befehlen«, antwortete Petrus da Silva mit einer
Verbeugung. »Also, die Sache ist die …«
    18
    Im Galopp erreichte Teofilo die Porta Flaminia, das nördliche
Stadttor von Rom. Würde er es bis zum Petersdom schaffen, bevor die Synode ihr
Urteil sprach? Um nicht aufzufallen, mischte er sich unter eine Schar
berittener Pilger, die sich gerade vor dem Tor drängte. Zum Glück ließ man ihn
unbeachtet passieren. Er hatte viele Stunden Zeit verloren, weil der
Herbergswirt nur einen Esel als Reittier gehabt hatte und er deshalb bis zum
Morgen hatte warten müssen, um sich im nächsten Ort ein Pferd zu besorgen. Seitdem
hatte er ununterbrochen im Sattel gesessen, einen ganzen Tag und eine ganze
Nacht hindurch, und ein halbes Dutzend Pferde zuschanden geritten.
    Vereint um die Fahne des Königs, waren auf dem Vorplatz von St.
Peter Hunderte von Rittern und Knappen versammelt,

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