Der Kinderpapst
die auf das Ende der Synode
warteten. Ohne nach links und rechts zu schauen, trieb Teofilo seinen
schweiÃnassen Wallach durch die Menge. Vor dem Portal sprang er aus dem Sattel,
warf einem Reitknecht die Zügel in die Hand und eilte die Stufen hinauf. Die Soldaten,
die das Tor bewachten, erkannten ihn, wussten aber nicht, ob sie ihn einlassen
sollten. Er schob sie beiseite und drang in die Versammlung der Bischöfe ein.
Ein Raunen ging durch die Menge, als er in seinen dreckigen Kleidern
die Basilika betrat. Die meisten Gesichter kannte er â auÃer Kardinälen und
Bischöfen hatten sich auch die römischen Ständevertreter versammelt, um über
ihn zu richten. Er versuchte, sich von ihren feindseligen Blicken nicht
einschüchtern zu lassen. Mit erhobenem Kopf schritt er durch das Kirchenschiff
zum Altar, wo Heinrich auf seinem Thron der Synode vorsaÃ. Während Teofilo das
Herz bis zum Hals klopfte, wurde ein Tuscheln laut, ein aufgeregtes Wispern und
Zischeln, in das sich wütende Protestrufe mischten.
»Ruhe!«, rief Petrus da Silva, der an Heinrichs Seite saÃ. »Ru-he!«
Als Teofilo den König sah, biss er sich auf die Lippe. Heinrich
hielt ein Pergament in der Hand. Hatte er schon mit der Verkündung des Urteils
begonnen? Unbeeindruckt von der Unterbrechung, runzelte der König nur einmal
die Stirn, bevor er weitersprach.
»Darum wiederholen wir, was wir bereits in Sutri erklärt haben.
Während der gesamten Zeit des Schismas, in welcher der Bischof der Sabina sowie
Giovanni Graziano und Teofilo di Tusculo einander den Stuhl Petri streitig
gemacht haben, gab es bei genauer und gründlicher Betrachtung nur einen von
Gott und seinen irdischen Dienern eingesetzten Papst, und dieser Papst ist
Benedikt IX .«
Eine Last, so schwer wie ein Mühlstein, fiel von Teofilo ab. Gott sei
Lob und Dank! Wenn er der Papst war, brauchte er nur eine Unterschrift zu
leisten, und Chiara â¦
Während er um Fassung rang, hob Heinrich den Blick, um das Wort
direkt an ihn zu richten.
»Ja, Teofilo di Tusculo, seit Eurer Erhebung auf die Cathedra wart Ihr
das Oberhaupt der katholischen Kirche und Herrscher der Christenheit, ohne
Ausnahme und Unterbrechung. Doch diese Feststellung gilt nur bis zum jetzigen
Augenblick, in dem wir im Namen der hier versammelten Bischöfe verkünden, dass
Euer Verzicht auf das höchste Amt der Kirche, den Ihr bei der Erhebung Eures
Taufpaten Giovanni Graziano erklärt habt, heute und für alle Zeit Anerkennung
vor Gott und der Welt findet â¦Â«
»Nein!«, rief Teofilo.
»Schweigt!«, herrschte Heinrich ihn an. »Statt zu widersprechen, solltet
Ihr Euch dankbar fügen. Die Synode hat Gnade vor Recht ergehen lassen. Ihr
werdet weder aus der Gemeinschaft der Kirche ausgestoÃen, noch schickt man Euch
in die Verbannung. Das einzige, was Eure Brüder von Euch verlangen, ist, dass
Ihr schwört, die Waffen ruhen zu lassen und nie wieder nach der Tiara zu
greifen oder sonst in irgendeiner Form gegen den heutigen Beschluss
aufzubegehren.« Der König rollte das Pergament zusammen und bekreuzigte sich.
»Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.«
»Amen«, erwiderten die Bischöfe und klatschten.
Während der Beifall Teofilo in den Ohren rauschte, sah er, wie
Petrus da Silva zustimmend nickte. Im selben Moment wusste er, wer sich diese
Lösung ausgedacht hatte, und er wäre dem Kanzler am liebsten an die Gurgel
gesprungen. Denn dieses Urteil brachte ihn um die einzige Möglichkeit, Chiara
seine Liebe zu beweisen, ohne den Fluch seiner Mutter auf sie zu lenken.
»Seid Ihr bereit, Euch dem Urteilsspruch zu beugen?«, fragte
Heinrich, als der Applaus sich legte.
Teofilo zögerte. Dann hatte er eine Idee.
»Ja«, sagte er. »Doch unter einer Bedingung!«
Heinrichs Augen funkelten vor Zorn. »Ihr wagt es, Bedingungen zu
stellen? Wollt Ihr, dass ich das Urteil revidiere?«
Teofilo warf den Kopf in den Nacken. »Für meinen Eid, nie wieder
Anspruch auf den Thron zu erheben, verlange ich, dass Ihr, als König und
künftiger Kaiser, die Erfüllung des Vertrags garantiert, der zwischen Giovanni
Graziano und mir vor meinem Rücktritt abgeschlossen wurde. Gleichgültig, wen Ihr
und die Versammlung der Bischöfe als neuen Papst ernennt.«
Der König schüttelte unwillig sein schwarzes, langes Haar. »Von
welchem Vertrag sprecht
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