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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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für Verwaltung und Finanzen. Sie wird künftig über die Einhaltung
der Gesetze durch die Gerichte wachen. Und diese Gerichte werden jeden, sei er
Priester, Bischof oder Kardinal, exkommunizieren, wenn er es wagt, sich uns und
unseren Anordnungen zu widersetzen.«
    Â»Das ist unerhört!«
    Â»So etwas hat es noch nie gegeben!«
    Â»Ruhe!«
    Teofilo schlug mit der Hand auf die Armlehne seines Throns. Wieder
wurde es still im Saal. Alle Köpfe waren auf Teofilo gerichtet, Dutzende
feindlicher Blicke. Er aber fixierte nur einen einzigen Mann: Kardinal Giampini,
seinen heftigsten Widersacher, der sich inzwischen von seinem Stuhl erhoben
hatte. Wenn er Giampini bezwang, würde das Konsistorium gehorchen. Während die
Anspannung im Saal mit Händen zu greifen war, verengten Giampinis Augen sich zu
zwei Schlitzen.
    Â»Exkommunizieren!«, wiederholte Teofilo.
    Giampinis Miene rührte sich nicht.
    Â»In unserer Eigenschaft als Stellvertreter Christi!«
    Immer noch keine Reaktion.
    Â»Auf dass seine Seele ewig und für immer in der Hölle brenne!«
    Kardinal Giampinis Lider zuckten, einmal, zweimal – dann endlich
schlug er die Augen nieder und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
    Ein Raunen ging durch den Saal. Die anderen Kardinäle, die sich mit
dem Sabiner erhoben hatten, folgten zögernd seinem Beispiel. Gott hatte sein
Urteil gefällt: Benedikt war sein Stellvertreter.
    Â»Heil Euch, Benedikt!«, krächzte Kardinal Pisani, als alle Mitglieder
des Konsistoriums wieder ihre Plätze eingenommen hatten, und blähte seinen
Truthahnhals.
    Â»Heil Euch, Benedikt!«, fielen seine Kollegen ein.
    Teofilo atmete auf. Hatte der Himmel ihn erhört?
    Während der Beifall verebbte, betrat ein Offizier der päpstlichen
Leibgarde den Saal.
    Â»Was gibt es, dass Ihr es wagt, das Konsistorium zu stören?«,
herrschte Settembrini ihn an.
    Â»Eine Nachricht für Seine Heiligkeit.«
    Settembrini warf Teofilo einen fragenden Blick zu. Der winkte den
Offizier zu sich.
    Â»Rede!«
    Der Soldat beugte das Knie.
    Â»Der Mönch ist gefasst.«
    Â»Pater Anselmo?« Teofilo sprang von seinem Thron auf. »Wo ist der
Mann?«
    Â»Im Kerker.«
    Ohne die Versammlung aufzuheben, eilte Teofilo hinaus. Keine Minute
wollte er warten, um den meineidigen Mönch zur Rede zu stellen.
    Konnte er endlich seine Unschuld beweisen?
    Im Laufschritt durchquerte er das finstere Kellergewölbe. Als ein
Wachsoldat das Gittertor aufsperrte, hinter dem die Verliese lagen, kam ihm
sein neuer Verbündeter entgegen, Bonifacio di Canossa. Das Gesicht des
Markgrafen verhieß nichts Gutes.
    Â»Was ist passiert?«
    Wortlos öffnete Bonifacio die Tür einer Zelle.
    Â»Um Gottes willen!«
    Das Erste, was Teofilo sah, war das aufgerichtete Glied – groß wie
ein Pfahl ragte es unter der Kutte hervor. Erst dann erblickte er den Strick,
an dem der Mönch von der Decke baumelte. Der Kopf war abgeknickt, das Genick
gebrochen, die verdrehten Augen quollen aus ihren Höhlen. Der Tod musste erst
vor wenigen Augenblicken eingetreten sein.
    Â»Das habe ich in seinem Ärmel gefunden«, sagte Bonifacio und reichte
Teofilo einen Zettel. »Das Geständnis seines Meineids. Ihr seid von aller
Schuld befreit. Pater Anselmo und niemand sonst hat Papst Clemens vergiftet, um
Gold und Silber aus der Schlafkammer Seiner Heiligkeit zu stehlen. Er hat sich
für seine Verbrechen selbst gerichtet.«
    15
    Â»Was habe ich in Rom verloren?«, klagte Poppo. »Ich bin Bischof
in Brixen, ein einfacher und frommer Diener Gottes. Außerdem, der Baldrian, der
in den Bergen wächst – wie soll ich ohne den schlafen? Nein, mein Herz wird das
nicht verkraften.«
    Petrus da Silva vermied es für gewöhnlich, seinen Empfindungen
Ausdruck zu verleihen. Außer Gott brauchte niemand zu wissen, was in seinem
Innern vorging. Doch Bischof Poppo, den er auf Geheiß des Kaisers in die ewige
Stadt zu bringen hatte, um ihn den Römern als neuen Papst zu präsentieren,
stellte seine Selbstbeherrschung auf eine harte Probe. Kaum hatte der Schnee
auf dem Brennerpass zu tauen begonnen, hatte Petrus mit einem Esel die Alpen
überquert, um in Brixen seinen Schützling in einen Reisekarren zu laden. An
Reiten war nicht zu denken, Poppo war ein Mann von zartem Willen und noch
zarterer Konstitution. Alles war ihm zu viel: das Rumpeln des Wagens, die Kälte
am Morgen, die

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