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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Wofür würde er sich entscheiden? Für den
Glauben oder für die Macht?
    Â»Ich habe meinen Beschluss gefasst.« Mit einem Ruck drehte er sich
zu Petrus herum. »Kehrt zurück nach Rom, Eminenz. Und sagt den Römern, dass sie
einen neuen Pontifex haben.«
    Â»Und – wie lautet sein Name?«
    14
    Â»Verbum incarnatum!« , rief
Settembrini, der Zeremonienmeister des Lateranpalasts, um der
Kardinalsversammlung den Papst anzukündigen. »Das Fleisch gewordene Wort, Seine
Heiligkeit Papst Benedikt, der neunte dieses Namens!«
    Teofilo holte einmal tief Luft, bevor er den Saal betrat, in dem das
Konsistorium tagte. Er wusste, dass es trotz seiner Wahl nach wie vor heftigen
Widerstand gegen ihn gab, vor allem von Seiten der Sabiner, ja dass einige
Parteigänger der kaiserlichen Herrschaft in Rom sogar einen Brief an Heinrich
geschickt hatten, um ihn um die Ernennung eines anderen Papstes zu bitten. Doch
er war entschlossen, um die Cathedra zu kämpfen. Dieser Stuhl war sein
Schicksal. Zeit seines Lebens hatte er ihn gehasst, doch jetzt brauchte er ihn.
Bis seine Unschuld erwiesen war. Bonifacio hatte ihn überzeugt.
    Während er seinen Ornat richtete, musterte er die Gesichter der
Kirchenfürsten. Er hatte einen Pakt mit Gott geschlossen. Wenn die Cathedra ihm
ermöglichte, seine Unschuld zu beweisen, sollte seine Rückkehr auf diesen Stuhl
auch dem Glauben dienen.
    Â»Seine Heiligkeit will Euch etwas verkünden!«
    Als Settembrini beiseite trat, überkam Teofilo für einen Moment
wieder jenes Gefühl von Ohnmacht, das er als Kind angesichts der vor ihm
versammelten Kardinäle empfunden hatte. Damals waren ihm die purpurfarbenen
Roben wie das Rote Meer erschienen, und er war Moses gewesen, der sein Volk
durch die Fluten führen sollte, und hatte solche Angst gehabt, dass das Meer
ihn verschluckte … Aber dieses Gefühl währte nicht lange. Das Bewusstsein, sein
Amt in einen höheren Dienst zu stellen, gab ihm Kraft.
    Â»Da es dem Allmächtigen gefallen hat, uns wieder als seinen
Stellvertreter einzusetzen, ist es unsere Absicht, mit seiner Hilfe und nach
seinem Gesetz den Stall auszumisten, zu dem das Haus unseres Vaters, die
heilige Kirche, wie auch die Stadt Rom verkommen ist.«
    Kaum einer der Kardinäle hob den Kopf, die meisten runzelten nicht
mal die Brauen. Solche Reden hielt jeder Papst, wenn er sein Amt antrat.
    Â»Darum haben wir folgenden Beschluss gefasst«, sagte Teofilo. »Das
Stadtregiment wie auch die päpstliche Leibgarde werden ab sofort für die
Sicherheit in den Straßen sorgen. Kein Pilger, der die Heiligtümer Roms
besuchen will, soll künftig mehr um sein Leben fürchten.«
    Gleichgültiges Gemurmel war die Antwort. Kardinal Pisano, der
ehemalige Zeremonienmeister, war bereits eingeschlafen und schnarchte.
    Â»Ferner werden wir aus unserer Privatschatulle die Hospize und
Infirmarien unterstützen, damit auch mittellose Römer Hilfe erfahren, wenn sie
Hilfe brauchen.«
    Â»Habt Ihr gesagt – aus Eurer Privatschatulle?«, fragte Kardinal
Baldessarini, von dem es hieß, er habe vor lauter Geiz unlängst Kerzenstümpfe
in seinen Kirchen sammeln lassen, um die Opferkerzen für seinen erkrankten
Bruder zu sparen.
    Teofilo nickte. Ein paar behandschuhte Hände klatschten.
    Â»Bravo!«
    Â»Bravissimo!«
    Teofilo wartete, bis der fast lautlose Beifall sich legte. »Doch
schlimmer als die Wegelagerer in den Straßen, ja schlimmer noch als die
Krankheiten und Seuchen, die unsere Bevölkerung befallen, sind die Wegelagerer,
die im Schoß der Kirche selber lauern.«
    Â»Hört! Hört!«
    Â»Was wollt Ihr damit sagen?«
    Â»Ja, wen meint Ihr?«
    Teofilo räusperte sich. »Ich meine damit die falschen Diener Gottes,
die ihre Ämter missbrauchen, um im Namen des Herrn die schändlichsten
Verbrechen zu begehen.«
    Â»Solche falschen Diener gibt es nicht!«
    Â»Richtig! Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Glauben!«
    Â»Nein!«, entgegnete Teofilo, der mit solchem Widerspruch gerechnet
hatte. »Ich selber bin der Beweis. Ich hatte schon einmal dieses heilige Amt
inne, das höchste Amt, das Gott einem Menschen auf Erden geben kann. Und doch
habe ich schwere Schuld auf mich geladen.«
    Ãœberrascht von dem Eingeständnis, schauten die Kardinäle sich an.
    Â»Aber Ihr seid geläutert worden«, erwiderte zögernd ein

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