Der Kinderpapst
Ring geküsst hatte. »Ich soll an ihrer Stelle mit Euch
verhandeln.«
»Ihr? An ihrer Stelle?«
Teofilo begriff. Nein, die Strafe hörte nicht auf, seine Sünden
waren noch nicht verbüÃt.
»Sie weigert sich also, mich zu sehen?«, fragte er schlieÃlich.
»Verachtet sie mich so sehr?«
Girardo blickte zu Boden.
17
»Darf ich das Geschenk überhaupt annehmen, ehrwürdiger Vater?«,
fragte Chiara. »Fünfhundert Pfund Silber ⦠Vielleicht ist dieses Geld ja ein
Geschenk des Bösen.«
Abt Bartolomeo wiegte nachdenklich den Kopf. »Geld, meine Tochter«,
sagte er schlieÃlich, »Geld ist, an und für sich genommen, stets ein Ãbel. Denn
wer das Geld liebt, liebt die Welt statt Gott. Darum hat Jesus die Geldverleiher
aus dem Tempel verjagt. Damit das Geld nicht die Menschen von ihm abzieht und
ihre Seelen für den groÃen Widersacher gewinnt. â Doch andererseits«, Abt
Bartolomeos strich sich über seinen wohlgenährten Leib, »andererseits ist das
Geld ein Wirkstoff, der unendlich viel Gutes ermöglichen kann, darin
vergleichbar einem Gift, das einem Kranken hilft. Ohne Geld würde es weder
Kirchen noch Klöster geben, keine Kunstwerke zur Verehrung des Herrn und der
Heiligen â und auch keine Mildtätigkeit.«
Chiara wartete, ob ihr Beichtvater noch etwas hinzufügen wollte.
Doch als Bartolomeo schwieg, fragte sie: »Ihr ratet mir also zu?«
»Ja, meine Tochter. Das Geld, das Teofilo di Tusculo Euch übereignet
hat, wird in Euren Händen wirken wie die giftige Arznei in den Händen eines
kundigen Arztes.«
Chiara hörte die Worte, doch sie befreiten sie nicht. Im Gegenteil.
Statt Erleichterung empfand sie Angst.
»Dann soll ⦠dann soll ich also den Schleier nehmen und ein Kloster
gründen?«
»So soll es sein«, sagte Abt Bartolomeo. »Aber ich höre Zweifel in
Eurer Stimme. Glaubt Ihr vielleicht, die Aufgabe wäre zu groà für Euch?«
»Ich weià nicht, ehrwürdiger Vater. Es gibt so viele Fragen. Und,
Ihr habt einmal gesagt, dass mir kein Nonnenfleisch gegeben ist.«
Ihr Beichtvater schaute sie mit seinen wasserblauen Augen an. »Habt
Ihr so wenig Vertrauen in die Vorsehung?«
»In die Vorsehung schon«, flüsterte Chiara. »Aber ich weià nicht, ob
ich Vertrauen zu mir selber haben darf.«
»Ach, Chiara«, seufzte Abt Bartolomeo. »Wenn der Herr will, dass Ihr
ein Kloster gründet, wird er Euch auch die nötige Kraft dazu geben. AuÃerdem
bin ich ja auch noch da. Ich habe schon mit meinem Prior gesprochen, er wird
Euch begleiten und die komplizierten Akte erledigen, die Eingaben und Anträge,
die bei einem solchen Vorhaben erforderlich sind.«
»Was für Anträge und Eingaben?«
»Nun, Ihr müsst bestimmen, nach welcher Regel die Ordensgemeinschaft
leben soll. Dann müsst Ihr einen Ort angeben, wo Ihr das Kloster einrichten
wollt, ferner den Zweck Eurer Gemeinschaft. SchlieÃlich braucht Ihr
Unterstützung durch Glaubensschwestern, die bereits Erfahrung in der Armen- und
Krankenpflege haben. Vor allem aber braucht Ihr den Segen des Heiligen Vaters.«
»Glaubt Ihr, Teofilo â ich meine, Benedikt ⦠wird ihn mir geben?«
»Warum sollte Seine Heiligkeit ihn Euch verweigern, wenn Seine
Heiligkeit Euch doch ein solches Vermögen zugedacht hat?«
»Weil ich â¦Â« Chiara zögerte, bevor sie den Satz zu Ende sprach.
»Weil ich doch Mutter eines Kindes bin.«
Abt Bartolomeo runzelte die Brauen. »Jesus hat gesagt, âºlasset die
Kindlein zu mir kommenâ¹. Was also sollte schlecht daran sein, wenn wir seinem
Beispiel folgen? Nein, Euer Sohn ist kein Hinderungsgrund, er soll bei Euch im
Kloster sein.«
»Aber ⦠aber ist ein Kloster auch ein geeigneter Ort für mein Kind?«
»Warum nicht? Euer Kind wird in der Obhut des Herrn aufwachsen.«
»Aber mein kleiner Nicchino ist doch ein Junge. Und in dem Kloster
wird er nur von Frauen umgeben sein.«
Der Abt blickte ihr in die Augen. »Was bedrückt Euch wirklich, meine
Tochter? All die Einwände, die Ihr macht â sie haben doch einen anderen,
tieferen Grund, nicht wahr?«
Chiara spürte, wie sie unter seinem forschenden Blick errötete, und
senkte den Kopf. Ja, es gab einen Grund, der all diese Fragen und Zweifel in
ihr auslöste. Ihr Vater hatte ihr einen Brief gegeben, von
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