Der Kinderpapst
»Mein Gespräch
mit Abt Bartolomeo. In Grottaferrata.«
Statt einer Antwort senkte Domenico den Blick.
Chiara nickte. »Dann habt Ihr es also getan.«
»Was getan?«
»Mich belauscht. Und Euch dann den Verschwörern angeschlossen.«
»Den Verschwörern? Nein, wie kommt Ihr darauf?«
»Weil Ihr mir nicht in die Augen schauen könnt!«
»Wie könnt Ihr so etwas behaupten? Natürlich kann ich Euch in die
Augen schauen!«.
»Dann tut es!«
Chiara wartete, dass er den Kopf hob Sie wünschte sich ja nichts
mehr, als dass sie sich irrte!
»Bitte Domenico«, flüsterte sie. »Bitte schau mich an.« Um ihre
Worte zu verstärken, drückte sie seine Hand. »Bitte!«
Endlich hob er den Kopf. Aber als ihre Blicke sich trafen, schoss
ihm das Blut ins Gesicht und er lief dunkelrot an, wie sie selbst früher als
Kind, wenn sie bei etwas Verbotenem erwischt worden war. Nur dass Domenico kein
Kind mehr war, sondern ein Mann von zwanzig Jahren, und es jetzt um Leben und
Tod ging.
»Also doch â¦Â« MaÃlos enttäuscht, lieà sie seine Hand los. »Das ⦠das
hätte ich nie von Euch gedacht â¦Â«
»Du irrst dich!«, rief er. »Es ⦠es war alles ganz anders! Ich habe
dir die Wahrheit gesagt. Ich meine ⦠was die Verschwörung angeht. Damit habe
ich nicht das Geringste zu tun. Absolut nichts! Wirklich nicht!«
Erneut griff er nach ihrer Hand, aber sie wich vor ihm zurück, als
hätte er ein ansteckendes Fieber. Während ihr so übel wurde, dass sie sich fast
übergeben musste, machte Domenico immer wieder den Mund auf, um etwas zu sagen,
räusperte sich, setzte noch einmal an, doch ohne auch nur einen einzigen Ton
hervorzubringen.
»Habt Ihr ein so schlechtes Gewissen, dass Ihr nicht reden könnt?«,
fragte sie.
»Nein«, sagte er. »Das heiÃt, ja.« Wieder machte er eine Pause, dann
gab er sich einen Ruck. »Also gut, ich gebe es zu â ja, ich habe dich in
Grottaferrata belauscht, und du hast allen Grund, mich dafür zu verachten.
Trotzdem«, fügte er hinzu, als sie etwas erwidern wollte, »ich war an dem
Anschlag nicht beteiligt. Das musst du mir glauben! Ugolino hat den Aufstand angezettelt! Weil die Sabiner den Papst ablösen
wollen. Aber sie haben Benedikt nicht erwischt, nur Alberico. Obwohl â¦Â« Wieder
unterbrach er sich, unschlüssig, ob er weitersprechen sollte.
»Obwohl was?«, fragte Chiara.
»Ich ⦠ich bin nicht sicher, ob es wirklich Ugolino war. Es gab nur
einen Mann in der Basilika, der bewaffnet war, und das war â¦Â« Er verstummte
erneut.
»Warum schweigst du, statt den Namen zu nennen?«, fragte Chiara
verzweifelt. »Weil du Angst hast, deiner ersten Lüge eine zweite hinzufügen?«
Sie hoffte, dass er endlich etwas sagte, ihr den Namen des Mörders
und der Verschwörer nannte, um sie von ihrem fürchterlichen Verdacht zu
befreien. Doch statt zu reden, schwieg er weiter, als ob ihm die Worte im Hals
stecken bleiben würden.
Plötzlich spürte sie, wie sich in ihre Enttäuschung Wut mischte, und
ihr rebellierender Magen drehte sich vor Widerwillen um. Wie hatte sie nur
wünschen können, von diesem Mann ein Kind zu bekommen?
»Was verschweigt Ihr mir?«, fragte sie.
Wieder senkte Domenico den Blick. »Nur ein Verdacht«, sagte er. »Und
vielleicht sollte ich gar nicht mit Euch darüber reden, solange ich nicht
wirklich â¦Â«
Während er sprach, sah Chiara plötzlich das Blut an seiner Tunika,
eine dunkelrote Spur am rechten Ãrmel.
Entsetzt starrte sie auf den Fleck.
»Spart Euch Eure Lügen!«, zischte sie. »Ihr steckt mit ihnen unter
einer Decke!« Voller Verachtung schaute sie ihn an. »Wie viel haben die Sabiner
Euch dafür gegeben? So viel, wie man braucht, um eine Lustvilla zu bauen?«
5
Eine sternenklare Nacht tauchte den Wald in silbriges Licht,
als Teofilo endlich die StraÃe erreichte, auf der die Räder und Flaschen
bergauf rollten. Während er sein Pferd am langen Zügel gehen lieÃ, schaute er
zur Kuppe hinauf, ob irgendwo zwischen den Bäumen ein Licht flackerte. Er
wollte bei seinem Taufpaten Giovanni Graziano unterschlüpfen, zumindest für
diese Nacht, um dann in Erfahrung zu bringen, ob er nach Rom zurückkehren konnte,
ohne um sein Leben fürchten zu müssen.
Plötzlich schnaubte sein Pferd,
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