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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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im Sinn! Ich bin Gott
egal! Er weiß ja gar nicht, dass es mich gibt!«
    Â»Bist du wahnsinnig, so zu sprechen? Dein Pate, Giovanni Graziano –
er hat die Zeichen gedeutet!«
    Â»Und das Attentat? War das kein Zeichen? Nicht mal in meiner eigenen
Kirche bin ich sicher. Wie ein Verbrecher muss ich mich in dieser Burg
verstecken, weil unsere Feinde …«
    Mitten im Satz brach Teofilo ab. Ein Kurier hatte den Raum betreten
und sank vor ihm auf die Knie.
    Â»Was willst du?«, fragte Ermilina den Mann.
    Â»Der Kaiser hat die Alpen überquert und zieht mit seinem Heer nach
Süden«, antwortete er. »Konrad verlangt den Heiligen Vater zu sehen. Er erwartet Seine Heiligkeit in Cremona.«



VIERTES KAPITEL: 1037–39
    ERMÄCHTIGUNG
    1
    Die stolze Stadt Cremona in der norditalienischen Lombardei war
viel zu klein, um die übergroße Menschenmenge zu fassen, die herbeigeströmt
war, um dem Einzug des Kaisers beizuwohnen. Auch Teofilo, der nur mit seinem
Kanzler Petrus da Silva sowie ein paar Dutzend Soldaten und Dienern angereist
und darum schon einige Tage vor dem Herrscher eingetroffen war, erwartete
voller Anspannung Konrads Ankunft, und als die Glocken der Kirchen endlich
anfingen zu läuten, war es fast wie eine Erlösung. Aufgeregt trat er ans
Fenster des Kastells, das die Stadtoberen ihm zur Verfügung gestellt hatten,
und schaute hinaus auf die Straße. Da – da kam er geritten, der Mann, der ihn
herbeigerufen hatte! Ein bärtiger Hüne, der aussah, als wäre er mit dem Schwert
in der Hand geboren, mit wallendem, rotbraunem Haar, das bis auf die Schultern
seines glänzenden Kettenhemds herabfiel … Im Sattel eines schwarzen, mit viel
Silbergeschirr gezäumten Hengstes zog er an der Spitze eines schier
unüberschaubaren Heeres von Rittern und Knappen und Bediensteten zum Flussufer
des Po, wo zu seinem Empfang eigens Zelte und sogar ganze Häuser errichtet worden
waren, und winkte den jubelnden Menschen zu, die sich am Straßenrand die Hälse
verdrehten, um einen Blick auf ihren Kaiser zu erhaschen, oder in Trauben auf
den Mauern und in den Baumkronen hingen. Täglich, so hieß es, waren achthundert
Stück Vieh – Schafe und Schweine, Rinder und Ferkel, Hühner und Gänse und Enten – sowie je zehn Fuder Wein und Bier nötig, um den riesigen Tross zu beköstigen,
mit dem Konrad aus dem Norden über die Alpen gekommen war.
    Mit bangem Herzen sah Teofilo der Begegnung entgegen. Was würde
dieser Mann, der römische Imperator und mächtigste Herrscher der Welt, von ihm
wollen?
    Während er wie gebannt auf den nicht enden wollenden Zug der in
kostbare Gewänder gekleideten Reiter blickte, versuchte Petrus da Silva ihn ins
Bild der Ereignisse zu setzen, die nach Auffassung des Kanzlers der wahre und
eigentliche Grund für das vom Kaiser gewünschte Treffen waren: Von dem Aufstand
der Vasallen in der Lombardei und ihrer Hauptstadt … Von ihrer Empörung gegen
die Tyrannei des übermächtigen Erzbischofs Eriberto von Mailand, der ihnen
angeblich die Sicherung ihrer Besitztümer verweigerte … Von den Machtkämpfen
weltlicher und geistlicher Potentaten, die vom Kaiser irgendwelche Rechte
einforderten, um Unabhängigkeit von der Macht des tyrannischen Kirchenfürsten
zu erlangen …
    Â»Und was habe ich mit alledem zu tun?«, fragte Teofilo mit leiser
Stimme.
    Â»Das werden wir in Kürze erfahren«, erklärte der Kanzler. »Aber nun
muss ich Euch allein lassen, ewige Heiligkeit, um eine wichtige Frage, die Eure
Ehre betrifft, mit Konrads Truchsess zu klären. Wer empfängt wen – der Kaiser
den Papst, oder der Papst den Kaiser?«
    2
    Die Burg, die der Crescentiergraf seinem Sohn Domenico und
dessen Frau als eheliche Heimstatt errichtet hatte, erhob sich auf einem
Felsen, der auf drei Seiten senkrecht in die Tiefe fiel und nur von Süden her
über einen schmalen Pfad, der kaum einem Ochsenkarren Platz bot, zugänglich
war. Doch noch nie hatte Chiara diese Burg, in der sie inzwischen seit vier
Jahren lebte, als so abweisend und feindlich empfunden wie an diesem Morgen, da
zwei Mönche von Grottaferrata sie auf einem Esel hierher begleiteten, damit sie
wieder zu ihrem Ehemann fand. Sie hatte die Rückkehr so lange wie möglich
hinausgezögert, über einen Monat, und Domenico hatte sie kein einziges Mal
gedrängt. Doch bei der Beichte letzten Samstag

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