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Der Kirschbluetenmord

Der Kirschbluetenmord

Titel: Der Kirschbluetenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Bemerkungen verzichten. Er trat ein paar Schritte vor und ließ sich auf die Knie fallen, bevor die Wachtposten ihn wieder ergreifen konnten. »Vergebt mir, daß ich Euch so unerwartet zur Last falle, aber ich muß dringend etwas mit Euch besprechen, erhabener Fürst.«
    »Und was?«
    Obwohl mehrere Bäume Sano die Sicht auf die Veranda versperrten, konnte er sich sehr gut Fürst Nius verärgertes Gesicht vorstellen.
    »Ich fürchte, der Preis für meine Dienste ist gestiegen«, sagte Kirschenesser. »Vielleicht möchtet Ihr die Angelegenheit lieber drinnen im Haus besprechen, wo wir ungestört sind …?«
    Fürst Niu ging gar nicht erst auf den Vorschlag ein. »Wir hatten ein Abkommen getroffen«, erwiderte er. »Ich sehe keinen Grund, irgend etwas daran zu ändern.«
    Kirschenesser rieb sich die Hände, und ein schmeichlerisches Lächeln legte sich auf sein vom Muttermal verunziertes Gesicht. »Bedauerlicherweise hat der Tod Noriyoshis eine Änderung erforderlich gemacht.«
    Sano rechnete mit einem scharfen Protest Fürst Nius. Doch der Sohn des Daimyō schien das Interesse an weiteren Diskussionen verloren zu haben. »Also gut«, sagte er ungeduldig. »Wieviel?«
    Kirschenesser nannte eine Summe, die für Sanos Begriffe unverschämt hoch war. Übernahm der Händler die Erpresserrolle Noriyoshis, oder forderte er nur deshalb mehr Geld, weil der Tod seines Angestellten viel mehr Arbeit für ihn bedeutete?
    Doch Fürst Niu stellte diese Frage nicht; statt dessen sagte er nur: »Kommt morgen zum yashiki. Dort wird das Geld für Euch bereit liegen.« Den Trägern rief er zu: »Schafft ihn hier fort, und bringt mir seine Lieferung. Beeilt euch! Die Zeit drängt.« Damit schlug er die Tür zu.
    Sano beobachtete, wie die Träger ins Innere der Sänfte griffen. Eine Woge des Entsetzens durchflutete ihn, als sie den regungslosen Körper eines Mannes heraushoben, der in eine Decke gewickelt war. Wie wie einen Sack Mehl schleppten sie ihn zum Haus. Der Kopf des Mannes pendelte haltlos hin und her. Sano holte scharf Luft, als er die geschlossenen Augen und die bleichen Wangen sah.
    »Er ist tot!« Einer der berittenen Samurai kleidete Sanos Gedanken in Worte.
    Kirschenesser winkte ab. »Nein, nein. Er steht unter Drogen, wie der erhabene Fürst es befohlen hat. Er wird in frühestens zwei Stunden wieder aufwachen.«
    Der shunga- Händler stieg in die Sänfte. Dann steckte er den Kopf durchs Fenster und rief: »Ich glaube, zwei Stunden sind mehr als genug. Ha, ha, ha!«
    Sano verließ seinen Beobachtungsposten und kroch hastig unter den überdachten Gang, der die Verbindung zwischen dem Seitenhaus und dem shinden, dem Haupthaus, herstellte. Er mußte herausfinden, was Fürst Niu mit dem betäubten Mann anstellen wollte. Sano fragte sich aufgeregt, ob er nun dicht davor stand, eines der Geheimnisse um Fürst Niu Masahito zu lüften. Erfuhr er nun, womit Noriyoshi den Fürsten erpreßt hatte und weshalb der Künstler hatte sterben müssen? Einen Augenblick später knarrte der Holzfußboden über ihm, als die Träger mit ihrer Last darüber gingen.
    Sano folgte den Männern unterhalb des Gangs, indem er sich an den Geräuschen orientierte, die über ihm erklangen, und gelangte wieder zu dem Seitenhaus, das er vor einiger Zeit verlassen hatte. An der hinteren Ecke blieben die Träger stehen. Sano hörte den dumpfen Aufprall, als sie den Körper unsanft absetzten. Sollte er versuchen, auf den Gang hinaufzuklettern, um einen Blick ins Zimmer zu werfen?
    Nein, noch nicht: Sano sah ein Beinpaar, das in einer Hose steckte und sich dem Haus näherte. Hastig wich er in den Schatten zurück. In regelmäßigen Abständen blieb der Ankömmling stehen, steckte Fackeln in den Erdboden und zündete sie an. Kurz darauf war Sanos Versteck von einer langen Reihe tanzender Flammen umgeben, die den Weg zum Tor erhellten. Schnelle Schritte erklangen aus der Richtung, in der sich die Unterkünfte der Dienerschaft befanden. Türen wurden geöffnet und wieder geschlossen. Als Sano ein Stück nach vorn robbte, um einen Blick auf den Garten zu werfen, sah er Dienstmägde, die mit beladenen Serviertabletts die Treppe zum Haupthaus hinaufstiegen.
    Was jetzt? Fürst Niu und seine Leute mußten essen, selbstverständlich, doch die allgemeine Unrast, die plötzlich auf dem Anwesen herrschte, ließ darauf schließen, daß es mehr als nur ein bloßes Abendessen war. Fand ein Bankett statt? Sano knurrte der Magen; erst jetzt spürte er, wie hungrig er war. Er

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