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Der Kirschbluetenmord

Der Kirschbluetenmord

Titel: Der Kirschbluetenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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zur Seite schob. Er vernahm eine tiefe Männerstimme und hörte, wie Wisterie sich entschuldigte. »… unpäßlich … tut mir leid. Vielleicht morgen abend … vielen Dank.« Das Rascheln von Seide, als sie den Fremden umarmte. Wie es wohl sein würde, fragte sich Sano, wenn er sie umarmte? Er war froh, als die Tür wieder zuglitt und seine Phantasien unterbrochen wurden. Er kam aus dem Schrank hervor und sah, wie Wisterie das Geschenk ihres Kunden – einen seidenen Fächer – achtlos auf den Schminktisch warf.
    »Wer Noriyoshis Feinde waren?« nahm sie den Gesprächsfaden wieder auf, nachdem sie beide Platz genommen hatten. »Über welchen von ihnen möchtet Ihr etwas wissen? Über alle oder nur über den Schlimmsten?«
    »Fangt mit dem Schlimmsten an.«
    Wisterie runzelte die Stirn, als könnte sie sich nicht recht entscheiden, wer oben auf die Liste gehörte. »Kikunojō«, sagte sie schließlich.
     
    »Kikunojō?« erwiderte Sano erstaunt. »Doch nicht etwa der Kabuki-Schauspieler?«
    »Genau der.« Wisterie nickte.
    »Warum sollte er Noriyoshi ermordet haben?«
    Wisterie zuckte die Achseln. »Noriyoshi hat manchmal … Geld von Leuten genommen und als Gegenleistung deren Geheimnisse für sich behalten.«
    Erpressung. Das häßliche, unausgesprochene Wort stand drückend im Raum. Sano sah, wie Wisterie errötete, und ihr Atem ging heftiger. Sie tat ihm leid, daß sie die Fehler und Schwächen ihres Freundes preisgeben mußte. Doch ihr Erröten und das schnellere Atmen erinnerten ihn zugleich daran, wie eine sinnlich erregte Frau aussah. Sanos Verlangen wurde größer, zumal das Paar im Nebenzimmer sein Duett beendet hatte; statt dessen war nun ein unverkennbares, dumpfes, rhythmisches Geräusch zu vernehmen. Sano wandte den Blick ab, als Wisterie ihn flüchtig anlächelte. Vermutlich wollte sie sich mit diesem Lächeln für die eindeutigen Geräusche im Nebenzimmer entschuldigen, doch Sano schien das Lächeln zu sagen: Möchtest du nicht auch tun, was die zwei dort drüben tun?
    Um seine Verlegenheit zu überspielen, fragte er rasch: »Noriyoshi wurde also von Kikunojō für sein Schweigen bezahlt. Von wem noch?«
    »Ich weiß nur von einem einzigen weiteren Mann. Ein Sumo-Ringer. Seinen Namen kenne ich nicht.«
    Vielleicht kannte einer der anderen Freunde Noriyoshis den Namen des Ringers. »Hat Noriyoshi kurz vor seinem Tod eine große Geldsumme bekommen?« fragte Sano, als er an die Goldmünzen dachte, die er im Zimmer des Künstlers entdeckt hatte.
    Wisteries Augen trübten sich. »Kann sein. Er sagte, daß er bald genug Geld hätte, um mich aus dem Palast des Himmlischen Gartens freizukaufen und seine eigene Kunsthandlung zu eröffnen, die wir dann gemeinsam führen würden. Er hatte sich sogar schon ein Gebäude dafür ausgesucht. Ein Haus mit Zimmern im hinteren Teil, in denen wir wohnen könnten. Aber ich weiß nicht, ob er das Geld jemals bekommen hat.«
    Sano beschloß, Wisterie nichts von dem Geld zu erzählen, das Kirschenesser an sich genommen hatte. Es würde sie nur verletzen. Außerdem war die Summe, die er in Noriyoshis Zimmer entdeckt hatte, zwar beträchtlich; aber um die Pläne zu verwirklichen, die Wisterie umrissen hatte, hätte es nicht gereicht. Demnach mußte Noriyoshi noch mehr Geld erwartet haben – viel mehr. Vielleicht von Kikunojō, der ihn aus diesem Grund ermordet hatte.
    Als hätte sie Sanos Gedanken gelesen, sagte Wisterie voller Bitterkeit: »Es ist gut möglich, daß Kikunojō ihn getötet hat. Er hat damit gedroht. Und Noriyoshis andere Feinde …« Sie zählte eine lange Liste von Personen auf, sowohl Samurai als auch gemeine Bürger, denen Noriyoshi Geld geschuldet, die er beleidigt oder betrogen hatte. »Aber ich glaube nicht, daß es so schlimm war, daß einer von ihnen ihn deshalb ermordet hätte.«
    Endlich hatte Sano Informationen, die brisant genug waren, um sie Magistrat Ogyū vorzubringen. Er verbeugte sich. »Ich danke Euch, ehrenwerte Wisterie. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Noriyoshis Mörder der gerechten Strafe zuzuführen.«
    Sano stand auf, um zu gehen … und stellte fest, daß er sich keinen Schritt von Wisterie entfernen konnte. Er spürte, wie er in die dunklen Tiefen ihrer Augen gesogen wurde, wie ihre Arme sich nach ihm ausstreckten, ohne sich zu bewegen. Er blickte sie an, hilflos, voller Verlangen.
    »Wartet.« Wisterie ergriff Sano am Ärmel. »Laßt mich nicht allein.« Sie versuchte, ihn zu sich herunterzuziehen. »Bleibt

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