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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er bloß in Bali an Bord gekommen?«
    »Das wird er uns in kurzer Zeit selbst erzählen.« Hellersen schlug die Fäuste gegeneinander, was Hartmann und Losse noch nie bei ihm gesehen hatten. »Ein ›Blinder‹ … und das muß uns passieren … Fangen Sie sofort mit der Durchsuchung an.«
    Auf dem Gang, der zur Kapitänswohnung führte, blieb Hartmann nach der Verabschiedung vom Kapitän plötzlich stehen und faßte Losse am Ärmel der Uniformjacke.
    »Da paßt was nicht zueinander«, sagte er nachdenklich.
    »Was?« fragte Losse.
    »Das Verschwinden von Freß- und Eßbarem … gut! Aber was will ein blinder Passagier mit einem Damenseidenschal und warum soll er der Baronin zweimal den Liegestuhl zusammenklappen und wegtragen? Das ist doch idiotisch! Wer sich versteckt, macht doch nicht solchen Blödsinn. Ein ›Blinder‹ will unsichtbar sein. Herbert, da stimmt doch was nicht. Da ist doch keine Logik drin.«
    »Es könnte ein verrückter ›Blinder‹ sein.«
    »Dann haben wir ihn schnell.«
    »Hoffen wir es«, sagte Losse mit wenig Überzeugung. »Unsere Chance ist tatsächlich sein Durst.«
    Es zeigte sich bald, daß Skepsis angebracht war.
    Man fand den ›Blinden‹ nicht, doch überall auf dem Schiff war er spürbar.
    Zunächst aber ging ein Tag vorbei mit wolkenlosem blauem Himmel, einem azurnen Meer, brennender Sonne und schmeichelndem Wind.
    Die Passagiere lagen herum oder saßen an den Bars bei kühlenden Getränken. Auf der verglasten Veranda hatten sich Arbeitsgruppen gebildet, die unter Anleitung von Hostessen Bauernmalerei lernten, Gläserätzen, Puppenmachen oder Schnitzen. Ein Bridgeclub hatte sich gebildet und spielte stumm an neun Tischen. Um vier Uhr nachmittags knallte es an Bord: Die Tontaubenschießer waren angetreten und schossen um eine Flasche Champagner als Gewinn. Im Pool machte man Wettauchen nach blechernen Löffeln, die Tischtennisplatten waren besetzt, in der Bierbar stauten sich die Herren und sprachen über Politik, die Gewerkschaften und die Lohntarife.
    Es war rundum ein schöner Tag.
    Auch Eduard Hallinsky lag wieder in seinem Liegestuhl, ein Bier neben sich auf dem Tischchen. Um aber allen Überraschungen aus dem Weg zu gehen, hatte er eine Spezialkonstruktion erfunden. Durch den Henkel des gläsernen Seidels hatte er eine Schnur gezogen und sie an seinem Handgelenk verknotet. Damit war ausgeschaltet, daß jemand anderes als er selbst das Bierglas an den Mund setzte, wenn er im warmen Schatten ein Schläfchen hielt.
    Am Pool war gerade das Löffeltauchen beendet, der Gewinner erhielt seine Flasche Sekt – ein kleiner, weißhaariger Mann, dem niemand auch nur einen heraufgeholten Löffel zugetraut hatte und der im Privatleben mit Herr Konsul angeredet wurde –, und Chef Stewardeß Beatrice, die das Turnier geleitet hatte, ging zurück zur Decktür. Dabei kam sie auch an Hallinsky vorbei, stutzte, blieb stehen und mußte dann lachen.
    »Sie haben aber ein schönes Armband an, Herr Hallinsky. Eine neue Création von Cartier?«
    Hallinsky lächelte zurück. Beatrices Anblick erzeugte von jeher angenehme Gefühle bei den Männern. »Noch mal klaut mir keiner mein Bier!«
    »Ach! Sie waren das?« Sie zog an der Schnur, beugte sich dabei tief herunter, und Hallinsky konnte in ihren Ausschnitt sehen. Nur eine Sekunde, aber sie genügte, um festzustellen, daß Beatrice keinen BH trug. »Das kann ja nun nicht wieder vorkommen.«
    Hallinsky wölbte die Unterlippe vor, dachte an seine vier Sekretärinnen, zog den Seidel an die Lippen, nahm einen Schluck und stellte das Glas dann auf seinen Bauch.
    »Was ist hier eigentlich los, Beatrice?« fragte er. »Wie ich höre, passiert allerlei Merkwürdiges auf dem Schiff …«
    »Ich habe keine Ahnung.« Beatrice sah Hallinsky unschuldig an. »Was erzählt man denn?«
    »Die Gerüchteküche kocht über. Da soll ein blinder Passagier an Bord sein, der herumgeistert. Die Damen sind schon ganz aufgeregt, vor Neugier.« Hallinsky blickte auf sein Glas. »Der hat mir auch mein Bier ausgesoffen.«
    Es ist also durchgesickert, dachte Beatrice. Auf einem Schiff bleibt nichts verborgen. Es war ein frommer Gedanke des Kapitäns, über alles Schweigen zu breiten. Irgendeiner quatscht immer, und wenn es einer weiß, fliegt die Neuigkeit wie Staub durch die Luft.
    »Ich kann Sie beruhigen«, sagte sie mit glaubwürdiger Stimme. »Einen blinden Passagier haben wir sicherlich nicht an Bord. Aber herumgeistern – das könnte schon richtig sein.«
    Hallinsky

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