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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch, es war ein Eingeborener?«
    »Ich meine gar nichts, Herr Kapitän. Ich habe den Lumpen wie in einem Blitz gesehen. Es kann auch ein braun gebrannter Weißer sein. Nur diese Augen, sage ich Ihnen, dieser Blick, dieser Haß – das vergesse ich nie. Wegen einer dummen Apfelsine … Zu was kann dieser Mensch noch alles fähig sein!« Hallinsky sah Dr. Schmitz an: »Was sagen Sie dazu, Doktor?«
    »Ich hatte mal einen Patienten, vor dem wäre ich in der Dunkelheit weggelaufen. Und dann erzählt er mir von seinem Kaninchen, das gerade gestorben war, und er fing an, wie ein Kind zu weinen.«
    »Aber er hat Ihnen hinterher kein Matterhorn auf den Kopf verpaßt.«
    »Nein. Er hatte einen vereiterten Vierer unten links. Da ist man friedlich.«
    »Es hat keinen Sinn, mit Kölnern zu diskutieren«, sagte Hallinsky resignierend. »Wie lange muß ich hier noch liegen? Ich habe einen Mordsappetit. Außerdem bin ich mit Baronin von Sahlfelden verabredet. Ich fühle mich wieder frisch. Ich möchte hier raus.«
    »Mit einer Gehirnerschütterung bleiben Sie schön hier liegen.« Dr. Schmitz wedelte mit der Hand, was soviel hießt wie: Nichts da! Strenge Bettruhe.
    »Ich habe keine Gehirnerschütterung«, sagte Hallinsky böse. »Wie wollen Sie das feststellen?«
    Dr. Schmitz trat zwei Schritte vom Bett zurück. »Wie sehen Sie mich?« fragte er.
    »Viel zu klar.«
    »Nicht doppelt?«
    »Du lieber Himmel, bloß das nicht! Halbiert wäre mir lieber.«
    Dr. Schmitz streckte seinen Daumen in die Höhe. »Und was sehen Sie jetzt?«
    »Einen Gegenstand für einen Daumenabdruck in der Kartei: Rettet euch vor dem Arzt!« Hallinsky grinste Kapitän Hellersen an. »Gut, was?«
    »Sie können gehen.« Dr. Schmitz steckte die Hände in die Tasche seines weißen Arztkittels. »Ist Ihnen übel?«
    »Ja …«
    »Aha!«
    »Mir ist übel vor Sehnsucht. Sehnsucht nach einem Bier. Wenn ich hier weiter festgehalten werde, ist das Freiheitsberaubung mit Todesfolge.«
    »Wieso Todesfolge?«
    »Weil ich dann verdurstet bin.« Hallinsky schob sich aus dem Bett und bemerkte erst jetzt, daß er ohne Hosen, nur in Unterhosen, unter der Decke gelegen hatte. »Wer hat mir die Hosen ausgezogen? Werden Gehirnerschütterungen jetzt am Hintern abgelesen? Oder ist das eine Entdeckung der Kölner Schule? Rectaldiagnose bei Cerebralstörungen …«
    »Es bestand die Gefahr, Herr Hallinsky«, sagte Dr. Schmitz, wie es schien mit großem Ernst, »daß durch die Commotio Körperfunktionen nicht mehr unter Kontrolle standen und Sie ins Bett geschissen hätten.«
    Hallinsky holte tief Luft, starrte dann auf Hellersen und zog das Kinn an. »Muß ich mir das gefallen lassen, Herr Kapitän?« fragte er dumpf.
    »Ich habe auf die Medizin keinen Einfluß.« Hellersen und auch die anderen Herren lachten kräftig. »Hier haben wir eine peinlich genaue Einteilung. Ich regiere auf der Brücke, Dr. Schmitz im Hospital. Wenn der eine dem anderen dreinreden würde, gäbe es eine Katastrophe. Aber Sie sind ja entlassen, Herr Hallinsky. Und Bier haben wir genug an Bord, uns kann keiner trocken trinken.«
    »Die vier berühmten Ks –«, ergänzte Dr. Schmitz.
    »Wieso vier?« Hallinsky zählte an den Fingern ab. »Zwei …«
    »Keiner kann krocken krinken …« Dr. Schmitz grinste breit. »So klingt's nach 15 Bieren.«
    »Hinaus! Ich muß hier raus!« Hallinsky sprang vom Bett hoch. »Er erschlägt mich mit Kalauern. Darf ich endlich um meine Hose bitten?«
    Schwester Emmi brachte sie ihm wie auf ein Stichwort auf der Bühne. Eine gute Schwester hört und sieht alles, und Emmi war eine hervorragende Schwester. Sie hörte und sah mehr, als man annahm.
    Hallinsky schlüpfte in seine Hose, zog den Gürtel stramm und betastete zum erstenmal seine Beule. Wahrhaftig, ein mächtiges Ding.
    »Der Kerl hat eine Eisenfaust«, sagte er, fast anerkennend.
    »Könnte er nicht mit einem harten Gegenstand zugeschlagen haben?« fragte Dornburg.
    »Kaum, dann wäre ich tot.«
    »Da hat er recht.« Dr. Schmitz nahm den Eisbeutel vom Kopfkissen und warf ihn auf den Nachttisch. »So stabil ist Herrn Hallinskys Charakterkopf auch nicht.«
    Gespannt wartete jeder auf die Antwort. Aber Hallinsky enttäuschte sie. Er fragte nur ziemlich milde: »Haben Sie heute abend etwas vor, Doktor?«
    »Nein.«
    »Darf ich Sie zu einem Umtrunk einladen? Kleine Feier zum Dank dafür, daß ich nur eine Beule habe.«
    »Einladung angenommen.« Dr. Schmitz gab Hallinsky die Hand. Dabei fühlte er gleichzeitig den Puls.

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