Der Klang Deiner Gedanken
schreibt, und wie seine Briefe immer dicker werden und immer häufiger kommen.“
„Aber ... es ist nicht das, was du denkst. Wir sind Freunde, mehr nicht.“ Sie mochte ja von seiner Liebe träumen, aber mehr als ein Traum war das leider nicht.
„Ich lasse nicht zu, dass du diesem Kerl meine Firma überlässt. Oder sonst irgendjemandem außer Baxter.“
Das war also der Grund. Sie war die rechtmäßige Erbin, und wen auch immer sie heiratete ...
„Baxter Hicks ist der Einzige, dem ich meine Firma anvertraue. Er hat sich das durch seine Loyalität und harte Arbeit verdient.“
„Das verstehe ich. Wirklich. Er soll ruhig die Firma übernehmen. Aber ich werde ihn nicht heiraten.“
„Du verstehst überhaupt nichts. Baxter übernimmt die Firma, und damit basta!“ Ihr Vater knallte das Nadelkissen auf den Tisch.
Erschrocken sah Allie zu, wie er aus dem Zimmer stürmte. Noch nie hatte sie ihren Beschützer so wütend erlebt. Konnte er sie wirklich enterben? Würde er so weit gehen?
Sie rieb sich die Stirn und deckte die Nähmaschine ab. Genug für heute. Der Standpunkt ihres Vaters ließ keinen Zweifel zu. Sie konnte nicht beides gleichzeitig haben: Walt und Miller’s Kugellager . Was für eine merkwürdige Entscheidung. Auf der einen Seite ein Mann, über dessen Liebe sie nur fantasieren konnte und der sich Tausende von Meilen entfernt ständig in Lebensgefahr befand; auf der anderen Seite die Firma, die sie bislang immer sicher erben sollte. Sie hatte nie begierig darauf gewartet, aber mit Miller’s Kugellager brauchte sie sich keine Sorgen um ihr Auskommen und ihren gesellschaftlichen Stand zu machen.
Zum ersten Mal wurden Allie die Nachteile ihrer Schwärmerei bewusst. Ihre Eltern würden Walt nie als Schwiegersohn anerkennen und so lieben wie Baxter. Was für eine Zukunft wartete jenseits ihrer Fantasien mit Walt auf sie?
Allie stützte die Stirn in die Hände. Noch nie hatte sie darüber nachgedacht, wie es wäre, ein völlig anderes Leben als das ihr bekannte zu führen. Der Luxus und die ganzen Privilegien bedeuteten ihr nichts – sie könnte lernen, mit wenigem auszukommen. Aber könnte sie ein Leben in offener Rebellion gegen ihre Eltern ertragen?
Allie fröstelte. Sie liebte Walt, aber liebte sie ihn so sehr?
Kapitel 37
Thurleigh, 17. April 1943
Walt schlürfte seinen Kaffee und verzog das Gesicht. Er musste eine Tasse von diesem krümeligen Gebräu herunterbekommen, um in der Besprechung nicht einzuschlafen.
„Wie ist das Futter heute so?“ Cracker stellte gegenüber von Walt sein Tablett ab. Der Rest der Crew setzte sich dazu.
„Die Eier sind okay. Der Kaffee ist grauenvoll.“
J.P.s Oberlippe kräuselte sich skeptisch. Er traute Walts Urteil nicht.
Walt seufzte. Als Kind hatte er gern stundenlang mit Bauklötzen Türme gebaut, um sie dann mit einem Handstreich einstürzen zu lassen. Mit Vertrauen war es genauso: Es dauerte ewig, es aufzubauen. Zerstören ließ es sich im Handumdrehen.
„Hey, Preach, heute Abend ist dein großes Date, wie ich höre“, sagte Abe.
„Äh, stimmt.“ Sein Magen zog sich um das gerade gegessene Rührei zusammen. Wieso war er wegen der Verabredung noch nervöser als wegen des heutigen Einsatzes?
Louis zog ein Fläschchen Tabascosoße aus seiner Jackentasche und würzte sein Rührei. „Wo geht ihr denn hin?“
„Wahrscheinlich ins Kino.“
„Das gefällt ihr bestimmt“, sagte Cracker. „Da kann sie mit ihrem amerikanischen Offizier angeben.“
Walt stopfte sich einen Löffel Haferflocken in den Mund und gab ein grunzendes Geräusch von sich. Früher hatte er gedacht, dass nie im Leben jemals ein Mädchen mit ihm angeben wollen würde, und nun störte es ihn. Die Leute nannten sie „Walts Kleine“. Auf dem Heimweg letzten Samstag hatte sie diesen unmissverständlichen „Küss-mich“-Blick gehabt und ihm war das alles zuwider gewesen. Wenigstens blieben nur noch drei Einsätze. Dann könnte er nach Hause zurückkehren und die ganze Sache wäre sowieso beendet. Bis dahin sollte er die ungewohnte Aufmerksamkeit eigentlich genießen, aber er musste immerzu an Allie denken.
Treu und regelmäßig kamen ihre Briefe. Noch. Sie hatte inzwischen bestimmt seine letzte, dämliche Lüge gelesen. Dieser Gedanke stieß ihm noch bitterer auf als der Kaffee.
* * *
Riverside. Allie genoss die kühle Abendluft. Es war längst Zeit, wieder ins Haus zu gehen, aber sie hatte seit Ewigkeiten keinen Abend mehr mit der Familie auf der Terrasse verbracht, und
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