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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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fest umarmen, dass sie nur so dahinschmolz. Dann würde sie ihm einen sanften Kuss in die rauen Bartstoppeln auf seiner Wange geben. Er würde sich plötzlich daran erinnern, dass sie eigentlich verlobt war, zurückweichen und sie erschrocken fragen, wo Baxter sei.
    Allie lächelte. „Wir sind nicht mehr verlobt. Ich liebe Baxter nicht. Ich liebe dich.“
    Sie erschrak. Oh, das würde sie niemals über die Lippen bringen. Nicht so.
    Mit rosafarbenem Heftstich legte sie den Ärmelsaum um. Es reichte ja schon, ihm zu sagen, dass die Verlobung gelöst war. Den Rest würde er schon von allein herausbekommen. Er würde sich für sie freuen und genauso stolz auf sie sein wie Cressie und Daisy.
    Die Zeit am Bahnhof würde nicht reichen, um alles zu erklären, aber sie würden sowieso von der Familie und den Freunden auseinandergerissen und zum Haus der Novaks geschleppt werden. Den ganzen Abend würde er sie von ferne beobachten und sie würde versuchen zu ihm zu kommen, aber immer wieder würden wohlmeinende Freunde sie aufhalten. Irgendwann würde er sie sich schließlich schnappen und nach draußen führen, um unter dem Sternenhimmel spazieren zu gehen.
    Sie würden darüber reden, wie viel ihnen ihre Freundschaft inzwischen bedeutete. Sie würde ihm eine Orange pflücken und sagen, was sie alles an ihm mochte, sich um Kopf und Kragen reden und ihm schließlich ihre ganzen Gefühle gestehen. Und dann würde er sie in den Arm nehmen und küssen, richtig küssen, so wie im Film, wie zwei Verliebte.
    „Ich dachte, du wolltest hier oben nähen.“
    Allie zuckte zusammen und drehte sich um. Ihr Vater stand in der Tür. „Ich ... habe ich auch, also ... ich nähe ja noch.“ Sie griff nach dem Stoff in der Nähmaschine. Wie lange hatte sie vor sich hingeträumt?
    Vater betätigte den Lichtschalter. „Im Dunkeln?“
    „Ähm ... es ist noch hell genug hier am Fenster.“ Inzwischen mussten ihre Wangen glühen.
    „Jeden Abend gehst du nach dem Abendessen entweder hier hoch oder in die Stadt. Wie lange willst du dich noch vor deiner Familie verstecken?“
    Allie drehte sich wieder um. „Bis ihr meine Entscheidung akzeptiert.“
    „Das wird nicht geschehen.“
    „Wenn das so ist, dann bleibe ich lieber für mich.“
    Ihr Vater kam ins Nähzimmer. Seine Lippen waren nur ein Strich. „Was denkst du dir dabei? Ist das der Dank? Ich habe dir immer alles gegeben, was du wolltest. Du durftest sogar gegen den Willen deiner Mutter aufs College. Vielleicht habe ich dir einmal zu oft erlaubt, deinen Kopf durchzusetzen. Dich zu dieser Hochzeit letzten Sommer zu lassen, war jedenfalls ein Fehler. Da fingen die Probleme mit dir erst an. Du warst immer so ein vernünftiges Mädchen, und jetzt das. Ist das der Dank?“
    Allies Hände klammerten sich an den weißen Stoff und ihre Kehle schnürte sich zu. Die Enttäuschung ihrer Mutter über Allies durchschnittliches Aussehen hatte ihre Liebe stets geschmälert, aber ihr Vater war immer für sie da gewesen, war stolz auf sie gewesen und ihr Fels in der Brandung. „Es tut mir sehr leid. Aber ich kann Baxter nicht heiraten.“
    „Oh doch, du wirst. Heute in drei Monaten ist die Hochzeit und du wirst vor den Traualtar treten.“
    „Ich ... nein, das mache ich nicht.“ Allie konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken. „Ich habe dich sehr lieb, Vater, und es tut mir so weh, dich zu enttäuschen, wirklich, aber ich werde keinen Mann heiraten, den ich nicht liebe.“
    Die Miene ihres Vaters war fürchterlich streng. „Und wen liebst du dann?“
    „Wie bitte?“ Allie wurde schlagartig blass.
    Ihr Vater nahm ein Nadelkissen vom Nähtisch und betrachtete es. „Besonders gut läuft es nämlich da drüben nicht.“
    „Wo drüben?“, fragte Allie, aber sie kannte die Antwort bereits.
    „Bei jedem Einsatz büßen sie fast zehn Prozent ihrer Flugzeuge ein. Wer soll da schon fünfundzwanzig Einsätze überstehen?“
    Die Kälte in seiner Stimme traf sie wie ein Schlag ins Gesicht und passte nicht im Geringsten zu dem Bild, das sie von ihrem Vater hatte. „Wie kannst du nur so etwas Gemeines sagen? Und mir gefällt überhaupt nicht, worauf du da anspielst. Da ist nichts.“
    „Ich bin doch nicht blind. Mir hat er nichts vorgemacht, als er Baxter um die Erlaubnis gebeten hat, dir schreiben zu dürfen. Ich hätte schon damals etwas sagen sollen, aber ich habe dir vertraut. Offensichtlich ein Fehler. Ich sehe genau, was hier vor sich geht: Wie deine Augen leuchten, wenn er

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