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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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auf Walts leeren Ärmel zu starren. Zorn stieg in ihm auf. Für den Rest seines Lebens würden die Leute versuchen, ihn nicht anzustarren, und wenn er nicht hinsah, würden sie es doch tun. Auch die Prothesen, die ihm die Ärzte gezeigt hatten, würden da nicht helfen. Sie würden die Sache nur noch schlimmer machen – glänzende Metallhaken und Zangen mit Kabeln und Riemen. Als Ingenieur bewunderte er die Mechanik, aber an seinem Körper wollte er so etwas nicht haben.
    „Die Bonbons? Von wem?“, wiederholte Jack.
    „Emily. Willst du eins? Sie schmecken mir nicht.“ Übersüß wie ihr tränenreicher Besuch. Zum Glück war sie nur einmal da gewesen. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, wie wenig Zucker Emilys Familie jetzt noch geblieben war.
    „Ich hab einen Brief von ihr für dich und den Rest deiner Post.“ Jack steckte sich ein rotes Bonbon in den Mund und zog einige Briefumschläge aus seiner Jacke.
    „Danke.“ Walt legte den kleinen Stapel vor sich hin und ging ihn durch. Emily, George Anello, Grandpa Novak – Allie. Hatte sie seinen Brief noch nicht bekommen?
    „Und, was hat sie gesagt?“, fragte Jack mit dem Bonbon in der Wange. „Ich hab sie gar nicht gesehen.“
    Wie sollte er Allie denn sehen? Ach so – Emily. „Äh, keine Ahnung.“ Er öffnete ihren Brief.
    Lieber Wally,
    ich habe gehört, dass Du bald nach Hause kommst. Am liebsten würde ich natürlich mitkommen, aber mein Vater sagt, ich soll mir das aus dem Kopf schlagen. Es war eine echt tolle Zeit mit Dir, und ich werde Dich schrecklich vermissen. Vielleicht kannst Du mich ja später nachholen. Kalifornien hört sich echt toll an. Ich würde ja gern ein paar Filmstars kennenlernen.
    Walt rieb sich das Gesicht. „Dieses Mädchen macht mir Angst.“
    „Wieso? Was schreibt sie?“
    „Sie hält mich für ihre Eintrittskarte nach Hollywood.“
    Jack lachte auf. „Antioch ist gut vierhundert Meilen von Hollywood weg.“
    „Ich glaube nicht, dass sie so weit zählen kann.“
    Als Nächstes las er den Brief von George. Er hatte ihn im April geschrieben, noch vor Bremen. George erzählte von den Hügeln voller Wildblumen, von der Einrichtung des Kinderzimmers und von lustigen Streichen, die die Schüler ihrem Geschichtslehrer spielten. Kaum zu glauben, dass das Leben in den kleinen amerikanischen Städten ganz normal weiterging, während in Europa der Wahnsinn tobte.
    Walt ließ den Brief sinken. „Was gibt’s Neues aus Thurleigh?“
    „Bremen steckt uns noch in den Knochen“, sagte J.P. ernst. „Und St. Nazaire am ersten war auch nicht viel besser.“
    „Hab ich im Stars and Stripes gelesen.“ Es war komisch, von den Einsätzen erst aus zweiter Hand zu erfahren.
    „Bin mit einer anderen Crew geflogen“, erklärte J.P. „Wir hatten Sicht gleich Null. Nachdem wir das Ziel dann doch erreicht hatten, drehte unser Geschwader zu früh in Richtung England ab. Wir flogen genau über Brest und geradewegs ins Flakfeuer und die Jagdflieger hinein. Drei Flugzeuge haben wir verloren, zwei weitere waren reif für den Schrott.“
    „Aber dafür gab’s jede Menge Auszeichnungen.“ Jack aß ein grünes Bonbon und verzog angewidert das Gesicht.
    „Hast du das von Snuffy Smith aus unserem Geschwader gehört? War sein erster Einsatz im Kugelturm bei Johnson.“
    „Ja, stand in der Zeitung.“ Wegen eines Feuers im Funkerstand waren der Funker und zwei Schützen abgesprungen. Smith hatte gegen die Flammen gekämpft, die brennende Ausrüstung aus dem Flugzeug geworfen, die Geschütze im Rumpf bemannt und beim Heckschützen Erste Hilfe geleistet. „Scheint, als wollten sie ihm die Ehrenmedaille des Kongresses verleihen.“
    „Wenn der sie verdient hat, dann du auch.“
    „Quatsch.“ Wenigstens hatte Snuffy Smiths Geschichte die Reporter von Walt abgelenkt. Er machte Grandpas Brief vom 21. April auf.
    Lieber Walt,
    gestern kam Jacks Telegramm an. Deine Mom und Grandma sind ziemlich erschüttert, aber dankbar, dass Du noch lebst. Die beiden kommen schon drüber hinweg. Sind doch starke Frauen.
    Ich mache mir dagegen keine Sorgen um Dich. Du bist ein schlaues Bürschchen und hast den typischen Dickkopf der Novaks. Du kannst alles hinkriegen, was du willst. Ich habe mir inzwischen die alte Jenny mal angesehen. Ich wette, wir kriegen den Gashebel so hingebastelt, dass du mit ihr fliegen kannst. Dasselbe gilt auch für die Gangschaltung beim Auto. Aber das mit dem Auto muss bis nach dem Krieg warten. Gerade erst ist mir der letzte Reifen

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