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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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besser, wenn du nichts davon weißt. Das würde dich nur auf die Palme bringen, weil du Fusel nicht ausstehen kannst.“
    Walt ballte die Fäuste so weit, wie es die dicken Handschuhe erlaubten. „Es geht nicht um den Fusel, es geht ums Gewicht!“
    Er griff nach einem Seesack und warf ihn in den Funkerstand, damit er wenigstens durch die Tür gehen konnte. Wie viel Gewicht war das genau? Er zählte achtundvierzig Kisten. Wenn jede Kiste vierzig, fünfzig Pfund wog, machte das etwa eine Tonne Frachtgut.
    Walt watete durch die Gepäckstücke auf das linke Heckfenster zu und warf Mario Tagliaferro, der mit offenem Mund in der Tür stand, einen Seesack zu. „Ich brauche hier Hilfe“, sagte er.
    „Was soll denn das werden?“, fragte Mario.
    „Ich werfe die Ladung ab.“ Walt nahm die oberste Kiste von dem Stapel vor dem Fenster und stellte sie krachend da ab, wo er eben ein Fleckchen freigeräumt hatte. Jetzt war Platz zum Arbeiten.
    Al schob sich an Mario vorbei. „Hey, unser Reibach!“
    „Reibach? Der wird euch verdammt viel nützen, wenn wir erst auf dem Grund des Ozeans treiben.“ Er ließ eine weitere Kiste herunterkrachen und genoss das Geräusch von brechendem Glas.
    „Hör auf!“ Al beugte sich mit vor Wut gerötetem Gesicht über die Kisten. „Da steckt eine Menge Kohle drin.“
    „Pech. Dumme Geldanlage. Wäre außerdem sowieso gefroren.“ Er schob das Plexiglasfenster auf. Die eiskalte Luft fauchte herein und raubte ihm den Atem. Walt musste sich mit all seiner Kraft gegen den Sog stemmen und hievte eine Kiste durchs Fenster.
    Al griff nach seinem Ellenbogen. „Das tust du besser nicht.“
    Walt fuhr herum. Der Zorn brannte heiß in ihm. „Und ob ich das tue. Und wenn du nicht hinterherfliegen willst, dann fängst du lieber an, mir zu helfen.“
    Als Augenbraue zuckte, als versuchte er abzuschätzen, ob Walt seine Drohung wahr machen würde. Dann knurrte er und ließ ihn los. „Nur weil du nicht trinkst, heißt das noch lange nicht, dass wir keinen Spaß haben dürfen.“
    Walt stöpselte seine Sprechgarnitur neben dem Fenster ein. „Fontaine, berechne den voraussichtlichen Spritverbrauch neu mit einer Tonne Extragewicht.“ Dann zeigte er auf Al, Harry, Mario und den erschrockenen Passagier. „Und ihr – ran an die Arbeit.“
    „Ja, Sir“, erwiderte Al mit unverhohlener Feindschaft in der Stimme.
    In den nächsten Minuten warfen Walt und die Männer eine Kiste nach der anderen über Bord ins Nördliche Eismeer fünftausend Fuß unter ihnen. Trotz der Kälte war Walts Unterhemd bald durchgeschwitzt. Die Anstrengung und einige Stoßgebete ließen seine Wut langsam abklingen.
    Als der ganze Alkohol fort war, ging Walt zurück in die Pilotenkanzel. Und tatsächlich, das Höhenruder war nachjustiert worden. Das Flugzeug hatte wohl an Höhe gewonnen.
    Walt stöpselte sich wieder ein und drückte den Sprechknopf am Steuerrad. „Pilot an Navigator. Fontaine, hast du die Berechnung?“
    „Äh, ja.“
    „Und ...?“
    „Und – wir hätten es wohl nicht geschafft.“
    „Und wenn ein Motor ausgefallen wäre?“ Er warf seinem Co-Piloten einen Seitenblick zu. Cracker blickte starr geradeaus.
    „Äh, keine Chance. Definitiv nicht.“
    „Okay, dann fangt schon mal an zu beten. Betet, dass eure kleine Schnapsidee uns beim Start nicht zu viel Sprit gekostet hat. Das Wasser da unten ist verdammt kalt.“ Dass er recht behalten hatte, kühlte seinen Zorn ab. „Wenn ihr vor dem Start ehrlich zu mir gewesen wärt, hättet ihr wenigstens euer Geld zurückbekommen. Und ein paar Kisten hätte ich euch auch gelassen.“
    Er ließ es sich nicht nehmen, noch eins draufzulegen. „Unehrlichkeit hat immer ihren Preis.“

Kapitel 18
    Bedford, England
    9. September 1942
    „Wie im Märchen“, sagte Frank.
    „Ja.“ Walt schob die Hände in die Jackentaschen und blickte über die Uferböschung auf den Great Ouse. Dank Crackers dämlichem Plan waren sie mit dem letzten Tropfen Flugbenzin gelandet, aber Gott sei Dank waren sie angekommen. Walt war nun tatsächlich in England, und zwar in Bedford, wo John Bunyan während seiner Gefangenschaft Die Pilgerreise geschrieben hatte und weiße Schwäne auf dem Fluss ihre Kreise zogen.
    Die Umgebung erinnerte ihn aber nicht so sehr an ein Märchen, sondern vielmehr an die bunten Bilder im schwarzweiß karierten Buch von Mutter Gans, aus dem seine Mutter als Kind vorgelesen hatte. „Ich habe das Gefühl, gleich könnte der gestiefelte Kater um die Ecke

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