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Der Klang der Sehnsucht - Roman

Der Klang der Sehnsucht - Roman

Titel: Der Klang der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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du dir ein
Datum ausgesucht hast, kann Ashwin nach Herzenslust eine Feier planen.«
    *
    »He, Flöte, hör mal! Bestimmt traut ihr euch nicht, eine Herausforderung anzunehmen.« Nishal stand hochaufgerichtet da. Eine fettige Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht, als er seinen Schläger schwang. Seine Mannschaft hatte hinter ihm Aufstellung bezogen.
    Kalu hob den Kopf. »Was für eine Herausforderung?«, fragte er prompt. Einige der kleineren Kinder machten sich bereit, notfalls die Flucht zu ergreifen, allerdings noch im Bann der Münzen in Kalus Hand, die anteilig ihnen gehörten. Die Mädchen würdigten Nishal keines Blickes.
    »Ein Kricket-Match natürlich. Dein Team gegen meins.«
    »Wieso sind wir auf einmal   dein Team«, murmelte einer der Jungen hinter Nishal und trat nach vorn. Nishal beachtete ihn nicht. »Komm schon. Wenn ihr gewinnt, bekommt ihr den Platz. Wenn wir gewinnen, hört ihr auf zu spielen.«
    »Das müssen wir erst besprechen.« Kalu und seine Freunde gingen ans andere Ende des Feldes, wo ihre Gegner sie nicht hören konnten. Der Boden war rissig und ausgetreten, er hatte die Schlacht gegen die Elemente, die Kühe und schließlich die Kinder verloren.
    »Also, was wollt ihr tun?«, fragte Kalu.
    »Ich finde, wir sollten gegen sie spielen und sie schlagen. Und zack!« Einer der Jungen drosch einen imaginären Ball.
    »Aber das ist es ja«, sagte Lata, das Mädchen im grünen Rock. »Wir können nicht gewinnen. Die spielen doch schon viel länger als wir. Außerdem sind sie größer. Und ich will nicht schon wieder aufhören, wo es gerade anfängt, mir Spaß zu machen.« Das kleine Mädchen mit den Knopfaugen, das Latas Schatten war, nickte beifällig. Lata war ihre Stimme.
    *
    Lata war schon lange mit der kleinen Tulsi befreundet. Tulsis Großvater war einer der Dorfältesten und bis zur Ankunft des Guruji der größte Grundbesitzer in der Gegend gewesen. Auch jetzt gehörte ihm noch das meiste Land im Umkreis. Anders als der Guru spielte er eine aktive Rolle bei der Instandhaltung des Dorfes.
    Tulsis Mutter hatte einen Mann aus einer anderen Stadt geheiratet, aber sie waren häufig zu Besuch gekommen. Latas Eltern hatten für Tulsis Großeltern gearbeitet. Latas Mutter hatte auf Tulsi aufgepasst, sooft die Familie ins Dorf kam, und die beiden Mädchen hatten zusammen gespielt.
    Aber diese Tage waren nur noch eine blasse Erinnerung. Die schwärzeste aller Nächte hatte sie ihrer Wärme beraubt. Tulsi war damals vier Jahre alt gewesen.
    Sie saß mit ihren Eltern und Geschwistern in dem neuen Auto, das der ganze Stolz ihres Onkels war. Es war dunkel. Sie hörte die Lastwagen vorbeidonnern und sah den stecknadelkopfgroßen Widerschein ihrer Lichter in den Augen der Ochsen, die durch die Nacht heimwärts zockelten. Die Augen mussten ihr zugefallen sein, während die älteren Kinder Antkadi spielten: Jeder musste ein Lied singen, das mit dem Buchstaben begann, mit dem das Lied seines Vorgängers geendet hatte. Niemand wusste, dass der Fahrer, den ihr Onkel kürzlich eingestellt hatte, vierzig Stunden lang nicht geschlafen hatte, weil er nebenher Touristen chauffierte, um sich noch etwas Geld zu verdienen. Er schloss für eine Sekunde die Augen.
    Tulsi überlebte als Einzige. Sie schrie und schrie, bis sie keine Stimme mehr hatte. Ihre Großmutter erzählte ihr, die Leute, die sie aus dem Wrack zogen, hätten ihre Stimme dort vergessen. Sämtliche Vokale und Konsonanten waren heiseren, schmerzlichen Lauten gewichen. Ihre Stimme glich einem zerbrochenen Spiegel, der nur noch Fragmente der Vergangenheit reflektierte.
    Tulsi lebte nun bei ihrer Tante und deren neuem Mann in der
Stadt. Sie gingen sehr behutsam mit ihr um, wie mit einem zarten, zerbrechlichen Stück Porzellan. Doch jeder Laut, den Tulsi von sich gab, erinnerte sie daran, dass es zu spät war, Tulsi zu schützen. Alles, was von ihr übrig war, waren Tonfragmente, die wie losgelöst in der Luft hingen.
    Die Ferien verbrachte Tulsi immer bei ihren Großeltern im Dorf. Hier durfte sie den ganzen Tag lang tun, was sie wollte, auch mit den Dorfkindern herumrennen, die sie Lata zuliebe in ihren Kreis aufgenommen hatten. Sie durfte alles tun, was Farbe in ihre Wangen und Fleisch auf ihre Rippen brachte. Doch kein Wort kam über ihre Lippen.
    Tulsi trug stets einen Stift und Papier bei sich, um sich mitzuteilen, doch bei Lata war dies nicht nötig. Die beiden Mädchen hatten eine eigene Sprache entwickelt.
    *
    Mit großen Augen hörte Tulsi den

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