Der Klang der Zeit
Sportarena. Sie machte große Augen, als ich es ihr erklärte. »Ich wusste überhaupt nicht, dass du katholisch bist!«
»Ich auch nicht.«
Wir verbrachten den Vormittag mit Einkaufen in der Öffentlichkeit, ein Kompendium all meiner ganz privaten Höllen. Teresa begegnete den Schikanen auf die bewährte Weise, tat bei allem, was kein direkter Angriff war, als merke sie es nicht. »Was trägt ein Pianist heutzutage auf der Bühne? Was ist schick dieses Jahr?«
»Das hier nicht«, war alles, was ich herausbrachte.
Ihre Laune schwand zusehends. Damit wir es überhaupt bis nach Washington Heights schafften, ließ ich mich zu einem entsetzlichen braunen Zweireiher überreden, dessen einziger Daseinszweck darin bestand, mein Guthaben noch weiter zu schmälern. »Bist du sicher? Findest du ihn wirklich gut? Die Mädels werden dir zu Füßen liegen. Das kannst du mir glauben.«
Wir ließen ihn zu Änderungen im Laden, und das gab mir eine weitere Woche, in der ich vom Kauf zurücktreten konnte und nur die Anzahlung verlor. Wir nahmen den A-Train nach Norden. Teresa ließ sich an ihrer Halteschlaufe baumeln und sang mir auf der ganzen Fahrt Ellington und Strayhorn ins Ohr, wie eine unbedarfte Touristin aus der Provinz. Ich spürte das gelangweilte Grinsen sämtlicher anderer Fahrgäste und summte nur leise mit.
Seit ich zum letzten Mal da gewesen war, hatten sie Cloisters umgebaut – Steine versetzt, das Ganze verkleinert, Gewölbe und Kapitelle waren schlichter geworden. Teresa konnte es nicht glauben, als ich ihr die Geschichte dieser mittelalterlichen Jahrmarktsbude erzählte. »Du meinst, jemand ist überall rumgezogen und hat einfach Stücke von Klöstern gekauft?«
»Die Wege des weißen Mannes sind unerforschlich.«
»Joseph. So was sollst du nicht sagen.«
»Was?«
»Du weißt schon was. Wie kann man denn ein Kloster kaufen?«
»Hm. Wie verkauft man eins?«
»Ich meine, kauft man ein spanisches und bekommt ein portugiesisches zum halben Preis dazu?« Ich drückte sie, bis ihr die Puste ausging.
»Und dann wird alles wieder zusammengesetzt wie bei einem großen Puzzle? Kauf mir doch auch eins, Joseph. So hübsche Säulen. Würde sich das nicht wunderbar im Garten machen?«
»Dazu müssten wir erst mal einen Garten haben.«
»Gerne. So was wie hier. Gibst du es mir schriftlich?«
Sie war begeistert von dem Einhorn-Teppich und weinte, als sie sah, dass das Tier in seinem Garten gefangen war. » Un-corn«, sagte ich laut.
»Hm?«
»Nichts.«
Ich hatte dorthin gewollt; Teresa verstand nicht, warum diese Kunstwerke aus einer anderen Welt mir nun keine Freude machten. Ich stürmte durch die Säle, achtete noch weniger auf die Ausstellungsstücke als Jonah und ich ein Vierteljahrhundert zuvor. Ich trat in den kalten steinernen Raum, in dem wir damals das Konzert gehört hatten, und sah wieder meinen Bruder, wie er von seinem Stuhl kletterte und die hübsche Dame berührte, die gekommen war, um für uns zu singen. Aber darüber hinaus keine Botschaft. Nach einer Stunde kehrten wir in unsere eigene Zeit zurück. Teresa war glücklich; ich war wieder genauso niedergeschlagen wie zuvor bei Jonahs Brief. Er war weitergezogen, in eine andere Welt, und ich fand nicht den Schlüssel dazu.
»Komm, wir gehen zu Fuß.« Teresa nickte, ging bereitwillig auf jeden meiner Vorschläge ein. Wir spazierten durch den Fort Tryon Park. Ich hielt in der Menschenmenge Ausschau nach zwei Jungen, sieben und acht Jahre alt, aber ich sah uns nicht unter so vielen Gleichfarbigen, die allesamt Spanisch sprachen. Die ersten Dominikaner kamen und würden im Laufe des nächsten Jahrzehnts die Nordspitze der Insel neu besiedeln, so wie eine Million Puertoricaner in meiner Kindheit Brooklyn und East Harlem kolonisiert hatte. Die alten Juden waren noch da, diejenigen, die sich geweigert hatten südwärts zu ziehen, in eine Stadt voller kubanischer Flüchtlinge. Fremde, die meinen Vater gegrüßt hätten, wichen ängstlich vor mir zurück. Es stand ihnen im Gesicht geschrieben: Sie waren Vertriebene in ihrem eigenen Viertel.
»Irgendwo hier muss eine Bäckerei sein«, sagte ich zu meiner polnisch-katholischen Schickse. »Gleich um die Ecke.«
Aber ich verirrte mich. Wir suchten eine Straße nach der anderen ab, kamen an die Steinstufen – die jetzt vollkommen anders aussahen –, verfolgten unsere Schritte zurück, bis Terrie die Geduld verlor. »Warum fragst du denn nicht einfach?«
Einen Fremden ansprechen: Nie im Leben wäre ich
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