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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Muskel spürte und ihn auch stillhalten konnte.
    »Dort«, hauchte er.
    Durchs Visier erkannte sie drei oder vier Kaninchen, etwa zehn Meter entfernt, mit grauem Fell, am Wegrand. Sie hoppelten herum, hoben aber immer wieder misstrauisch schnuppernd die Nasen.
    »Warten Sie, bis sie sich mindestens fünf Meter vom Bau entfernt haben«, riet Byron flüsternd. »Und denken Sie dran, Sie wollen töten, nicht verletzen. Zielen Sie auf den Kopf.«
    Man hat nur eine Chance, hatte er einmal zu ihr gesagt.
    Das Kaninchen, das sie durch den kleinen Metallring sah, war offenbar zu dem Schluss gekommen, dass keine Gefahr drohte. Es knabberte an ein paar Grashalmen, hüpfte hinter ein Unkrautbüschel und kam wieder zum Vorschein. »Das sind keine armen, süßen Häschen«, hatte er ihr eingeschärft. »Das sind Gemüsediebe. Das ist Abendessen für Kitty und Thierry. Kaninchenbraten mit Pilzen in einer sämigen Knoblauchsoße.«
    »Machen Sie es.« Sie versuchte, ihm das Gewehr aufzudrängen, aber er wies es zurück. »Nein.«
    »Aber wenn ich es nun verletze?« Sie hatte Angst, dem Tier fürchterliche Schmerzen zuzufügen.
    Sie spürte Byron dicht hinter sich, eine tröstliche Präsenz.
Tapfer hob sie das Gewehr an die Schulter. Er roch süß und moosig, wie die Erde im Sommer. Er berührte sie nicht. »Das werden Sie nicht«, sagte er leise.
    Isabel machte ein Auge zu und schoss.
     
    Sie war lange nicht mehr in London gewesen und noch länger nicht in einem Restaurant wie diesem. Daheim waren ihre Leinenhose und die flachen Loafer elegant, hier jedoch merkte man ihr an, dass sie keine Großstädterin war. Ich sehe aus wie jemand, der sich extra stadtfein gemacht hat, dachte sie.
    »Haben Sie reserviert?«, fragte das junge Mädchen am Empfang gelangweilt und schaute sie unter ihrem präzise geschnittenen Pony hervor hochmütig an.
    »Ich werde erwartet«, antwortete Laura.
    Das Restaurant war voller Männer in dunklen Anzügen, die sich monochrom vor den grauen Granitwänden abhoben.
    »Der Name?«, wollte das Mädchen wissen.
    Laura zögerte, als wäre die laute Nennung des Namens eine Art Beweis, den man ihr zur Last legen könnte.
    »Trent. Nicholas Trent.«
    Wie er sich gefreut hatte, von ihr zu hören! Geradezu rührend. Und wie glücklich er über ihren spontanen London-Besuch war, wie eifrig er ihr sogleich versichert hatte, sich an dem Tag für sie Zeit nehmen zu wollen.
    »Aber müssen Sie nicht arbeiten?«, hatte sie gefragt und vergebens überlegt, was er noch mal von Beruf machte.
    »Ach, ich habe gerade gekündigt«, hatte er fröhlich versichert, »ich kann so lange Mittagspause machen, wie ich will. Was sollen sie machen? Mich feuern?«
    Das Mädchen kam hinter der Theke hervor und stakste forschen Schritts davon. Verunsichert folgte ihr Laura. In London schienen alle so jung zu sein, dachte sie, so schick und modisch. Obwohl sie sich besondere Mühe mit ihrem Äußeren, ihrem Haar gegeben hatte, fühlte sie sich in so einer
Umgebung fast alt. Überhaupt war ihr derzeit jedes Gefühl dafür abhandengekommen, wie sie wohl auf andere wirken mochte. Nicht alt, aber auch nicht mehr jung. Geliebt, ungeliebt. Begehrenswert, nicht mehr begehrenswert. Laura holte tief Luft, hielt sie bei seinem Anblick einen Augenblick in der Lunge fest. Er erhob sich, als er sie sah, und auf seinem Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus.
    In dieser Umgebung wirkte er attraktiv, als gehöre er hierher. Mehr als das, er wirkte munterer, weniger gedrückt. Vielleicht sogar jünger. Aber vielleicht bildete sie sich das ja bloß ein. Im Vergleich zur überwältigenden Präsenz ihres Mannes wirkten alle Männer irgendwie blass.
    »Sie sind gekommen«, sagte er und ergriff ihre Hand.
    »Ja«, antwortete sie. Sie wusste, dass dieses Ja viel mehr bedeutete, dass es einer Einwilligung gleichkam, mit ihm zu schlafen. Das Überschreiten einer Grenze. Das Rührende an ihm war, dass er dies gar nicht so aufzufassen schien; er schien nichts an ihr für selbstverständlich zu halten.
    »Ich war nicht sicher. Ich dachte, ich hätte letztes Mal vielleicht …«
    »Er liebt mich nicht mehr«, erklärte sie, sobald sie sich gesetzt hatte. Diesen Satz hatte sie im Geiste so oft geübt, dass es nun klang, als würde es ihr nichts weiter ausmachen. »Ich habe ihn telefonieren gehört. Ich weiß jetzt, wer es ist. So«, sagte sie mit dieser fremden, spröden, gespielt munteren Stimme, »ich kann jetzt also tun, was ich will.«
    Ihr Blick

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