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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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dem Schließen der Pubs nicht gleich nach Hause gekommen war. Sie haderte mit sich. Sollte sie sich wieder mit ihm versöhnen? In einem raren Anfall von Reue rief sie im Long Whistle an. Eine junge Frau ging ran.
    »War Matt McCarthy heute Abend im Pub?«
    Fast hätte sie hinzugefügt: »Ich bin seine Frau«, wollte aber nicht wie das nudelholzschwingende, böse Eheweib dastehen. »Ich hab noch zwei Stunden Ausgang«, hatte er gesagt, als wäre sie seine Gefängniswärterin.
    Eine kurze Pause. Laura hielt dies für Gastwirtsdiplomatie.
    »Ja«, gestand das Mädchen dann, »aber jetzt ist er nicht mehr da.«
    Zehn Minuten später hörte sie das Knirschen von Autoreifen auf dem Kies der Auffahrt. Sie wusste nicht, ob sie erleichtert sein sollte, weil er nur im Pub gewesen und dann hierher zurückgekommen war, oder sich ärgern, weil er nicht gleich raufkam. Sie hätte allerdings nicht gewusst, wie sie hätte reagieren sollen, wenn er raufgekommen wäre. Zurzeit wusste sie so gut wie gar nichts mehr. Sie musste an Nicholas denken und daran, wie er ihre Hand berührt hatte, als er sagte, er hielte ihren Mann für einen Narren. Sie war ganz verlegen geworden und hatte ihre Hand weggezogen. Sie hatte ihm ihre intimsten Ehegeheimnisse anvertraut. War das nicht auch eine Art Ehebruch? Eine Untreue? Wie Nicholas sie angesehen hatte, so intensiv. Sie wusste, dass sie nur mit dem Finger hätte winken müssen. Nein, sie mochte ihm ja zu viel verraten haben, mehr aber hatte sie nicht getan.

    Der Zettel mit seiner Telefonnummer steckte in ihrer Gartenhose. Sie würde ihn wegwerfen, nahm sie sich vor. Obwohl das ihre Ehe auch nicht leichter machen würde, denn Matt wüsste ja gar nichts von ihrem Opfer. Er fauchte sie immer nur an, ging ins Pub und kam betrunken wieder heim.
    Laura setzte sich im Bett auf, vergrub den Kopf in den Händen. Wie verfahren alles war. Sie musste etwas unternehmen. Was hatte ihre Freundin noch gesagt? Willst du recht haben, oder willst du glücklich sein? Sie würde sich entschuldigen. Sie würde versuchen, von vorne anzufangen.
    Doch gerade als sie die Schlafzimmertür aufmachte und zu ihm runtergehen wollte, hörte sie, dass er telefonierte. Sicher mit seinem Handy, da das Telefon neben ihrem Bett nicht geklickt hatte. Schweigend trat sie auf den Gang hinaus, vergrub ihre Zehen im dicken beigen Teppich.
    »Ich bin’s«, drang Matts Stimme zu ihr herauf. »Ich muss dir was sagen. Komm, nimm ab. Mir ist grade was klargeworden.« Er hielt inne, und sie lauschte angestrengt, konnte aber nicht hören, ob am anderen Ende der Leitung jemand antwortete. »Du musst abheben«, drängte er, »bitte, heb ab … Hör zu, du musst wissen, was ich fühle. Alles, was wir in dieser Nacht gesagt haben – das war alles ein blöder Fehler. Weil ich weiß, was dich wirklich stört. Es ist Laura. Du bist nicht so … du bist nicht so eine. Aber das hab ich auch nie geglaubt, hörst du? Du bist keine für eine Nacht … Wir könnten glücklich werden, du und ich, zusammen, in dem Haus. Es gibt nur dich, Isabel, nur dich …«
    Lauras Welt stürzte zusammen. Einen Moment lang fürchtete sie sogar, ohnmächtig zu werden.
    »Also ruf mich bitte an«, drang die Stimme ihres Mannes schleppend und nuschelnd zu ihr herauf. »Ich werde, wenn’s sein muss, die ganze Nacht neben dem Telefon sitzen und auf deinen Anruf warten. Aber ich weiß …«
    Er schien eingenickt zu sein. Laura McCarthy ging wie in
einem Traum ins Schlafzimmer zurück und machte die Tür hinter sich zu. Sie schlüpfte aus ihrem Morgenmantel und legte ihn säuberlich zusammengefaltet ans Fußende des Betts, trat ans Fenster und schob die Vorhänge zurück. Das Spanische Haus war gerade noch zwischen den Bäumen erkennbar. Ein einziges Licht brannte irgendwo im ersten Stock. Wenn sie sich anstrengte, konnte sie leise Geigenmusik hören. Sirenengesang, dachte sie, und ein Stich durchfuhr sie so heftig, dass sie es kaum ertragen konnte. Sirenengesang.

SIEBZEHN
    S ie hätte das zwar nie offen zugegeben, aber ihr kam der Wald um das Spanische Haus herum ein wenig vor wie das Meer. Auch der Wald hatte seine Stimmungen, konnte mal so, mal so sein, bedrohlich wirken, einschüchternd oder einfach wunderschön und erholsam. Ihr war mit der Zeit klargeworden, dass der Wald ihre Stimmungen reflektierte. Nachts, wenn sie auf dem Tiefpunkt war, wirkte er schwarz und bedrohlich, voller unbekannter Gefahren, voll versteckter Bosheit. Wenn dagegen ihre Kinder lachend und

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