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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Fenster. Ihr war das überhaupt nicht aufgefallen, aber er war ihr deswegen nicht böse. Sie verstand eben nichts von Häusern, von Architektur. So wie er nichts von Musik verstand. Man weiß eben instinktiv, was passt und was nicht. Er hörte etwas im Gang, eine Bewegung und ging zur Tür. Aber dort sah er zu seiner Enttäuschung, dass sie seinen Tee einfach draußen hingestellt hatte. Er hatte halb gehofft, sie würde reinkommen und sich ansehen, was er gemacht hatte, vielleicht mit ihm reden, ihn loben. Er hätte ihr gerne erklärt, wie wichtig es war, dass die Schlüsselelemente eines Raums miteinander kommunizierten. Das konnten sich die meisten Leute nämlich nicht vorstellen, dass sich ein einfacher Handwerker über solche Dinge Gedanken machte.
    Aber sie muss ja arbeiten, sagte er sich. Sie muss sich um ihre Musik kümmern. Vielleicht war’s ja besser so. Er nahm einen tiefen Schluck heißen, süßen Tee. Sie lenkte ihn zu sehr ab. Mit Isabel im Haus war er nicht sicher, wann er fertig werden würde. Tatsächlich hatte er das Gefühl, mit Isabel im Haus nie wieder arbeiten zu wollen.

     
    Isabel stand in der Küche und hörte Matt oben herumhämmern. Endlich einmal tat er das, was er versprochen hatte. Und er wirkte wieder ein wenig ruhiger. Kitty würde jubeln, wenn sie sah, dass das Bad endlich fertig war. Warum also fühlte sie sich so unwohl?
    Weil du seit Wochen nicht mehr richtig gespielt hast, sagte sie sich. Spielpausen machten sie immer nervös. Und es war leicht, in so einem abgelegenen Grundstück, einem so großen, leeren Haus Wahnvorstellungen zu kriegen. Kein Verkehrslärm, keine zuschlagenden Türen, keine Menschen, die einen wieder auf die Erde zurückholten.
    Sie würde sich auf das Scherzo konzentrieren, und bis sie es richtig hinbekommen hatte, wäre Matt mit seiner Arbeit fertig und könnte für immer aus ihrem Leben verschwinden. Dann wäre er nur mehr ein entfernter Nachbar, den man grüßte, wenn man sich über den Weg lief, und vielleicht mal um Hilfe bat, wenn es etwas zu reparieren gab.
     
    Matt hatte die Arbeiten am Bad kurz beiseitegelegt, um das Loch in der Wand von Thierrys Zimmer zuzugipsen. Nun strich er mit den Fingerspitzen über die rosa Oberfläche, um sich zu vergewissern, dass es keine Unebenheiten gab. Der Putz war kühl wie Alabaster. Thierrys Sachen, Kleidung, Spielzeug, lagen überall im Zimmer verstreut, als hätte ein Wirbelsturm gewütet. Legosteine schauten aus Schlafanzughosen hervor. Unterhosen und Socken lagen auf dem Boden herum, in den Ecken Bücher mit Eselsohren.
    Das erinnerte ihn an Anthony, als der noch ein kleiner Junge gewesen war. Er hatte ihm damals ein prächtiges Parkhaus aus Holz gebaut, mit einem richtigen Aufzug und kleinen Pollern zur Markierung der Parkplätze. Aber Anthony hatte sich geweigert, damit zu spielen, wollte lieber Lehm oder Plastilinfiguren formen. Laura meinte, das habe »erzieherischen Wert«.

    Er hob das Poster auf, das er abgenommen hatte, um das Loch zuzumachen, und legte es behutsam aufs Bett. Dann nahm er das abgetretene alte Abdeckvlies, das vor dem nun zugegipsten Loch lag, und ging damit hinaus ins Treppenhaus, um das schwere Material auszuschütteln und zusammenzulegen. Dabei fiel sein Blick zufällig ins große Schlafzimmer. Das Bett war bezogen.
    Matts Blick glitt über die weiße Bettwäsche. Sie war also endlich in das Zimmer eingezogen, das er für sie hergerichtet hatte – für sie beide. Warum hatte sie nichts zu ihm gesagt? Es war wichtig, ja, unglaublich. Sie war hier, in seinem Zimmer.
    Ihre Musik kam jetzt flüssiger, mit weniger Unterbrechungen, eine lange, verträumte Passage. Er fragte sich, ob sie ihm damit eine Botschaft senden wollte. Schließlich drückte sie sich ja über ihre Musik aus. Matt ließ das Abdeckvlies fallen und betrat mit behutsamen, dem Tempo der Musik folgenden Bewegungen das Schlafzimmer. Durch die herrlichen Erkerfenster schien die Sonne herein und spiegelte sich im makellos polierten, neuen Holzboden. Es war alles genauso schön, wie er es sich vorgestellt hatte.
    Doch dann blieb sein Blick an den Schuhen hängen, die am Fuß des Betts standen. Zwei große, schmutzige, erdverkrustete Schuhe.
    Männerschuhe.
    Byrons Schuhe.
    Matt starrte sie an, hob den Kopf und entdeckte nun auch die zwei großen Taschen in der Ecke. Das Handtuch über dem Heizkörper, den er installiert hatte. Die Zahnbürste auf dem Fensterbrett.
    Und etwas in ihm schaltete sich ab, schrumpfte in sich

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