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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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weder mit dem Herzen noch mit dem Kopf bei der Sache. Kitty hatte irgendeine dringende Nachricht von Anthony erhalten und war
ins Dorf gegangen, um sich mit ihm zu treffen. Und Thierry lief mit seinem Hund im Wald herum. Sie konnte gelegentlich hören, wie er laut nach ihm rief. Byron war schon seit über einer Stunde weg.
    Er hatte nur die eine Nacht im Haus verbracht. Sie wusste selbst nicht, warum sie sich so elend fühlte.
    Entschlossen klemmte sie sich die Geige wieder unters Kinn, zog den Luftbefeuchter zurecht, der verhinderte, dass sich bei zu trockener Luft Risse im Holz bildeten, und setzte den Bogen an. Die Romantische , so hieß diese vierte Sinfonie von Anton Bruckner. Den zweiten Satz bezeichnete der Komponist als »ländliche Liebesszene«. Sie hätte fast gelacht über diese Ironie. »Komm«, schalt sie sich, »konzentrier dich.«
    Aber es hatte keinen Zweck. Die Romantik des Stücks wollte sich nicht auf sie übertragen. Daran war die neue Geige schuld, an die sie sich einfach nicht gewöhnen konnte. Aber vielleicht war sie auch nur aus der Übung. Isabel saß am leeren Küchentisch und starrte in den Garten hinaus.
    Sie war nicht sicher, wie lange sie so dagesessen hatte, als es plötzlich an der Hintertür klopfte. Er hat es sich anders überlegt, dachte sie sofort und sprang auf.
    Aber als sie die Tür aufriss, stand Matt vor ihr, seine Werkzeugtasche in der Hand.
    »Ach, Sie sind’s.« Sie konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen.
    Sein Haar stand an einer Seite hoch, als hätte er drauf geschlafen, aber er sah besser aus als vorher, ausgeschlafener, mehr wie der alte Matt.
    Verlegen versuchte sie, ihre erste Reaktion wegzuerklären. »Ich hatte Sie gar nicht erwartet.«
    »Also, soll ich dann mal? Wände verputzen, Esszimmerleisten und das Bad, richtig?« Er hatte einen schmutzigen Zettel in der Hand, auf den er einen Blick warf.
    Isabel wollte ihn nicht hierhaben. Sie wollte sich nicht von
ihm und seinen mehr oder weniger verstecken Hinweisen auf diesen unseligen Vorfall zwischen ihnen stören lassen. Sie wollte ihn los sein, ihn sofort auszahlen, wenn es sein musste. Sie hatte genug.
    Er schien ihren Widerstand zu spüren. »Du willst immer noch dieses Bad, oder? Für Kitty?«
    Kitty, dachte sie. Kitty würde sich riesig freuen; es wäre das beste Geburtstagsgeschenk gewesen, das sie ihr machen konnte. Ein langes, luxuriöses, heißes Vollbad. Sie könnte ihr ein Schaumbad kaufen, irgendein gutes Badeöl.
    »Sie werden auch wirklich das Bad machen? Gleich? Heute?«
    »Bis zum Nachmittag dürfte es fast fertig sein. Kitty würde sich freuen, oder?«
    »Also gut«, sagte sie zögernd, »aber nur diese drei Sachen. Und dann rechnen wir ab. Ich hab das Geld für Sie da.«
    »Ach, darüber können wir später reden«, sagte er und drängte sich pfeifend an ihr vorbei. »Meiner mit zwei Stück Zucker, okay?«
     
    Es ging ihm besser, jetzt, da er wieder hier war. Die letzten Tage waren irgendwie komisch gewesen; er hatte sich schlecht gefühlt, fast als ob er Heimweh gehabt hätte. Aber jetzt, wieder im Spanischen Haus, wo Isabel ihm seinen Tee machte, ging’s ihm wieder gut. Seine innere Unruhe, das unbehagliche Gefühl war weg. Er hatte geschlafen, etwas zu essen im Bauch und war jetzt wieder da, wo er hingehörte.
    Methodisch arbeitete er sich voran, verlegte die Leisten, steckte die einzelnen Stücke sorgfältig zusammen. In Hellgrau würden sie gut aussehen, überlegte er. Und die Wände vielleicht rauchblau. Es war ein Südzimmer, das konnte eine so kühle Farbe ganz gut vertragen.
    Isabel spielte unten in der Küche Geige. Er hielt inne und hörte ihr einen Moment lang zu. Dabei musste er an ihre gemeinsame
Nacht denken, wie sie im Gang vor der Küche gestanden hatte, die Geige unterm Kinn, vollkommen vertieft in ihre Musik. Wie er auf sie zuging, wie sie ihn ansah, als hätte sie ihn erwartet. Worte waren nicht nötig gewesen, ihre Gedanken waren eins. Und dann auch ihre Körper. Ihr wildes langes Haar in seiner Faust. Diese langen, eleganten Finger, die sich an ihm festkrallten.
    Der Wasserkessel pfiff, und die Musik brach ab. Er drückte die letzte Leiste an, setzte sich auf, warf einen prüfenden Blick auf seine Arbeit. Ohne ordentliche Leisten wirkte ein Raum einfach unfertig. Im großen Schlafzimmer hatte er die teuersten und höchsten Leisten verwendet, die es für Geld zu haben gab. Leisten, die zu diesem großen, hohen Raum passten, dem eleganten Schwung des Erkers, der hohen

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