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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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überlegte sie, was wohl länger dauern würde: zurück zum Einkaufsladen gehen und dort einen Abschleppwagen rufen oder zum Haus gehen. Um die seit Tagen übellaunige Kitty ein wenig aufzuheitern, hatte sie ihr heute früh ihr eigenes Handy zugesteckt. Sie kam zu dem Schluss, dass es im Grunde egal war, in welche Richtung sie sich wandte, es war in jedem Fall ein fünfzehnminütiger
Fußmarsch durch den strömenden Regen. Isabel schloss die Augen und ließ sich von der Musik durchdringen, eine kleine Erinnerung daran, dass das Leben auch anderes bereithielt, dass es nicht immer so sein musste wie jetzt.
    Als sie sie wieder aufschlug, sah sie, verschwommen durch den Regen, der über die Windschutzscheibe strömte, ein rotes Fahrzeug auf sich zuholpern. Matts Lieferwagen.
    »Panne?« Er hatte wenige Meter von ihr entfernt angehalten und stieg nun aus.
    »Der Motor ist abgestorben«, sagte sie, sichtlich erleichtert über sein Auftauchen. »Keine Ahnung, woran es liegt.«
    Er trat näher, machte die Motorhaube auf und schaute darunter. Isabel hatte ihre Tür aufgemacht, und die Musik schallte laut heraus.
    »Sie machen wohl nie Pause, was?«, bemerkte er. Er streckte den Arm hinein und fummelte kräftig am Motor herum; dann zog er die Hand wieder zurück. »Lassen Sie ihn mal an.«
    Sie saß im Auto und versuchte, den Motor anzulassen.
    Er lauschte, bedeutete ihr mit einem Zeichen, die Musik leiser zu drehen, und befahl: »Noch mal.« Und dann: »Einen Moment.«
    »Was können Sie hören?«, fragte sie fasziniert. »Was können Sie hören, das ich nicht höre?«
    Sie stieg aus. Es erschien ihr nicht richtig, im Trockenen zu sitzen, wenn er draußen im Regen stand und die Arbeit für sie erledigte. Als er sie bemerkte, zog er seine Jacke aus und bedeutete ihr, sie sich über Kopf und Schultern zu halten. Er ging zurück zum Lieferwagen, beugte sich hinein und tauchte mit einem Lappen wieder auf. Er kam zurück, zog einen Schlauch aus dem Motor und wischte ihn gründlich ab. Dann säuberte er mehrere kleine Stecker. Als er fertig war, war sein graues T-Shirt vollkommen durchnässt, und seine Haare klebten ihm nass am Kopf.

    »Versuchen Sie’s«, befahl er.
    Isabel setzte sich ans Steuer und drehte zittrig am Zündschlüssel. Ihre nassen Finger rutschten dabei ab. Der Motor sprang widerspruchslos an.
    »Wahnsinn!«, rief sie entzückt und fuhr erschreckt zusammen, als plötzlich Matts Gesicht am Seitenfenster erschien. Seine Haut glänzte nass.
    »Verteilerkappe«, erklärte er mit verengten Augen, weil ihm das Wasser übers Gesicht rann. »Die säuft bei einem so tief liegenden Wagen wie Ihrem schnell mal ab, vor allem auf diesem Weg hier, mit all den Pfützen. Sie sollten den Unterbau mit WD-40 behandeln lassen. Ich sag Ihnen was: Ich werde bei Ihnen einsteigen und den Jungs sagen, sie sollen vorne umdrehen und uns zum Haus zurück folgen. Damit Sie sicher heimkommen.«
    Bevor sie protestieren konnte, saß er schon auf dem Beifahrersitz und bedeutete ihr, den Lieferwagen zu umfahren. Beim Vorbeifahren spürte sie die Blicke der Männer auf ihrem Gesicht, ihrer nassen Bluse, und auch Matts Anwesenheit war ihr überdeutlich bewusst.
    »Jetzt können Sie Ihre Musik wieder lauter machen«, sagte er.
    Sie drehte sie ein wenig lauter und ließ sich von den triumphierenden Tönen des Cembalos durchdringen. »Händel«, sagte sie, als sie den Blick bemerkte, den er auf die CD-Hülle warf.
    »Sagen Sie bloß nicht …«
    Sie kicherte. »Doch. Doch, es ist Händels Wassermusik .«
    Er lachte schallend.
    Hinterher war sie nicht sicher, ob es an ihrer Erleichterung wegen des Autos lag, an ihrer Verzweiflung über ihre finanzielle Lage, oder ob es einfach nur ein Hervorbrechen lange unterdrückter Gefühle war, aber während sie den schrecklichen Waldweg zu ihrem schrecklichen, kostspieligen, undichten
alten Haus zurückholperten, wurde aus Isabels Kichern ein Lachen und dann ein hemmungsloses Gelächter. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen; ihr kamen die Tränen, und sie fürchtete schon, es könnte in etwas anderes umschlagen.
    Als sie das Haus erreicht hatte, hielt sie an, schaltete den Motor ab und hörte auf zu lachen. Die plötzliche Stille war drückend.
    Sie starrte auf ihre Hände hinab, auf ihren feuchten Rock, ihre Brüste, die sich deutlich unter ihrer nassen Bluse abzeichneten. Sie fühlte seine Blicke und versuchte, sich zusammenzureißen.
    »Schön, Sie mal wieder lachen zu sehen«, bemerkte er leise.
    Sie

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